Ein Jahr nach dem Unfall der Siebenjährigen: Bei dem Gottesdienst der Segeberger Katholiken herrscht gedämpfte Stimmung.

Bad Segeberg. Die Stimmung in der Katholischen Kirche St. Johannes der Täufer in Bad Segeberg ist gedämpft. Die Krippenfeier ist in diesem Jahr eine andere als sonst. Kein unbeschwertes Kinderspiel wie im vergangenen Jahr ist geplant, als die bekannte Geschichte der Geburt Jesu aus der Sicht des Esels Joschi und der Tiere im Stall von Bethlehem erzählt worden war. Dieses Jahr ist alles anders. Keine Kinder auf der Bühne, keine unbeschwerte, fröhliche Stimmung. Die Bänke sind gut gefüllt mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, aber es sind deutlich weniger Besucher gekommen als im vergangenen Jahr. Und es gibt keine Kerzen.

Im vergangenen Jahr passierte in der Krippenfeier das Unglück, an das sich die katholische Kirchengemeinde in der Kreisstadt noch lange erinnern wird. Ganz am Ende des Gottesdienstes, als das Spiel beendet war, entzündete sich direkt am Ausgang das Kostüm der damals siebenjährigen Lena. Sie kam mit schwersten Verbrennungen ins Krankenhaus und leidet bis heute unter den Folgen (das Abendblatt berichtete). Pfarrer Paul Boon wollte damals für dieses Jahr die Krippenfeier ausfallen lassen. Man könne sie Eltern und Kindern nicht zumuten. Aber das wollten insbesondere die Jugendlichen nicht. Sie planten gemeinsam mit Stephan Haustein, dem Vorsitzenden des Pfarrgemeinderats, ein Krippenspiel "mal ganz anders".

Die Feier beginnt wie im vergangenen Jahr: Die Kinder kommen nach vorne und schmücken den Tannenbaum. Eine Tradition in der katholischen Kirche in Bad Segeberg, auf die man nicht verzichten will. Natürlich wird auch "O Tannenbaum" gesungen. Dass der Baum elektrisch beleuchtet ist, versteht sich von selbst. Auch die Kerzen an den Säulen im Kirchenschiff bleiben aus, obwohl sie weit über den Köpfen der Besucher brennen würden. Hier hängen Tannenzweige, die mit gebastelten Sternen geschmückt sind. Die Segeberger wollen auf Nummer sicher gehen und keine bösen Erinnerungen wecken. Denn das Geschehen ist die ganze Zeit präsent, gerade bei den Kindern und Jugendlichen, selbst wenn in diesem Jahr nur eine Lesung der Geschichte ansteht.

Als es los geht, steht Laura Haustein aus Blunk vorne neben dem Altar, dort leuchten drei Kerzen - mit LED-Lampen. Dahinter ist eine Leinwand aufgebaut, auf die Bilder projiziert werden. Unterbrochen von einem Lied wird so fast schon meditativ an die Geburt gedacht, und als die Gemeinde am Ende der Erzählung "Ihr Kinderlein kommet" anstimmt, ist allen Beteiligten die Erleichterung anzusehen. Es passt. Nach dem Lied teilt Stephan Haustein mit den Anwesenden seine Gedanken zur Weihnachtsgeschichte, spricht vom Unfall und auch von Gott, der sich klein gemacht hat und in die Herzen leuchtet. Es ist die Botschaft, die den Segeberger Katholiken einfach zu wichtig ist, als dass sie ohne die traditionelle Krippenfeier Weihnachten feiern wollten.

Die kleine Lena ist und bleibt präsent, insbesondere, als Laura Haustein die Kollekte des Tages ankündigt. Sie erzählt noch einmal vom Unfall, und als die Körbe für die Kollekte während des Liedes "Stern über Bethlehem" durch die Bänke gehen, zeigen die Besucher, dass ihnen das Schicksal des Mädchens immer noch nahe geht. Viele Geldscheine wandern in den Korb. Ohnehin ist im vergangenen Jahr viel Hilfsbereitschaft in der Kirchengemeinde zu erfahren gewesen, erzählt Pfarrer Boon in seinen Worten vor dem abschließenden Segen.

Die Organisatoren sind am Ende der Feier sichtlich erleichtert

Er selbst habe sich erst durch die Kinder und Jugendlichen davon überzeugen lassen müssen, doch wieder die Feier zu veranstalten. "Es ist wichtig, dass die Christen füreinander Hilfe und Unterstützung sind, sodass selbst ein Pfarrer wieder Mut bekommt", sagt er. "In einer Gemeinde sind wir Christen aufeinander angewiesen; wenn alles nur vom Pfarrer abhängt, kann man die Gemeinde vergessen." Sichtlich erleichtert begibt er sich nach dem Segen zum Ausgang, um jedem Besucher persönlich ein gesegnetes Fest zu wünschen.

Während die Gemeinde zum Ausgang strebt, fällt bei den Organisatoren der Feier endgültig die Anspannung ab. Neben den Bänken stehen sie zusammen, lachen, umarmen sich. Die Krippenfeier "mal ganz anders" war für Stephan Haustein genau richtig. "Wir sind zufrieden", sagt er und lacht. Den schwersten Teil des Weihnachtsfestes 2012 haben die Segeberger Katholiken in diesem Moment überstanden.