Henstedt-Ulzburg. Sparkurs: Politik streicht Geld für Veranstaltung im Bürgerpark. Teure Hygienevorgaben und Konzept in Kritik. Vereine kalt erwischt.

  • 30.000 Euro für vier Stunden Fest waren der politischen Mehrheit zu teuer
  • Verein der Städtepartnerschaften übt deutliche Kritik
  • Nun soll ein neues Konzept für 2025 erarbeitet werden

Entspannt und besinnlich waren die Ostertage nicht für die Politik in Henstedt-Ulzburg. Denn mit etwas Verzögerung hat der Mehrheitsbeschluss, die Finanzierung für das Gemeindefest zu streichen, teils erhebliche Empörung hervorgerufen. Unter Berufung auf die schlechte Haushaltslage hatten SPD, Grüne und BfB das hierfür vorgesehene Geld (29.471,02 Euro) aus dem Etat-Entwurf genommen, nur CDU und WHU wollten die ursprünglich für den 8. Juni vorgesehene Veranstaltung bewahren, die FDP enthielt sich. Seitdem die Entscheidung die Runde gemacht hat im Ort, wird intensiv diskutiert. Über die Gründe, teure Hygieneregeln – und wie es in Zukunft besser laufen könnte.

Kai Schmidt ist Vorsitzender des Vereins für die Städtepartnerschaften, die Henstedt-Ulzburg mit Maurepas, Waterlooville und Usedom pflegt. Das Gemeindefest wäre ein Fixpunkt im Jahreskalender gewesen. „Was hier gerade passiert, ist aus meiner Sicht etwas absolut Unverantwortliches. Unser Gemeindefest ist fester Bestandteil des Gemeindelebens, das gelebte Ehrenamt, auch das politische Ehrenamt als Finanzausschussmitglied und als Gemeindevertreter, ein Grundpfeiler einer gelebten Demokratie“, sagt er.

Absage des Gemeindefestes in Henstedt-Ulzburg: Vereinsvorsitzender sieht „wenig Wertschätzung“

Und das Fest sei eben die beste Plattform für Vereine und Verbände, sich der Bevölkerung zu präsentieren und neue Mitstreiter zu gewinnen. Laut Gemeinde habe es bereits mehr als 30 Anmeldungen gegeben. Schmidt: „Ich hätte mir gewünscht, dass man mit uns Vereinen deutlich früher über alternative Varianten des Gemeindefestes gemeinsam nachgedacht hätte.“ So etwas wurde angedacht, etwa in Kooperation mit einem externen Veranstalter. Doch letztlich kam das zu spät.

„Die jetzige Entscheidung zeugt leider von wenig Wertschätzung für die Arbeit der ehrenamtlich tätigen Menschen in unserer Gemeinde“, so Kai Schmidt. Er spricht von einem „falschen Signal“ und warnt: „Schlimmer allerdings noch, diese Entscheidung hat gegebenenfalls Auswirkungen auf die weitere Motivation und Bereitschaft, sich für unsere Gemeinde zu engagieren.“

„Überbordende Bürokratie“: Hygienevorgaben hätten mehr als 11.000 Euro Kosten verursacht

Bürgermeisterin Ulrike Schmidt hatte die Absage bedauert und darauf verwiesen, dass die Politik diese aus „Kostengründen“ getroffen habe. Und tatsächlich: Insbesondere ein Faktor wird nun wiederholt genannt, nämlich die strengen Hygienevorgaben des Kreises. Über 11.000 Euro wären hierfür ausgegeben worden, für Spuckschutze, Handwaschbecken und Kühlmöglichkeiten, die jeder Stand hätte haben müssen.

„Das ist überbordende Bürokratie“, sagt Jens Iversen, Fraktionschef der BfB. „Es geht ein bisschen um ein Signal, das wir setzen wollen“, auch wenn er einräumt, dass „30.000 Euro den Haushalt nicht retten“. Aber hätte man hier zugestimmt, wäre das aus seiner Sicht ein Präzedenzfall für alle weiteren Veranstaltungen gewesen. „Wir haben hier eine Verantwortung.“

Henstedt-Ulzburg: In Haushaltsberatungen wird um jeden vierstelligen Betrag gestritten

Auch andere Politiker sehen eine Grundsatzfrage. Denn um das Defizit von zwei bis drei Millionen Euro maßgeblich zu reduzieren, wird derzeit in allen Bereichen der Rotstift angesetzt, da gehe es manchmal um „wenige Tausend Euro“, so Anja Hampel (Bündnis 90/Die Grünen). „Wir haben alle freiwilligen Leistungen von unten nach oben drehen müssen. Und wir haben im Finanzausschuss sehr hart über Personalkosten debattiert.“ Sie sieht einen Widerspruch darin, einerseits Stellen einzusparen, andererseits 3000 Euro freizugeben, die für Tätigkeiten des Betriebsamts in Zusammenhang mit dem Gemeindefest anfallen würden.

