Die Pläne für ein Restaurant-Neubau sind vom Tisch. Dafür soll der Glas-Kubus mit Café für Musikschüler kommen.

Norderstedt. Die Pläne für eine Erlebnis-Gastronomie auf dem Gelände der Landesgartenschau 2011 sind Makulatur. Stattdessen bringt Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote eine alte Planung wieder ins Spiel: Das Kulturwerk und ein Musikschulanbau mit integrierter Gastronomie. Die neue Mehrheit aus CDU und FDP in der Stadtvertretung hat schon Zustimmung signalisiert. SPD und GALiN hingegen lehnen die Pläne ab.

Mit Begeisterung hatte Oberbürgermeister Grote noch vor ein paar Wochen zusammen mit dem Geschäftsführer der Stadtpark GmbH, Kai Jörg Evers, die Pläne für eine spektakuläre Erlebnis-Gastronomie am Stadtparksee präsentiert. Ein von der Stadt finanzierter, drei Millionen Euro teurer Restaurant-Neubau, betrieben von Christoph Steinbach, dem Wirt des "Alten Reporter", der weitere 1,8 Millionen Euro ausgeben wollte. Jetzt plagen Norderstedts Verwaltungschef rechtliche Zweifel. Grote: "Ist es wirklich die Aufgabe einer Stadt, für drei Millionen Euro einem Investor ein Restaurant zu bauen? Ganz abgesehen von den Kosten ist das vielleicht auch rechtlich nicht okay." Angetreten sei die Stadt, eine Landesgartenschau mit temporärer Zelt-Gastronomie zu realisieren. Auch wenn die Idee einer dauerhaften Gastronomie einen nicht unerheblichen "Charme" hat, sagt Grote.

Mit der alten Musikschul-Lösung glaubt die Verwaltung nun den passenden Kompromiss gefunden zu haben. Ein Glas-Kubus als Anbau zum Kulturwerk, in den oberen Stockwerken soll die Musikschule unterkommen, im Erdgeschoss könnte Platz für ein Restaurant oder Café mit 120 Plätzen sein, davor 200 Außenplätze und ein "Beach-Club"-Bereich mit Sichtachse auf den Stadtparksee - insgesamt nicht halb so viel Plätze, wie im "großen Wurf" von der Erlebnis-Gastronomie. Die Stadt möchte lediglich die Räume zur Verfügung stellen, ein Investor müsste sich um die Einrichtung der Gastronomie kümmern.

Die Frage ist, ob die neue Planung ein rein inhaltlicher Kurswechsel ist oder in Zusammenhang mit den drastischen Einbrüchen bei den Gewerbesteuereinnahmen steht. Gerade hat die Verwaltung im Hauptausschuss die neuen Zahlen präsentiert. Ursprünglich war die Stadt 2009 von Einnahmen in Höhe von 57 Millionen Euro ausgegangen. Die letzte Schätzung von Mai geht allerdings nur noch von 36 Millionen Euro aus. Grote relativiert den Einbruch im Mai: "Derzeit müssen wir einige Gewerbesteuer-Vorauszahlungen der Betriebe aus 2008 zurückzahlen." Die Stadt hat ihre Erwartung für 2009 aber insgesamt auf 47 Millionen Euro korrigiert.

Gefährdet die immer schlechter werdende Einnahmesituation der Stadt am Ende die gesamte Planung mit der Musikschule, eventuell sogar des Kulturwerks? Grote zerstreut diese Zweifel: "Wir haben in den fetten Jahren eine Rücklage von 19 Millionen Euro aufgebaut. In unserem dritten Nachtragshaushalt ist es uns gerade gelungen, die Einbrüche bei der Gewerbesteuer damit zu kompensieren. Wir sind im Vergleich zu anderen Kommunen im Land sehr stark." Sämtliche Großprojekte, ob Kulturwerk (inklusive Musikschul-Lösung) oder Ausbau des Knotens Ochsenzoll, seien durchfinanziert.

Die Planung "abzuspecken", sprich auf eine Musikschule oder eine Gastronomie ganz zu verzichten, dass sei eine Frage des politischen Willensbildungsprozesses, so Grote. "Die Einstellung solcher Projekte halte ich aber für das völlig falsche Signal an die Wirtschaft. Wir müssen antizyklisch investieren - gerade in diesen Zeiten. Unsere Aufträge an die Wirtschaft sorgen für Arbeitsplätze und Steuereinnahmen."

Dass die Musikschulplanung nun plötzlich wieder auf den Tisch kommt, ist sicher auch den veränderten politischen Verhältnissen in der Stadtvertretung geschuldet. Es war immer das erklärte Ziel der bürgerlichen Fraktionen, die Musikschule in dem Neubau am See unterzubringen. Der "Vorschlag" von Grote ist für CDU und FDP also eine Steilvorlage. "Die Rücklage ist aufgebraucht. Die Stadt könnte die drei Millionen für die Erlebnis-Gastronomie nur über eine Neuverschuldung finanzieren. Und das lehnen wir ab", sagt CDU-Fraktionschef Günther Nicolai. Es sei ohnehin schwierig für einen Gastronomen, das Geld für Pacht und Kredit zu erwirtschaften. "Da müssten schon jeden Tag mindestens 150 Gäste kommen, und jeder müsste für 15 Euro essen und trinken. Im Sommer mag das ja klappen, aber im Winter?", sagt Nicolai. Die FDP hatte sich immer für den Bau der Musikschule am Kulturzentrum ausgesprochen und sieht sich nun bestätigt.

SPD-Fraktionschef Johannes Paustenbach sieht den Vorschlag "zurückhaltend bis ablehnend". Die Position der SPD sei unverändert. Die Musikschule soll in den Räumen an der Dunantstraße unterkommen. Von einer Musikschule am See hält die SPD nichts. "Uns wurde die neue Planung bisher noch nicht einmal vorgestellt", sagt Paustenbach. Angesichts der Entwicklung der Steuereinnahmen hält er die Finanzierung des Projekts für "wackelig".

Ähnlich sieht das Anette Reinders von der GALiN: "Wir haben jetzt die gesamte Rücklage verfrühstückt. Und der aus meiner Sicht potthässliche Musikschulneubau passt nicht zum Potenbergwerk."