Der Norderstedter Pharma-Produzent Michael Peter wäre beinahe Opfer eines sogenannten Rip-Deals geworden. Er wandte sich an die Polizei.

Norderstedt. Das Auto von Michael Peter fällt auf. Ein Bentley Cabrio gehört nicht unbedingt zu den üblichen Fahrzeugen, die in Norderstedt und Umgebung anzutreffen sind. Für den Pharma-Produzenten, der in Norderstedt und Langenhorn Arzneimittel und in Sievershütten Produkte rund um die Salmiakpastillen ("Salmix") herstellt, war dieses britische Auto aus dem Hause Volkswagen Ausgangspunkt eines kriminellen Abenteuers: Peter wurde beinahe Opfer eines Trickbetrügers, dessen Machenschaften bei der Kriminalpolizei als Rip-Deal (to rip: jemanden ausnehmen) bekannt sind.

Als er mit seinem Fahrzeug an der Ampel hält, sprechen ihn zwei "arabisch aussehende Männer" an. "Ich gebe ihnen 100 000 Euro für das Auto", sagt einer der beiden Männer. "Das Geld habe ich in bar dabei." Sie verabreden sich in einem Lokal, wo die Männer aber einen ganz anderen Deal vorschlagen. Sie geben Michael Peter einen Geldschein in Schweizer Währung: 1000 Franken, die er bei einer Bank in Euro umtauschen soll. 500 Euro wollen sie zurück, den Rest könne er behalten. Sie versprechen ihm, ein "dickes Geschäft". Wenn es so klappt, wie sie es sich vorstellen, könnten beim nächsten Treffen 100 000 oder gar eine Million Schweizer Franken über den Tischen gehen. 50 000 oder 500 000 Euro für sie, der Rest für Michael Peter.

Der Norderstedter Fabrikant lässt sich den 1000-Franken-Schein aushändigen, geht zur Bank und tauscht ihn um: 800 Euro bekommt er ausgehändigt - das bedeutet: 300 könnte er behalten, 500 müsste er abgeben. Der Unternehmer verzichtet jedoch auf den Gewinn, lässt die nächste Verabredung mit den beiden Männern sausen und geht stattdessen zur Polizei.

Immobilienverkäufer und Besitzer teurer Gegenstände sind betroffen

Die Beamten erscheinen, zusammen mit einem Freund von Michael Peter, zum verabredeten Treffpunkt und nehmen die Männer mit zur Wache. Nach Überprüfung der Personalien dürfen sie wieder gehen: Es liegt nichts gegen sie vor, ein anvisiertes Verbrechen kann ihnen nicht nachgewiesen werden.

Dem Landeskriminalamt Schleswig-Holstein sind Machenschaften dieser Art bekannt. Sie werden dort unter der Bezeichnung Rip-Deal geführt. In der Regel sind Immobilienverkäufer davon betroffen, aber auch Besitzer teurer Gegenstände: Sie haben ihr Haus oder das teure Auto in einer Zeitung oder einem Internetportal inseriert, ein Interessent ruft an, will schnell kaufen, keine Besichtigung abwarten und gar nicht erst verhandeln. Der freundliche Anrufer will meist jedoch nicht selbst kaufen, sondern gibt sich als Vermittler eines ausländischen Geschäftsmannes aus, der die Immobilie oder das Auto erwerben will, derzeit aber nicht nach Deutschland reisen kann.

Dann geschieht das, was Michael Peter erlebt hat: Der Verkauf könne nur stattfinden, wenn vorher Geld getauscht werde, wird erklärt. Beim Norderstedter Unternehmer ist das Geschäft allerdings direkter: Die beiden "Geschäftsleute" interessieren sich gar nicht mehr für das gepflegte, fünf Jahre alte Bentley Cabrio, dessen Neuwert bei rund 220 000 Euro lag und jetzt immer noch mit mehr als 100 000 Euro gehandelt wird.

Ein Ködergeschäft wird eingefädelt - wie bei Michael Peter. Die Opfer schöpfen Vertrauen, gehen auf Geschäfte mit größeren Summen ein. Wenn dann das Opfer bereit ist, die volle Summe umzutauschen, erhält er gefälschte Scheine oder einen Koffer mit Papierschnipseln. Sollte sich das Opfer weigern, sein Geld zu übergeben, wird mit leichter Gewalt, oder vorgehaltener Waffe nachgeholfen. Nach dem Tausch suchen die Täter das Weite.

Viele Opfer von Rip-Deals gehen aus Scham nicht zur Polizei

Das kommt offenbar gar nicht so selten vor. "Die Dunkelziffer ist sehr hoch", sagt Stefan Jung, Sprecher des Landeskriminalamtes in Kiel. "Oft gehen betroffene von Rip-Deals aus Scham nicht zur Polizei, oder weil sie selbst vorhatten, Schwarzgeld lukrativ zu vermehren."

Er verweist auf die Erfahrungen des Landeskriminalamts Bayern, das sich eingehender mit Rip-Deals beschäftigt hat. "Wer darauf eingeht, hat sein Geld verloren." Die Täter sind in der Regel schnell verschwunden, ohne Adressen oder feste Handy-Nummern zu hinterlassen.

Das Landeskriminalamt warnt ausdrücklich davor, sich auf solche Geschäfte einzulassen. "Opfer eines Rip-Deals sollten möglichst schnell die Polizei einschalten", sagt Stefan Jung. "Das ist bei dieser Art von Kriminalität sehr wichtig, um die Betrüger verfolgen zu können."

Michael Peter hat seine Erfahrungen abgehakt und spendet das auf diese Weise erworbene Geld für einen guten Zweck: Das Geld wird dem Verein Pro Honore, der unlauteren Wettbewerb und Erscheinungsformen der Wirtschaftskriminalität bekämpft, überwiesen.