Gestern fiel die Entscheidung: 800 Mitarbeiter ziehen an die Niendorfer Straße. Oberbürgermeister Grote freut sich über den Coup.

Norderstedt. Monatelang haben Norderstedt und Hamburg um ein renommiertes Unternehmen gekämpft. Jetzt hat "David" den Wettstreit gegen "Goliath" für sich entschieden: Tesa zieht nach Norderstedt. In drei Jahren sollen die rund 800 Mitarbeiter, die zurzeit in Hamburg beschäftigt sind, in neuen Gebäuden auf einem rund fünf Hektar großen Grundstück an der Niendorfer Straße die Arbeit aufnehmen. Das teilte die Geschäftsleitung des weltweit tätigen Herstellers von selbst klebenden Materialien gestern mit.

"Sie können sich vorstellen, dass die Freude über diese Entscheidung sehr groß ist", sagte Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote, der zusammen mit Wirtschaftsförderer Marc-Mario Bertermann und Jens Seedorff, Chef von wilhelm.tel, intensiv um Tesa geworben hatte. Unter der Hand wird von einem "echten Kracher" gesprochen, schließlich verspricht der Weltkonzern nicht nur einen Imagegewinn für den Wirtschaftstandort Norderstedt. Da die Unternehmenszentrale nach Norderstedt zieht, werden auch kräftig Gewerbesteuern fließen.

"Unser kontinuierliches Wachstum konfrontiert uns schon seit einigen Jahren mit dem Problem stetig zunehmenden Platzmangels, insbesondere in unserem Forschungszentrum. Der historisch gewachsene Standort in Hamburg-Eimsbüttel stößt nun an seine Grenzen", sagte Thomas Schlegel, Vorstandsvorsitzender von Tesa, einer hundertprozentigen Tochter der Beiersdorf AG. Der Aufbau neuer Geschäftsfelder, der mit der Einstellung zusätzlicher Mitarbeiter verbunden ist, verschärfe diese Situation. Das Grundstück gegenüber dem Südportal am südwestlichen Eingang nach Norderstedt biete ausreichend Expansionsmöglichkeiten.

Am neuen Standort könnten zudem Unternehmenszentrale, Forschungs- und Technologiezentrum sowie die Marketingbereiche zusammengelegt werden. "Die eng verzahnte Kooperation dieser Bereiche ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor unseres Geschäftes und stärkt unsere Wettbewerbsfähigkeit", sagte Schlegel, der gestern Mittag die Mitarbeiter über den Umzug informiert hatte.

Der Norderstedter Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr hatte sich schon etwas detaillierter mit den Bauplänen des traditionsreichen Weltkonzerns, bei dem die Zeichen weiter auf Wachstum stehen, befasst. Danach beabsichtigt Tesa, einen bis zu siebengeschossigen Unternehmenskomplex zu bauen. Ist der erste Bauabschnitt beendet, sollen dort rund 1000 Mitarbeiter Platz finden. Langfristig könne die Mitarbeiterzahl auf bis zu 2400 wachsen und Tesa so zum größten Arbeitgeber der Stadt werden.

+++Chemiekonzern Tesa klebt nicht an Hamburg+++

Doch es war nicht nur die Grundstücksgröße, die die Würfel für Norderstedt fallen ließ. Vorstandschef Schlegel nennt als weitere Argumente ein "attraktives, motivierendes Arbeitsumfeld, hohe Gestaltungsfreiheit und eine entsprechend geringe Abhängigkeit von Bau- und Genehmigungsauflagen". Die Fläche könne schnell, ohne aufwendige Genehmigungsverfahren und kostspielige Vorarbeiten wie beispielsweise Bodensanierungen oder die Verlegung von Hochspannungsleitungen bebaut werden. Zugleich könne Tesa am neuen Standort alle technischen Anlagen betreiben, die für die Arbeit nötig seien.

Schließlich spreche auch die gute Verkehrsanbindung für Norderstedt. Das Grundstück liege direkt an der Hamburger Stadtgrenze und in unmittelbarer Nähe des Flughafens. "Das ermöglicht es einerseits allen Mitarbeitern, die neuen Gebäude in angemessener Zeit zu erreichen und bietet andererseits den Reisenden von und zu unseren internationalen Tochtergesellschaften eine extrem kurze Transferzeit zum Flughafen", sagte Schlegel. Für einige Mitarbeiter, die in Quickborn oder Kaltenkirchen wohnen, verkürzt sich der Arbeitsweg sogar.

Die Stadt Norderstedt hatte monatelang alles in die Waagschale geworfen, was die Stadt an Lockangeboten hatte, und ein Gesamtpaket geschnürt, gegen das Hamburg letztlich chancenlos blieb. Obwohl auch der große Nachbar immer wieder nachbesserte, den Konzern unbedingt halten wollte. Neben der Baufläche, der guten Verkehrsanbindung und den niedrigen bürokratischen Hürden haben das leistungsfähige Datennetz von wilhelm.tel und die Aussicht auf Kita-Plätze, Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe und verbesserte Busverbindungen wohl den Ausschlag für Norderstedt gegeben. "Wenn 800 Mitarbeiter in unsere Stadt kommen, untermauert das die Notwendigkeit, am Nordport eine neue Kita zu bauen", sagt Grote. Von einer Kinderbetreuung würden auch andere Unternehmen am Nordport und im Gewerbegebiet Nettelkrögen profitieren. Einkaufsmöglichkeiten sollen an der Ecke Ohechaussee/Nordportbogen geschaffen werden.