Henstedt-Ulzburgs Bürgermeister Dornquast will das Bordell, das bundesweit für Schlagzeilen sorgt, schließen lassen.

NZ-Redakteur Jörg Schlömann schrieb am 6. September 1995:

Freudenhaus im Schatten des Kirchturms der Henstedt-Ulzburger Kreuzkirche, das bundesweit Schlagzeilen machte, beschäftigt weiter die Gemüter in der Großgemeinde: Jetzt wird sich auch die Kreisverwaltung in Bad Segeberg offiziell mit dem Bordell beschäftigen müssen. Bürgermeister Volker Dornquast wird nämlich in seinen Bemühungen, das Etablissement an der Hamburger Straße so schnell wie möglich wieder zu schließen, das Bauamt des Kreises einschalten.

Der Henstedt-Ulzburger Verwaltungschef beruft sich auf einen Erlass des schleswig-holsteinischen Innenministers vom 13. Juni 1979 zu Maßnahmen gegen Prostitution. Darin ist unter anderem über "Dirnenwohnheime" zu lesen: "Sie sind dagegen generell verboten in Kleinsiedlungsgebieten, reinen Wohngebieten, allgemeinen Wohngebieten, Dorfgebieten, Mischgebieten, Gewerbegebieten, Industriegebieten und Sondergebieten, die der Erholung dienen. Bei Missachtung dieser Verbote können die unteren Baubehörden...die Nutzung untersagen."

Laut Dornquast stellt derzeit das Ordnungsamt der Gemeinde alle Fakten, die das Bordell an der Hamburger Straße betreffen, zusammen. Der Verwaltungschef: "Nach unserer Einschätzung stellt das Betreiben eines Bordells an der Hamburger Straße ein bauordnungswidriges Verhalten dar. Laut Bebauungsplan liegt das Freudenhaus in einem Mischgebiet und kann deswegen vom Kreisbauamt geschlossen werden." Allerdings: Bei der Gemeinde Henstedt-Ulzburg ist niemand unter der Adresse Hamburger Straße 109 gemeldet; auch ein Gewerbe in diesem Gebäude ist nicht amtlich angemeldet.

Während Bürgermeister Dornquast und Pastor Andreas Rüß, in dessen Kirchturmschatten das Bordell vor drei Wochen seine Pforten öffnete, weiter für eine Schließung des Etablissements kämpfen, mehren sich die Stimmen, die nichts gegen die Einrichtung haben. So war von Seiten der Polizei zu hören: "Sicherlich ist die unmittelbare Nähe zur Kirche kein glücklicher Standort. Aber generell ist eine solche Einrichtung nicht abzulehnen. Der Besuch eines Bordells ist sicherlich einem eventuellen Sittlichkeitsdelikt vorzuziehen.

Und ein Kripobeamter meinte: "Diese Einrichtungen verschwinden genau so schnell wieder, wie sie entstanden sind. Ich verstehe die ganze Aufregung nicht. Im benachbarten Norderstedt gibt es mindestens fünf solcher Etablissements. Da hat sich nie jemand groß aufgeregt. Lediglich in einem Hochhaus, wo einige Mädchen in verschiedenen Wohnungen dem ältesten Gewerbe der Welt nachgingen, gab es wegen der ständigen Ruhestörung massive Beschwerden". Und: Das Etablissement in Henstedt-Ulzburg liegt in viel zu exponierter Lage, um auf Dauer bestehen zu können."