„Wir hätten es wohl durchgewunken, wenn wir mit zwei, drei Millionen im Plus wären“, so Stephan Holowaty (FDP). Aber 30.000 Euro für vier Stunden Gemeindefest, das wollten die Liberalen nicht. Allerdings betont er: Ohne die kostspieligen Hygieneauflagen wäre es etwas anderes, denn das sei „der alleinige Grund“. Holowaty weiter: „Es wäre am Ende Sache des Landkreises, existierende bundes- und europarechtliche Vorschriften so umzusetzen und zu interpretieren, dass gangbare Lösungen für ehrenamtliche, nicht kommerzielle Veranstaltungen gefunden werden.“ Für die Enthaltung entschied sich die FDP, da sie gerne noch eine Gesprächsrunde mit einem kommerziellen Veranstalter abgewartet hätte, der ein Abendprogramm plante und an den Kosten hätte beteiligt werden können.

CDU kritisiert: Ehrenamtliches Engagement „vor den Kopf“ gestoßen

CDU und SPD sind unterschiedlicher Meinung. Dietmar Kahle, Fraktionsvorsitzender der Union, und seine Partei nennen die Entscheidung „falsch“, denn: „Die Streichung des Gemeindefests wird den Haushalt 2024 nicht wesentlich entlasten, auch weil einige Ausgaben bereits getätigt wurden. Strukturell bringt uns die Streichung dieser Kosten auch nicht weiter, weil sie nicht nachhaltig die Ausgaben verringert – außer, wir verzichten auch zukünftig auf ein Gemeindefest.“

Wesentlich wichtiger sei: „Diese kurzfristige und vorher nicht kommunizierte Entscheidung stößt das ehrenamtliche Engagement in der Gemeinde vor den Kopf. Viele Vereine, Verbände, Kinder und Eltern, aber auch die Organisatoren haben sich mit viel Herzblut in die Vorbereitung gestürzt.“

SPD: Absage „Symptom der aktuellen Haushaltslage“

Für die Sozialdemokraten erklärt deren Fraktionsvorsitzende Patrizia Giuffrida, dass die Absage „ein Symptom der aktuellen Haushaltslage“ sei. Man habe diese „nach gründlicher Abwägung und im Wissen der zu erwartenden negativen Resonanz“ getroffen. Sie verweist auf Bund und Land, die Unterfinanzierung der Kommunen, auf Pflichtaufgaben wie dem Rechtsanspruch auf Nachmittagsbetreuung in Grundschulen, eine steigende Ausgabenlast.

„In Zeiten jedoch, in denen wir nicht genug Einnahmen generieren können, um alle Ausgaben tätigen und alle Aufgaben erfüllen zu können, musste man auch darüber diskutieren, ob wir – zumindest in diesem Jahr – mit erheblichen Mehrkosten und hohen Auflagen des Kreises ein Gemeindefest stattfinden lassen.“ Allein dieser Tatsache sei die Veranstaltung zum Opfer gefallen.

Henstedt-Ulzburg: Klassische Stadtfeste als Vorbild?

Für die Zukunft soll nun nach einem anderen Konzept gesucht werden. Als Vorbilder nennt die Politik funktionierende Stadtfeste in Kaltenkirchen oder Quickborn, Kooperationen mit der Wirtschaft, um die Finanzierung zu stemmen, eine noch stärkere Rolle des von der Gemeinde und über Landesfördermittel getragenen Vereins „Henstedt-Ulzburg Marketing“, der schon jetzt zusammen mit Ramona Bücker mit der Organisation betraut war. Dessen Geschäftsführer Oliver Dannenberg hat sich nun ebenso zu Wort gemeldet: „Die Mittelstreichung ist mit Blick auf den Haushalt der Gemeinde zwar nachvollziehbar, führt jedoch vor allem bei den vielen ehrenamtlich engagierten Menschen zu Frustration. Genau aus diesem Grund wollen wir in einem neuen Konzept für 2025 und die Folgejahre das Gemeindefest noch stärker zu einer Leistungsschau des Ehrenamts machen“, sagt er.

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Dazu gehöre neben „möglichen Überlegungen zu Inhalten und Veranstaltungsort auch die Idee, neben der Gemeinde weitere Partner [...] zu gewinnen“. Es ist ein ähnlicher Ansatz, wie es auch einige Fraktionen fordern, nämlich Unternehmen mit ins Boot zu holen. Dass es im Ort Firmen gibt, die dazu bereit sind, ist von anderen Veranstaltungen bekannt. „Dadurch sichern wir nicht nur die Durchführung des Gemeindefestes, wir machen es unter Einbindung aller Akteure vor Ort langfristig zu einem wichtigen Teil im Gemeindeleben“, so Dannenberg.

Gemeindefest: Ortsmitte rund um CCU statt Bürgerpark?

Unter anderem steht der Bürgerpark als Standort zur Debatte, möglicherweise hätte der Bereich rund ums Rathaus und das CCU eine bessere Strahlkraft, um auswärtige Besucher anzulocken. Denn auch das klingt hier und da durch: Die Resonanz hätte durchaus besser sein können, vielleicht wünschen viele Menschen doch klassischere Konzepte mit Fokus auf Bierständen und Gastromeilen.

Im kommenden Jahr soll es also einen Neustart geben – in welcher Form auch immer. „Wir wollen die Gelegenheit gemeinsam mit der Politik nutzen, einen neuen konzeptionellen Ansatz für das Gemeindefest zu erarbeiten, damit dieses hoffentlich ab 2025 wieder stattfinden kann“, hat Bürgermeisterin Schmidt bereits versprochen.