Tesa hat 40 Millionen Euro in eine neue Produktionsstraße investiert. Das Unternehmen will in Hausbruch 30 weitere Mitarbeiter einstellen.

Hamburg. Mit Pumps wird man hier nichts. Wer das Werk der Hamburger Beiersdorf-Tochter Tesa in Hausbruch besichtigen will, muss sein mehr oder weniger edles Schuhwerk gegen klobige Arbeitsschuhe tauschen. Handys sind aus Sicherheitsgründen in dem Werk verboten, genauso auch Blitzgeräte für einen Fotoapparat. Die Produktion in den verschiedenen Betriebsgebäuden läuft auf Hochtouren. Im kommenden Jahr sollen deshalb voraussichtlich nochmals rund 30 Mitarbeiter hinzukommen. Schon in diesem Jahr hat sich die Zahl der Beschäftigten in der Produktion um 70 erhöht. "Wir werden bald die 500er-Grenze bei den Mitarbeitern erreichen", sagte Rüdiger Pomaska, Werksleiter in Hausbruch.

Während die Hamburger Firmenzentrale derzeit nach gut 75 Jahren in der Hansestadt ihren Umzug nach Norderstedt plant, sucht man in Hausbruch händeringend Mitarbeiter. "Wir benötigen zum Beispiel Maschinenführer und andere Techniker." Alle neuen Beschäftigten erhalten einen richtigen Arbeitsvertrag, Zeitarbeiter gibt es bei Tesa nicht. Einer der Gründe für die Neueinstellungen liegt in einem von Tesa entwickelten Verfahren, von dem sich der Konzern auch in den kommenden Jahren Wachstum verspricht.

Das Betreten der extra für die Innovation erstellten 40 Millionen Euro teuren Produktionsanlage ist eigentlich nur Eingeweihten erlaubt. Fotografieren ist verboten. Zu groß ist die Furcht, die Konkurrenz könne einen Blick auf die neue "Geheimwaffe" der Hamburger erhaschen. Für das Abendblatt wurde eine Ausnahme gemacht.

Konkret geht es um doppelschichtige, extra starke Klebebänder, die nicht nur schwere Gegenstände wie Solarpanelen oder Fassadenverkleidungen ohne Schrauben auf den Dächern oder an Wänden halten, sondern auch noch nahezu ohne die bislang unentbehrlichen Lösemittel produziert werden können. Für den Laien hört sich dies langweilig an, doch für Tesa handelt es sich um einen fast schon revolutionären Meilenstein. "Wir haben damit ein weltweit einzigartiges Verfahren entwickelt und in eine Produktionsanlage umgesetzt", sagt Pomaska.

Die neuartige, sogenannte ACXplus-Technologie, klebt nicht nur besser. Das Herstellungsverfahren spart im Vergleich zu herkömmlichen Produktionsprozessen etwa 50 Prozent des Lösemittels ein. Darüber hinaus halbiert das Verfahren den Energieverbrauch. Insgesamt werden jährlich rund 2000 Tonnen des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) weniger freigesetzt, der Wasserverbrauch in der Produktion wird immens reduziert, so Philipp Vetter, Teamleiter Produktion bei Tesa. Und nicht nur das: Die Herstellungsmenge kann immens steigen. Während das herkömmliche Verfahren im Werk eine sperrige, 90 Meter lange Produktionsstraße allein für die Trocknung der Lösemittel benötigt, ist die vergleichbare Anlage für die neue Technik nur rund sechs Meter lang und damit deutlich effizienter. Das spart Zeit und ermöglicht einen höheren Produktionsdurchlauf.

Vor allem in der Bauindustrie dürfte die neue Technik der Hamburger nachgefragt werden. Die mit der ACXplus-Technologie hergestellten Klebebänder sind laut Pomaska widerstandsfähiger und belastbarer gegenüber Temperaturen, Chemikalien, UV-Bestrahlung und Vibration. Aber auch die Hersteller von Handys und anderen, immer kleiner werdenden Elektronikgeräten profitieren von den neuen Klebebändern. In Deutschland zählt zudem ein bekannter deutscher Autohersteller, dessen Namen das Unternehmen nicht nennen darf, bereits zu den Kunden. Die beidseitigen Klebestreifen aus Hamburg sind so fest, dass sie Typenschilder, die sich am Wagenende eines Fahrzeugs befinden, ein ganzes Autoleben hindurch fest auf der Karosserie halten können. "Vorsicht" müsste eigentlich auf jeder Kleberolle stehen. Denn wer ungeschickterweise seine Finger an die Klebemasse hält, riskiert, daran hängenzubleiben.

Vor dem neuen Werksgebäude hat Tesa ein Testfeld aufgebaut. Fensterpaneele sind dort 24 Stunden am Tag den Witterungsbedingungen ausgesetzt. So überprüft das Unternehmen die Klebeleistung seiner neuesten Erfindung. Doch nicht nur die Fensterhersteller, auch Inneneinrichter setzen auf die neuen Klebebänder, mit denen etwa die Möbelindustrie Spiegel, Leisten, Verkleidungen und andere Elemente auf Schränken oder Kommoden festkleben kann. Auch bei der Montage von Leuchtreklame und Außenbeschilderungen an Gebäuden kommen die starken Helfer aus dem Hamburger Werk zum Einsatz.

Tesa ist zwar kleiner als der Mutterkonzern Beiersdorf, aber derzeit wächst das Unternehmen schneller als der Nivea-Hersteller. Von Januar bis Ende September legte der Umsatz um 6,4 Prozent auf 750 Millionen Euro zu. Das Unternehmen steht nun kurz vor dem Überschreiten der Milliardengrenze beim Umsatz - obwohl der Tesafilm, das bekannteste Produkt der Firma, nicht einmal mehr ein Viertel Prozent des Gesamtumsatzes ausmacht.