Die Pflege-Schüler am IBAF-Institut setzen sich für offenen Umgang mit dem Prozess des Sterbens ein. Preisverleihung im Kieler Landtag.

Norderstedt . Wie möchte ich sterben? Allein sich diese Frage zu stellen, ist überaus schwierig. Alte, vielleicht sogar kranke Menschen darauf anzusprechen; ihre Gewohnheiten, die liebsten Aromen, die Lieblingsmusik zu erfragen, um die letzten Stunden so angenehm wie möglich zu gestalten - das ist noch viel schwieriger.

Die Schüler des Altenpflegekurses am Norderstedter IBAF-Institut wissen das. Trotzdem gingen sie völlig unverkrampft an das Thema heran. Über einen Monat lang setzten sich die 14 angehenden Pflegefachkräfte mit den Wünschen von Sterbenden auseinander. Herausgekommen sind ein Flyer mit Informationen über die Sterbe- und Abschiedskultur und ein Leitfaden für die schwierigen Gespräche mit den Betroffenen.

Als Anerkennung für das erfolgreiche Projekt erhielten das Norderstedter Institut für berufliche Aus- und Fortbildung und das Anneliese Scheel Altenpflegeheim in Garstedt nun gemeinsam den Altenpflegepreis 2012 des Landes Schleswig-Holstein. "Transparenz schaffen - im Umgang mit dem Sterbeprozess" heißt das Projekt offiziell. Sozialministerin Kristin Alheit hob es als "beispielhaft" hervor, die Jury lobte die "Überwindung der Sprachlosigkeit" beim Thema Tod. Auf die theoretischen Unterrichtseinheiten folgte stets die Anwendung in der Praxis.

In Gruppen diskutierten die Schüler wie das Tabu überwunden werden kann, führten Beratungsgespräche mit Bewohnern des Altenpflegeheims und analysierten die Unterhaltungen anschließend.

Der Sieg im Wettbewerb sei trotz der vielen Mühe völlig überraschend gewesen, sagte Siri Kudelka, Geschäftsführerin des Altenpflegeheims. "Nach der Verkündung des dritten und zweiten Platzes hatten wir eigentlich schon aufgegeben", sagt sie.

Umso größer war dann letztendlich die Freude über den unerwarteten Erfolg bei der Preisverleihung im Kieler Landtag. Gemeinsam mit Gabriele Lengefeldt, Leiterin der Schule, darf sie sich nun über ein Preisgeld von 3000 Euro freuen. Wofür das Geld ausgegeben wird, steht noch nicht endgültig fest. "Wahrscheinlich werden wir es aber in unseren Abschiedsraum investieren", sagt Kudelka. Dort sollen Angehörige zukünftig in möglichst pietätvoller Atmosphäre Abschied nehmen können.

Auch der aus dem Projekt entstandene Flyer und der Leitfaden werden weiter genutzt werden. "In der Praxis ergeben sich Gelegenheiten für ein Gespräch mit den Bewohnern des Pflegeheims meist völlig unerwartet", sagt Kudelka. "Mit dem Leitfaden haben unsere Pfleger ein Instrument, mit dem sie sich auf solche Situationen vorbereiten können." Zudem soll der neueste Forschungsstand so endlich auch zur Anwendung kommen. "Früher haben wir die Gespräche allgemeiner gestaltet", sagt Kudelka. So sei gefragt worden, ob und wie die Bewohner in den letzten Stunden begleitet werden wollen. Mittlerweile besprächen die Pfleger viel konkretere Wünsche der Bewohner.

Neben dem richtigen Inhalt braucht ein Gespräch über die Gestaltung des Sterbeprozesses vor allem viel Empathie und ein gutes Timing. Lernten die Schüler solche Feinheiten zuvor nur in Rollenspielen, besitzen sie jetzt bereits wertvolle Praxiserfahrung, wenn sie die Schule verlassen. "Nicht jeder kann solche Gespräche gleich gut führen", sagt Gabriele Lengefeldt. "Aber so lernen die Schüler ihre Stärken und Schwächen kennen."