Immer mehr Hamburger geraten in das Visier von skrupellosen Trickbetrügern. Die Verbraucherzentrale warnt davor, Geld zu überweisen.

Hamburg. Der Anruf klang verlockend. "Eine Frau teilte mir mit, ich hätte 119 000 Euro bei einem Preisrätsel gewonnen", sagte eine Hamburgerin dem Abendblatt. Angeblich hatte sie zuvor bei einem Gewinnspiel mitgemacht. Doch das stimmte gar nicht. Ihren Namen will sie nicht nennen, weil sie nach ihrem Erlebnis mit einem möglicherweise deutsch-österreichischen Betrügerkomplott Repressalien fürchtet. Die Frau rief nach dem Gespräch, wie gefordert, den angeblichen Berliner Notar Dr. Neubauer an. Der erzählte ihr, dass sie von einem österreichischen Geldtransportunternehmen wegen der Übergabe kontaktiert würde. Das geschah dann auch ganz schnell. Eine Frau Ahrens von dem angeblichen Transportunternehmen verlangte von der "Gewinnerin" allerdings, dass sie zuvor 1480 Euro für die Transportversicherung auf das Konto eines Franz Safran bei einer österreichischen Raiffeisenbank überweist. Nach zwei Stunden rief sie wieder an. Doch die "Gewinnerin" hatte noch keinen Cent überwiesen. Denn das war der Hamburgerin dann doch zu viel. "Das Geld befindet sich in einem versiegelten Koffer", sagte "Notar" Neubauer. Deshalb könne die Transportversicherung nicht aus dem Gewinn beglichen werden.

Die Hamburgerin ist kein Einzelfall. Die Tricks mit vermeintlichen Gewinnspielen nehmen auch in Hamburg ständig zu, bestätigt Julia Rehberg, Anwältin der Verbraucherzentrale Hamburg. Die Berliner Notarkammer, bei der "Dr. Neubauer" gemeldet sein müsste, teilte dem Abendblatt mit, dass es in der Stadt keinen gleichnamigen Notar gebe. "Es rufen bei uns immer wieder Verbraucher an, die angeblich Geld oder andere Dinge gewonnen haben", so eine Mitarbeiterin der Kammer. Sie beziehen sich auf verschiedene Notare, die in Berlin nicht existieren.

+++ Der Gewinnspiel-Trick - Verbraucherzentrale warnt vor Betrügern +++

"Es gibt Tricks in jeder Variation", sagt auch Rehberg. Erst kürzlich hatte sie einen Fall, bei dem ein Rentner 1000 Euro überwiesen hatte, um an seinen Gewinn, ein Auto, zu kommen. Julia Rehberg rät, vermeintlichen Gewinnschreiben keinen Glauben zu schenken. Kontonummern solle man in solchen Fällen auf keinen Fall angeben. Die Hamburgerin unterdessen wundert sich, woher "Dr. Neubauer" ihre Anschrift hat. "Es gibt einen regen Adresshandel in Deutschland", sagt Rehberg. "Vor allem, wer an Preisrätseln oder Gewinnspielen teilnimmt, kann leicht zum Opfer von Betrügern werden."

Seit Monaten bereits ermittelt das Landeskriminalamt Berlin im Zusammenhang mit falschen Gewinnversprechen. Auf die Worte "Herzlichen Glückwunsch - Sie haben ein Auto gewonnen", reagieren vor allem ältere Menschen erfreut und lassen sich dann auf Forderungen der Betrüger ein. "Dabei gelingt es den Tätern leider viel zu oft, hohe Geldbeträge einzustreichen", heißt es in einem Schreiben der Bundesnotarkammer. Es erfolge oft ein Anruf eines freundlichen Mitarbeiters einer - in Wahrheit nicht existierenden - Kanzlei eines Notars oder Rechtsanwalts. Im Display erscheint eine passende Rufnummer. Dem Angerufenen werde dann der Gewinn von Bargeld oder eines Pkw vorgetäuscht.

In einer weiteren Betrugsvariante heiße es, der Standort des Wagens sei derzeit jedoch noch die Türkei, sodass zum Erhalt des Gewinns erst eine Summe über einen Finanzdienstleister in die Türkei überwiesen werden müsse. Hierbei soll es sich dann um Überführungsgebühren oder aber Gebühren für einen türkischen Rechtsanwalt oder eine nicht näher definierte Transportversicherung handeln.

Falls der Angerufene zunächst noch misstrauisch sein sollte und die angegebene Telefonnummer zurückruft, so meldet sich tatsächlich der vermeintliche Notar oder Rechtsanwalt. "Unbekannt ist vielen aber, dass es technisch kein Problem ist, eine Telefonverbindung mit allen deutschen Vorwahlziffern so einzurichten, dass der Anruf zu einem Callcenter in der Türkei führt", so die Notarkammer. Falls dennoch bei betrügerischen Gewinnspielen Geld ins Ausland transferiert werde, müssen die Geschädigten den Betrag in der Regel abschreiben.

Die Hamburgerin hat indes noch nicht aufgegeben. Gestern sprach sie nochmals mit dem "Notar" und einem angeblichen Mitarbeiter des Geldtransportunternehmens. Ihr Vorschlag: Sie wolle den Gewinn selbst in Wien, wo die Transportfirma angeblich sitzt, abholen. "Wien ist immer eine Reise wert", so die Frau. Der Mitarbeiter versprach, sich um die Formalitäten zu kümmern. Angeblich müsse er mit dem Wiener Finanzamt über den Transfer sprechen. Eine gute halbe Stunde nach dem ersten Gespräch rief er zurück. "Wenn Sie das Geld nach Deutschland transportieren wollen, verlangt das Finanzamt 35 Prozent Gewinnsteuern", sagte er. Das sind 41 650 Euro. Spätestens jetzt wäre der Frau wohl klar geworden, dass es keinen Gewinn gibt.