Polizei stürmt Wohnung und beschlagnahmt Computer. Heftige Debatte auf der Internetseite der “Bürgernahen“.

Pinneberg. Die perfekte Idylle: Über die Jahre haben die Sternsinger ihre Schutzbotschaften mit Kreide auf den Klinker geschrieben. In dem schmucken Reihenhaus am grünen Stadtrand Pinnebergs lebt eine Bilderbuchfamilie mit drei Kindern und engagierten Eltern. Seit knapp einer Woche ist die heile Welt so kaputt wie die Haustür des Eigenheims: Die haben Beamte des Landeskriminalamtes und der örtlichen Polizei eingeschlagen, als sie in der vergangenen Woche im Rahmen einer bundesweiten Razzia gegen einen internationalen Kinderporno-Ring das Haus des Familienvaters Jan S. (42) stürmten und Rechner, etwa 20 Festplatten und weitere Datenspeicher beschlagnahmten. Zwei Tage später wandte sich der Kommunalpolitiker, Gründungsmitglied der Wählergemeinschaft "Die Bürgernahen", an die Medien und gab zu, Internetseiten mit kinderpornografischen Inhalten genutzt und heruntergeladen zu haben.

Auf mindestens einem Computer werden die Ermittler laut Jan S. "belastendes Material" finden. So räumte er im Gespräch mit der Pinneberger Zeitung den Besitz kinderpornografischer Darstellungen ein. Den Vorwurf der Herstellung und Verbreitung von kinderpornografischem Material weist er von sich. Er habe den Ermittlern alle Datenträger freiwillig ausgehändigt und sofort einem DNA-Test zugestimmt. Jan S. will sich auf jeden Fall in psychologische Beratung begeben.

"Ich stehe zu dem, was ich getan habe", sagte der Kommunalpolitiker, der inzwischen alle Ämter niedergelegt hat. "Ich hoffe nur, dass meine Kinder nicht unter der Tat leiden müssen." Ehefrau Gesine S., die sich ebenfalls für die "Bürgernahen" in der Pinneberger Kommunalpolitik engagiert, hält zu ihrem Mann. "Ich finde es sehr mutig, dass er seine Taten zugibt. Wir werden das schaffen". Der größte Horror der dreifachen Mutter: "Dass unsere Kinder damit belästigt werden. Sie wissen noch nichts. Die Mitarbeiter des psychologischen Dienstes haben uns abgeraten, jetzt mit ihnen darüber zu sprechen."

In Pinneberg gab es am Wochenende kaum ein anderes Gesprächsthema. Viele Pinneberger Politiker, die seit Jahren Seite an Seite mit Jan S. die Geschicke der Stadt lenken, waren sprachlos, nachdem sie von den Taten ihres Weggefährten erfahren hatten. Nur wenige fanden Worte: "So eine Tat ist furchtbar", sagt Doris Ochterbeck (CDU). "Wichtig ist zunächst, dass der Mann von allen Ämtern zurückgetreten ist", so die Vorsitzende des Schulausschusses. "Ich hoffe, dass die Familie in Ruhe gelassen wird." Birgit Klampe von der Pinneberger FDP: "Es ist schockierend und schlimm, dass es Menschen gibt, die so etwas tun, gleichgültig ob sie Politiker sind oder nicht. So etwas ist nicht zu entschuldigen. Ich hoffe für die Familie, dass jetzt kein Spießrutenlauf beginnt." Uwe Lange, Fraktionschef der "Bürgernahen": "Ich distanziere mich von dem, was Jan S. getan hat. Dafür gibt es keine Entschuldigung. Wenn ich an die Kinder denke, treibt es mir die Tränen in die Augen." Gleichzeitig ist Uwe Lange entsetzt über die "Hexenjagd", mit der kurz nach Bekanntwerden der Taten seines Fraktionsmitgliedes in Pinneberg begonnen wurde. Auf der Internetseite der "Bürgernahen" hatte schon am Freitag ein virtuelles Richten über den Mann begonnen, der seine Schuld eingestanden hat. Inzwischen melden sich zunehmend User, die zur Vernunft aufrufen: "Die Familie soll wissen, dass das, was der Ehemann und Vater gemacht hat, nichts mit ihnen zu tun hat. Wir empfinden sie auch als Opfer und drücken ihnen hiermit unser Solidarität aus. Man möge darauf achten, dass insbesondere Mitschüler der Kinder sich korrekt verhalten", schreibt ein "Robert" ins Gästebuch.

Uwe Lange hatte am Wochenende seine Fraktion zu einer Krisensitzung zusammengerufen. "Wir lösen uns nur langsam aus der Schockstarre. Politisch hat Jan reagiert und ist von allen Ämtern zurückgetreten."