Die finanzkräftige Stadt wird jetzt für ihre erfolgreichen Bemühungen bei der Gewerbeansiedlung bestraft.

Wedel/Pinneberg. Von einer der finanzkräftigsten Städte Schleswig-Holsteins zur "Not leidenden Kommune" - diese Katastrophe droht Wedel, wenn die Kreistags-Politiker ihre jetzige Linie weiterverfolgen.

Wedels Bürgermeister Niels Schmidt redet Tacheles. "Das bedeutet: Es wird zu heftigen Einschnitten kommen. Die Zuschüsse für Sportler, die Kindergarten-Sozialstaffel für bedürftige Eltern und Alleinerziehende, die Förderung der Seniorentagesstätten, der Beratungsstellen für Menschen mit Wohnungsproblemen oder Schulsozialarbeit - all das und noch viel mehr ist in Gefahr."

Wedel wäre das größte Opfer der Kreistagsabgeordneten bei deren Plänen, die einzelnen Städte und Gemeinden durch die Anhebung der zusätzlichen Kreisumlage von 20 auf 35 Prozent weiter zu belasten, um den maroden Kreishaushalt zu retten. Für die Stadt an der Elbe zeichne sich nach ersten Vorausberechnungen ein fast zwölffacher Anstieg auf 6,26 Millionen Euro ab. Grund dafür sind einmalige "Sondereffekte" durch zwei Unternehmen, die zwar als Berechnungsgrundlage dienen, aber die tatsächliche, dauerhafte Leistungskraft der Stadt nicht abbilden. Im Vorfeld einer Anhörung der Bürgermeister bei Landrat Wolfgang Grimme (CDU) und den Spitzen der Kreistagsfraktionen schrieb Schmidt deshalb eine Stellungnahme, die den Charakter eines Brandbriefes besitzt. Es sei "das Gebot der Stunde, dass sich der Kreis auf seine Kernaufgaben konzentriert", heißt es in dem Brief. Schmidt legt den Finger in die Wunde und gibt Belege für den freigebigen Umgang der Kreispolitiker mit den von den Kommunen erwirtschafteten Steuergeldern: "Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Kreis Pinneberg bei seiner derart defizitären Haushaltssituation nicht unerhebliche Mittel für Aufgaben ausgibt, die sinnvoller Weise besser im kreisangehörigen Bereich angesiedelt sind, zum Beispiel Kulturpolitik, oder die der kreisangehörige Bereich weder nachfragt noch benötigt, wie Europa- und Regionalmanagement. Auch sind "freiwillige Leistungen ohne jegliche Bindung" in Höhe von rund 2,3 Millionen Euro nicht nachvollziehbar. Diese Aufwendungen sollten, wenn nicht gestrichen, dann deutlich zurückgeführt werden." Schmidt hat einen weiteren Bereich ausgemacht, wo der Kreis ansetzen könnte: "Die Aufstockung des Kreis-Personals ist in dieser Situation nicht verständlich. Der Personal-Bestand der Verwaltung sollte ausreichend sein, um zeitlich begrenzte Mehrbedarfe, wie für die Umsetzung des Konjunkturpaketes II, aufzufangen."

Der Kreis weist darauf hin, dass Personalbestand trotz gestiegener Aufgaben seit Jahren bei rund 600 Planstellen konstant liege und es sich bei den "1,5 Hochbauingenieuren" um befristete Stellen handele.

Schmidt schrieb den Kreispolitikern und dem Landrat ins Stammbuch: "Als eine der finanzstarken Städte kommen wir unserer Zahlungsverpflichtung schon seit Jahren nach. Jedoch kann es nicht sein, dass durch eine so massive Anhebung der zusätzlichen Kreisumlage eine Stadt für ihre Gewerbeansiedlungen und gutes Wirtschaften bestraft und in die Haushaltsnotlage getrieben wird."