Margit Hörstrup hat 50 000 Euro für die Leukämie-Stiftung von José Carreras eingenommen. Die Norderstedter Zeitung unterstützt ihre Aktion

Bad Bramstedt. "Man kann nicht immer nur jammern." Ein Satz wie dieser ist schnell gesagt, doch Margit Hörstrup spricht ihn mit Ernst und Nachdenklichkeit aus. Leiden und Klagen gehören untrennbar zusammen, wenn das Schicksal hart zuschlägt, wenn das eigene Kind schwer erkrankt, wenn der Kampf um Leben oder Tod die letzten Kräfte fordert. Doch manchen Menschen gelingt es nach dem Sieg des Lebens über die Krankheit, die einmal mobilisierte Energie weiter zu nutzen, um denen zu helfen, die immer noch in Not sind.

Die Bramstedterin Margit Hörstrup gehört dazu. Mit der schlichten Idee, eigene Fotos als Motive für Grußkarten zu verwenden, hat sie inzwischen die fast unglaubliche Summe von 51 300 Euro erwirtschaftet. Jeden Cent hat sie auf das Spendenkonto der Stiftung des spanischen Opernsängers José Carreras überwiesen. Der Weltstar überlebte die gleiche Krankheit wie der Sohn der Bramstedterin: Leukämie.

35 000 Karten hat Margit Hörstrup in den vergangenen zehn Jahren verkauft. Ihre Digitalkamera hat sie immer dabei. Sie fotografiert Blumen im Garten, Sonnenuntergänge auf Rügen, Segelboote auf dem Bodensee, Schmetterlinge, Alleen. An Eindrücken und Ideen mangelt es ihr nicht, wenn es um die Gestaltung ihrer Fotokarten geht. Die kleinen kosten zwei Euro, die großen 2,50 Euro. Mit ihrer Kamera dokumentiert die 67-Jährige eindrucksvoll Farben und Stimmungen, kurzum: die schönen Seiten des Lebens, die sich mit einer Kleinbildkamera festhalten lassen.

"Es war eine harte Zeit damals, wir hatten große Angst"

Angefangen hat die Geschichte ihrer wohltätigen Arbeit jedoch mit dem nicht enden wollenden Anblick der hässlichen Seiten des Lebens: Krankheit, Angst, Verzweiflung. 1994 erfuhr die Familie, dass der damals 27 Jahre alte Sohn Thomas an Leukämie erkrankt war. Nicht einmal die Ärzte des Universitätsklinikums in Kiel wagten eine Prognose, ob der junge Mann überleben würde. Noch heute klingt die Stimme brüchig, wenn Margit Hörstrup sagt: "Es war eine harte Zeit damals. Wir hatten große Angst."

Jeden Tag saß sie am Krankenbett ihres Sohnes, bangte und hoffte, machte Mut, obwohl sie der Verzweiflung nahe war. 14 Tage nach der Transplantation von Knochenmark seines älteren Bruders, das Thomas das Leben retten sollte, lag er immer noch mit weißem Gesicht auf der komplett sterilen Isolierstation der Klinik. Immer noch hatte es der Körper nicht geschafft, sein Immunsystem wieder aufzubauen.

Die Blutwerte hatten sich verbessert, der junge Mann war gerettet

Margit Hörstrup gelang es trotzdem, einen Mutmacher zu entdecken - im Hamburger Abendblatt. Dort las sie den Sinnspruch: "Und auf einmal schaffst Du es doch." Die Bramstedterin griff nach Pinsel und Papier, schrieb den Satz in Form einer Kaligraphie und stellte ihn ans Krankenbett ihres Sohnes. Sie hatte ihre letzte Kraft für ihren Sohn aufgebracht, der keine eigene mehr hatte. Am nächsten Abend begriff die Familie, dass die Wirklichkeit zuweilen mehr Wunder in sich birgt als ein Märchen. Thomas rief in Bad Bramstedt an. Die Blutwerte hatten sich verbessert. Der junge Mann war gerettet. "Er fühlt sich fit, es geht ihm gut", sagt Margit Hörstrup heute über ihren Sohn. Thomas ist verheiratet und hat nach einigen Rückfällen einen Job gefunden.

Dass es auch andere Leukämiekranke schaffen können zu überleben - dieser Gedanke hat die Bramstedterin nicht mehr losgelassen, nachdem ihr Sohn die Klinik verlassen konnte. "Ich wollte versuchen zu helfen", sagt sie. 1999 sah sie im Fernsehen die Spendengala der "Deutschen José Carreras Leukämiestiftung". 1987 war der Künstler an Leukämie erkrankt und überlebte nach einjähriger intensiver Krankenhausbehandlung. Seine Stiftung unterstützt Forschung und Therapie. Sie fördert Elterninitiativen und Selbsthilfegruppen.

Hobbyfotografin Margit Hörstrup entwarf die ersten 100 Fotokarten, ging auf Kunsthandwerkerausstellungen und Adventsmärkte. Das Interesse war groß. Bereits nach wenigen Monaten konnte sie 1000 Mark auf das Stiftungskonto überweisen. Nach dem Überraschungserfolg setzte sich die 67-Jährige ein großes Ziel, das sie im Dezember dieses Jahr erreicht hat. 100 000 Mark wollte sie mit ihren Karten verdienen, mehr als 50 000 Euro sind es geworden.

Viele Stammkunden bestellen regelmäßig bei ihr. Organisation und Vertrieb wickelt sie per Telefon, Mail oder Fax ab. "Wenn ich auch noch ins Internet gehen würde, könnte ich die Arbeit vielleicht nicht mehr schaffen", sagt Margit Hörstrup. "Ich sitze etliche Stunden an den Karten." Einen Vorrat von 500 Stück hat sie stets griffbereit. 2000 Motive stehen im Archiv.

Die Nachricht von der unermüdlichen Helferin aus Bad Bramstedt erreichte vor wenigen Jahren auch José Carreras. Er lud sie zur Generalprobe seiner Spendengala ein. "Ein unheimlich bescheidener und netter Mann", sagt Margit Hörstrup. Bei Carreras 16. TV-Gala kurz vor Weihnachten kamen Spenden in Höhe von 6,7 Millionen Euro zusammen. 3100 Euro hatte Margit Hörstrup überwiesen.

"Leukämie muss heilbar werden - immer und bei jedem" zitiert die Bramstedterin den Startenor auf ihrem Flyer, mit dem sie für ihre Arbeit wirbt. "Leukämie kann jeden treffen", heißt es weiter. Auch wenn sie ihr selbst gestecktes Ziel erreicht hat, will Margit Hörstrup weitermachen und fotografieren.

Die Norderstedter Zeitung wird sie dabei unterstützen. Im kommenden Jahr wird die Redaktion in jedem Monat ein aktuelles Foto aus der Sammlung der Bramstedterin präsentieren. Die Redaktion hofft, dass viele Leser sich für den Kauf einer Fotokarte entscheiden und damit die Spenden für die Stiftung noch einmal erhöhen.

Margit Hörstrup verkauft ihre Karten in Bad Bramstedt im Blumenhaus Biehl und in der Buchhandlung "Hans im Glück" sowie im Landhauscafé in Wasbek bei Neumünster. Sie nimmt Bestellungen telefonisch und per Fax unter 04192/4450 oder per E-Mail an u-hoerstrup@versanet.de entgegen.