150 Mitarbeiter der Lufthansa Revenue Services protestieren am Freitag vor dem Firmensitz am Schützenwall gegen ihren Rauswurf.

Norderstedt. Klaus Kahlcke klingt verbittert. "Die Signale der Geschäftsführung sind eindeutig", sagt der Systemmanager, der seit zwei Jahren Vorsitzender des Betriebsrates bei der Lufthansa Revenue Services (LRS) in Norderstedt ist. "Die wollen uns rauswerfen und das, was wir bisher gemacht haben, billig im Ausland erledigen lassen." 20 Jahre ist Kahlcke bei der Lufthansa - und die sagt ihm jetzt, dass er zu teuer geworden ist.

Kahlcke steht am Freitag mit über 150 anderen Mitarbeitern in der Eiseskälte am Schützenwall vor dem Büro-Gebäude der Lufthansa. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Franz Thönnes und der SPD-Fraktionschef in Norderstedt, Jürgen Lange, sind gekommen, um Solidarität zu bekunden. Thönnes und die kämpferische Sabine-Almut Auerbach von Ver.di halten die Reden. Tenor: Wir stehen an eurer Seite.

Auf einem Bettlaken, das die Mitarbeiter an die Glasfront des Unternehmens gehängt haben, steht: "Qualität hat ihren Preis. Wir sind es wert." Gleich wird im Gebäude der Aufsichtsrat der LRS tagen. Die Norderstedter Lufthansa-Mitarbeiter wollen den Verantwortlichen, die über ihre Zukunft entscheiden, einen gebührenden Empfang bereiten.

"Wir haben in den vergangenen Jahren Stellenabbau und ständige Kostenreduzierung erlebt. Wir sind 70 Prozent günstiger geworden - und jetzt immer noch zu teuer", sagt Kahlcke unter dem Beifall und dem Trillerpfeifenkonzert der Kollegen. "Keiner fragt uns, ob es nicht Alternativen zur Verlagerung der Arbeit ins Ausland gibt. Wir möchten aber darüber reden. Wir kämpfen für unsere Arbeitsplätze!"

Laut Kahlcke wissen er und seine Kollegen immer noch nichts Konkretes. Dass aber etwa 300 der 406 Mitarbeiter am Schützenwall gehen müssen bis 2014, scheint für die Konzernspitze in Frankfurt beschlossene Sache zu sein. Die Norderstedter Mitarbeiter trennen genau zwischen der Geschäftsführung der LRS, die im Auftrag der Lufthansa die Bearbeitung und Verbuchung von 55 Millionen Tickets jährlich erbringt, und der Konzernzentrale in Frankfurt. Die Frankfurter wollen den Norderstedtern die Aufträge wegnehmen und sie ins Ausland, nach Indien oder Mexiko, vergeben. "Bei uns bekommen die für jeden ausgegebenen Euro drei wieder raus", sagt Betriebsrat Werner Michael. Im Ausland seien es dann vielleicht fünf Euro. "Aber Zahlen nennen die uns nicht", sagt Michael. 65 Prozent der betroffenen Mitarbeiter seien schon länger als 15 Jahre im Betrieb und damit nicht mehr ordentlich betriebsbedingt kündbar. Der Rest seien gut ausgebildete Akademiker im fortgeschrittenen Alter. "Was machen die mit denen, die sich gegen Abfindungen oder Vorruhestandsregelungen wehren? Werden die so lange im Konzern herum geschoben, bis sie zermürbt sind und aufgeben?", fragt sich Werner Michael.

"Es wird zwar von sozialverträglichen Lösungen gesprochen. Aber auch betriebsbedingte Kündigungen wird es geben, da bin ich mir ziemlich sicher", sagt der Betriebsratsvorsitzende Kahlcke. Aus seiner Sicht sei der gesamte Norderstedter Standort damit massiv gefährdet. Denn: Wenn 300 von 406 Arbeitsplätzen am Schützenwall wegfallen - wozu brauche die Lufthansa dann noch das imposante Bürogebäude, fragt sich Kahlcke.

Der Geschäftsführer der LRS, Reinhard Schäfer, hat gegenüber der Stadt Norderstedt aber den Fortbestand des Lufthansa-Standortes in Norderstedt versichert. "Ich bin immer noch sehr optimistisch, dass Lufthansa nach wie vor in Norderstedt bleiben wird", sagt Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote. Er werde von Schäfer und der Firmenleitung laufend informiert. Und von deren Seite wurden der Standort Norderstedt und das Gebäude am Schützenwall als strategisch wichtig bezeichnet. "Die Nähe zum Flughafen ist für die Lufthansa entscheidend, außerdem ist das Bürogebäude in hervorragendem Zustand", sagt Grote. Dass es zu einem bedauernswerten Arbeitsplatzabbau bei den Revenue Services am Schützenwall kommen wird, hält Grote auch für "beschlossene Sache bei der Lufthansa". Doch aus seiner Sicht wird der Konzern Mitarbeiter aus anderen Bereichen des Unternehmens an anderen Standorten abziehen und in Norderstedt ansiedeln.

"Der Abbau von 300 Arbeitsplätzen ist ein riesiger Einschnitt für unsere Stadt. Den Menschen wird die Existenzgrundlage entzogen", sagt Oberbürgermeister Grote. Was die Stadt in dieser Situation tun könne, sei Kooperationsbereitschaft zu signalisieren. Grote: "Wir bieten der Lufthansa alle Unterstützung bei der Standortentwicklung und der Neuausrichtung. Auch räumliche Erweiterungen würden von uns dabei sehr konstruktiv begleitet."