1200 Metallpfähle werden auf der Baustelle von Tesa noch bis Mitte März geräuschvoll in den Boden gerammt. Anwohner sind genervt.

Norderstedt. Jack, der sechsjährige Labrador, läuft in den Garten des Reihenhauses am Brahmsweg in Garstedt und jagt einem zerknautschten Ball hinterher. Plötzlich lässt er ab von dem Ball, geht in Hab-Acht-Stellung, spitzt die Ohren und beginnt zu bellen. "Pang, Pang, Pang, Pang." Ein metallisches, rhythmisches Schlagen ist zu hören, unablässig, monoton, sogar leichte Vibrationen unter den Fußsohlen sind zu spüren. Klar, dass Jack mit seinen guten Ohren und seinen empfindlichen Pfoten das noch viel stärker mitbekommt.

"Ich kann ihn gar nicht mehr in den Garten lassen", sagt Sabine Haase, 54, Frauchen von Jack. "Der hört nicht auf zu bellen." Seit einer Woche werden auf der Baustelle für die neue Tesa-Zentrale an der Niendorfer Straße zwölf bis 18 Meter lange Metallpfähle in den Boden gerammt. Insgesamt 1200 Stück davon müssen in den Boden getrieben werden, damit der Bau des Verwaltungsgebäudes und des Forschungszentrums möglich werden. In ihrem Haus am Brahmsweg zählen die Haases zu den Anwohnern, die am nächsten dran sind. "Das Schlagen verfolgt mich bis ins Haus, auch die Vibrationen sind zu spüren." Sie versuche, das nervige Getöse mit der Spülmaschine oder dem Radio zu übertönen. Aber wenn man das metallische Scheppern einmal im Ohr hat, bekommt man es so schnell nicht wieder heraus.

Das Tesa-Gelände an der Niendorfer Straße war früher einmal ein Moor

Sabine Haase sagt, sie sei keine Bürgerin, die auf Krawall gebürstet sei. Dass Tesa mit einem so großen Projekt viele Arbeitsplätze nach Norderstedt bringe, finde sie gut. "Der Nordport und der ganze Ausbau dort ist eine gute Sache für Norderstedt", sagt die Angestellte der Hamburger Stadtverwaltung. Doch dass es bei Tesa bisher noch niemand für nötig befunden hat, die breite Öffentlichkeit über die lärmintensiven Ramm-Arbeiten zu informieren, das verärgert sie nun.

Sie nahm selbst das Telefon in die Hand und versuchte es bei der Stadt Norderstedt. Zunächst fand sie dort nicht den richtigen Ansprechpartner. Schließlich konnte ihr das Landesamt für Umwelt Auskunft geben. "Die sagten mir, die Arbeiten würden sich im rechtlichen Rahmen bewegen. Die Lärmbelastung sei hinzunehmen. Und falls ich ein Glas Wasser auf den Tisch stellen könne, ohne dass die Vibrationen dafür sorgen, dass es Ringe wirft, solange würde das Landesamt auch keine Lärmmessungen veranlassen", sagt Haase. Außerdem, so offenbarte man ihr: In einem Monat sei die Sache doch erledigt. "Einen ganzen Monat müssen wir dieses Schlagen noch ertragen?" Sabine Haase wirkt leicht geschockt.

"Uns ist völlig bewusst, wie unangenehm die Arbeiten für die Anwohner sind", sagt Reinhart Martin. Leiter Unternehmenskommunikation von Tesa SE. "Aber es geht leider nicht anders." Bis Mitte März, also sogar noch fast zwei Monate, müssten die Pfähle mit den Rammen in den Boden getrieben werden. "Wir haben es hier mit einem Gelände zu tun, das vor der Eiszeit mal ein Moor war", sagt Martin. Das Moor, mittlerweile von Unmengen Geröll bedeckt, schlummert in der Tiefe. Der Boden sei dort so weich, dass man ohne die Verbesserung der Standfestigkeit durch die Pfähle keine Tesa-Zentrale an der Stelle bauen könnte. "Wir haben die direkten Nachbarn, hauptsächlich in den angrenzenden Firmengebäuden, über die Arbeiten informiert", sagt Martin. Doch das Schlagen der Rammen auf die Metallpfähle ist eben in weitem Umkreis bis nach Niendorf, Langenhorn und in ganz Garstedt laut zu hören.

Tesa hat die Arbeitszeiten aus Rücksicht auf die Anwohner reduziert

Die Arbeiten seien von den Behörden ohne Beanstandungen genehmigt worden. An der Niendorfer Straße dürfte Tesa laut Genehmigung wochentags zwischen 7 und 20 Uhr Metallpfähle in der Erde treiben. Doch dieser Zeitkorridor war selbst dem Bauherrn zu gewagt. "Wir haben die Arbeitszeiten derzeit auf einen Zeitraum zwischen 8 und 18.30 Uhr reduziert - aus Rücksicht auf die Anwohner", sagt Martin. Ausgeschlossen sei es aber nicht, dass der genehmigte Zeitrahmen auch einmal ausgenutzt werde, um zügig voranzukommen. Was die spürbaren Vibrationen angehe, sagt Martin, so werden diese sich reduzieren, je weiter die Ramm-Arbeiten sich in den Innenbereich der Baustelle verschieben.

Am Freitag konnte man auf der Baustelle einen Mann mit einem Dezibel-Messgerät neben den Rammen beobachten. Auf der Anzeige des Gerätes wurden 95 Dezibel angezeigt, als eine der vier Rammen ihre Arbeit aufnahm. Wenn alle gleichzeitig schlagen, dürfte das Ergebnis deutlich über 100 Dezibel liegen. Zum Vergleich: Ein Presslufthammer liegt bei 110 Dezibel, ein startender Düsenjet kommt auf etwa 125 Dezibel, und die Schmerzgrenze für den Menschen liegt bei etwa 130 Dezibel. "Wir messen die Lärmentwicklung auf der Baustelle regelmäßig. Und wir sind auch gerne bereit, den Menschen die Baustelle vor Ort zu erklären", sagt Reinhart Martin.