400 Gäste feiern auf der Baustelle am XFEL-Forschungsgelände. Wissenschaftler bereiten sich nun auf Umzug an die Holzkoppel vor.

Schenefeld. Das war der letzte Durchbruch: Tunnelbohrer Ameli hat sich planmäßig durchs Schenefelder Erdreich gegraben und damit die Grundlage für eines der größten wissenschaftlichen Vorhaben auf deutschem Boden geschaffen: den XFEL-Röntgenlaser. XFEL, das steht für X-Ray Free-Electron Laser. 400 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Forschung feierten gestern auf dem riesigen Baustellenareal an der Schenefelder Holzkoppel die Fertigstellung des 5,8 Kilometer langen Tunnelnetzes, das sich von Bahrenfeld nach Schenefeld erstreckt. 2015 sollen die ersten Laserstrahlen hier durch schießen. Mit den einzigartigen Röntgenblitzen lassen sich zum Beispiel atomare Details von Viren erkennen, die molekulare Zusammensetzung von Zellen entschlüsseln, dreidimensionale Aufnahmen aus dem Nanokosmos machen, chemische Reaktionen filmen und die Vorgänge im Inneren von Planeten untersuchen.

In Schenefeld entsteht das Herzstück des internationalen Projekts, der spätere Forschungscampus. Hier werden Wissenschaftler aus aller Welt die Röntgenstrahlen untersuchen. Zwei, die später in der im Bau befindlichen Experimentierhalle forschen werden, sind die Physiker Christian Bressler und Andreas Galler. Sie arbeiten bereits mit Hochdruck an dem Projekt. Denn das ist die Aufgabe der 141 Mitarbeiter, die die eigens gegründete European XFEL GmbH bereits beschäftigt. Noch arbeiten sie in Bahrenfeld. In einem Bürokomplex am Albert-Einstein-Ring sind die Wissenschaftler untergebracht, solange bis sie in die Gebäude auf dem Schenefelder Areal ziehen können. Zudem haben sie in den Forschungseinrichtungen auf dem Desy-Gelände Unterschlupf gefunden. Dort versuchen sie, in Gruppen die Probleme zu lösen, vor die sie ein Super-Laser der zukünftigen Generation stellt.

Ein Beispiel: Das XFEL-Licht wird intensiver sein, als alle Maschinen der Welt zusammengenommen - doch genau der Vorteil, der die Wissenschaftswelt weit noch vorne katapultieren soll, birgt auch Schwierigkeiten. Die Röntgenblitze schlagen in einer so schnellen Abfolge auf die Reflektoren, dass sie sich dabei erwärmen. "Wie kratzen am technisch machbaren", erklärt Bressler.

Während die Wissenschaftler den Forschungsstart 2015 machbar machen, bereitet sich auch die Stadt Schenefeld auf die Wissenschaftlerflut vor. Bürgermeisterin Christiane Küchehof, die auch Taufpatin für das Bauprojekt ist, hat eine XFEL-Lotsengruppe initiiert. Politiker, Verwaltungsmitarbeiter, Wissenschaftler und Unternehmer treffen sich in wechselnder Besetzung auf Einladung der Rathauschefin. Thema: Wie macht sich die Stadt fit für die Rolle als Forschungsstandort? Gebraucht wird zum Beispiel ein Hotel oder Gästehaus, in dem die internationalen Wissenschaftler unterkommen können, während sie tage- oder wochenweise am XFEL arbeiten.

In Sachen Hotel und einer Kantine für die 250 fest angestellten Mitarbeiter befinde man sich laut XFEL-Pressesprecher Bernd Ebeling in Verhandlungen. Die Idee: Öffentlich-Private Partnerschaft. Außerdem soll auf dem Forschungsareal in Schenefeld ein Infozentrum für die Öffentlichkeit und ein Hörsaal gebaut werden. Dafür sollen jetzt andere Fördermittel angezapft werden. Denn die eine Milliarde Euro, die von den 12 Partnerländern wie Russland und Frankreich zur Verfügung gestellt wurden, verschlingt allein der Bau.

Dafür entsteht ein Laser, der den Wissenschaftlern Einblicke in eine bislang unsichtbare Welt eröffnen soll. "Wir wollen sehen, wie Moleküle tanzen. Wir wollen wissen, wieso die Dinge reagieren, wie sie reagieren", erklärt Bressler. Der 47-Jährige ist leitender Wissenschaftler bei XFEL. Seit 2009 arbeitet der gebürtige US-Amerikaner für das Projekt. Mit Leidenschaft. Er schwärmt von den zukünftigen Möglichkeiten, die XFEL bietet.

Eine weitere Besonderheit: Im Gegensatz zu ähnlichen Anlagen in Amerika und Japan, können auf dem Schenefelder XFEL-Campus allerdings gleich mehrere Gruppen gleichzeitig forschen.

Möglich macht das der Tunnelfächer. Kurz hinter der Landesgrenze zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein teilt sich der gerade unterirdische Weg in fünf Abzweigungen. Sie enden in der Schenefelder Experimentierhalle an der Holzkoppel. Dort werden in zwei Jahren erst einmal sechs Forschungsstationen eingerichtet.