Ende Juni soll das ortsprägende Anwesen verschwunden sein. In der Gemeindevertretung gibt es keine Mehrheit für den Kauf des Traditionshauses.

Tangstedt. Der "Wilstedter Mühle" droht der Abriss. Zwar lag dem Besitzer des 1896 erbauten Traditionshauses mitten in Tangstedts Ortsteil Wilstedt nach eigenen Angaben am Freitag noch keine Abrissgenehmigung vor, doch erwartet Horst Ahrens diese Genehmigung "jeden Tag". Geschlossen ist die "Wilstedter Mühle" seit 1. April. Ab morgen, 14 Uhr, wird das Inventar versteigert, heute und jeweils drei Stunden vor den Versteigerungen kann es von 14 bis 18 Uhr besichtigt werden.

"Ich habe Tangstedts Bürgermeister das Haus zum Kauf angeboten. Er wollte auch, aber die Gemeindevertreter offenbar nicht", sagt Horst Ahrens, dessen Sohn Henning Ahrens ebenfalls in der Gastronomie lernte. Er müsse jetzt handeln, da die Versicherung für das Gebäude Ende Juni auslaufe, und somit bliebe ihm nur noch der Abriss.

"Uns wird immer eine Demontage Wilstedts vorgeworfen. Doch wir haben sogar überlegt, ob wir für den Erwerb der 'Wilstedter Mühle' das Tangstedter Rathaus verkaufen", sagt Tangstedts ehrenamtlicher Bürgermeister Hans-Detlef Taube. "Die Gemeinde hat ein Wertgutachten in Auftrag gegeben, und wir wollten das Gebäude Mitte Juni mit einem Gutachter begehen", sagt Taube. Doch Ahrens habe den Termin kurzfristig abgesagt. "Ich weiß nicht, warum Herr Ahrens plötzlich vorgeprescht ist", sagt Taube.

Mehrheitlich seien die Mitglieder der Gemeindevertretung jedoch ohnehin der Meinung gewesen, dass es ein finanzielles Abenteuer sei, die "Wilstedter Mühle" zu übernehmen. Auch würde man für einen Verkauf des Tangstedter Rathauses nicht genügend Erlös erzielen. Derzeit sind im Rathaus neben vermieteten Räumen ein Kindergarten, die Volkshochschule, Bücherei und Archiv untergebracht. Das Gutachten über die "Wilstedter Mühle" hat die Gemeinde wieder gestoppt.

"Die 'Wilstedter Mühle' ist stark renovierungsbedürftig, wir müssten mehr als 500 000 Euro investieren", sagt Taube. Das Gebäude bestehe aus dünnen, aus Bauschutt gemauerten Wänden. "Damals kostete ein Liter Öl zehn Pfennig", sagt Taube und verweist auf hohe Kosten bei der notwendigen energetischen Sanierung. "Wir müssten die Räumlichkeiten vollkommen umbauen, Internet müsste gelegt werden, und bei den hohen Unterhaltungskosten wäre das Haus ein stetes Minusgeschäft", sagt Taube. "Wir hätten eine Immobilie gehabt, die wir nicht vernünftig betreiben können", so Taube. "Es ist jammerschade, dass die 'Wilstedter Mühle' abgerissen wird", sagt Tangstedts Bürgermeister.

"Man hätte eine Erhaltungssatzung für die 'Wilstedter Mühle' in der Gemeindevertretung verabschieden können, dann dürfte der Besitzer das Gebäude nicht abreißen", sagt hingegen Jörn John, stellvertretender Vorsitzender des SPD-Ortsvereins. Die baurechtliche Satzung schützt unter anderem Gebäude vor dem Abriss, die einer Kommune ein prägendes Gesicht geben. "Ich habe auch den Leiter des Denkmalschutz-Amtes in der Stormarner Kreisverwaltung einen Hinweis gegeben", sagt John. Er habe aber "nie wieder etwas gehört und konnte aus Zeitgründen auch nicht nachhaken". Zudem sei in keiner Fraktion eine Mehrheit für den Erhalt der "Wilstedter Mühle" auszumachen.

"Es stimmt einfach nicht, dass Herr Ahrens keine Kaufinteressenten hatte", sagt Raymund Haesler, SPD-Fraktionsvorsitzender und zweiter stellvertretender Bürgermeister. Ihm würde sogar ein entsprechendes Schreiben eines Interessenten vorliegen. Noch im Januar hätte Ahrens Kaufinteressenten gesagt, dass die "Wilstedter Mühle" nicht zum Verkauf stehe.

"Herr Ahrens hat potenziellen Käufern keine Chance gegeben. Er wollte, dass die Gemeinde das Gebäude kauft", sagt Haesler. Doch als die Gespräche beginnen sollten, habe Ahrens abgeblockt. Jetzt würde er der Gemeinde den Schwarzen Peter für den Abriss zuschieben. "Die gesamte Gemeinde verliert eine zentrale Kulturstätte. Dabei brauchen wir dringend ein Bürgerhaus", sagt Haesler.

Die "Wilstedter Mühle" verfügt auch über einen großen Ballsaal und eine große Bühne. Viele Vereine, darunter die "Plattdüütsche Bühn' Tangstedt" und das Tangstedter Ortskabarett, suchen dringend neue Aufführungsmöglichkeiten.