Bauklötzchen spielen, Strohsterne basteln, Kuchen essen und Ringelreihen tanzen. Wer in einem Kindergarten oder einem Jugendprojekt arbeitet, der muss sich diese Klischees gefallen lassen, der muss damit leben, nicht ernst genommen zu werden.

Norderstedt

Harte Arbeit ist anders. Denken zumindest viele von jenen, die herkömmlichen Jobs auf der Straße, im Büro oder in der Fabrik nachgehen.

Machen wir doch mal einen Ausflug in den Alltag von Norderstedter Erziehern und Jugendarbeitern: Marcel von Cleef (34), Erzieher aus der Kita Storchengang in Norderstedt, hat gerade die siebte Halsentzündung hinter sich. Die Kinder schleppen laufend Viren an, weil die Eltern sie trotz Krankheit in die Kita geben, aus Angst vor ihrem Arbeitgeber. Der Krankenstand lüftet die Personaldecke der Kita. Unterbesetzung als Dauerzustand. "Zwei Tage kommst du alleine mit 15 Kindern in der Gruppe zu Recht. Aber nach zwei Wochen wird's schwierig", sagt van Cleef. Der ständige Lärm, das dauernde "Marcel, Marcel, Marcel!" aus Dutzenden Kinderkehlen. "Du musst aber nett bleiben, kannst Kinder nicht einfach abstellen. Doch der Lärm, der macht was mit dir. Es ist wie auf einer Baustelle - ohne Ohrenschützer", sagt van Cleef. Psychosomatische Erkrankungen, Nervenzusammenbrüche sind üblich. Van Cleef: "Du bist oft völlig am Boden, musst aber immer weiter."

Monika Guntermann (47) kümmert sich um Jugendliche auf dem Abenteuerspielplatz Norderstedt. "Hier sind kaum Spaßmuttis, sondern viele Kinder aus schwierigen Familien. Manchmal ist das Hardcore, ein Knüppeljob." Die heutige Gesellschaft erwarte, dass die Erzieher alle zivilisatorischen Wunden heilen, sich um wirklich alles kümmern, was Eltern vermasseln. Guntermann: "Aber für Fortbildung gibt es dann kein Geld. Und von außen nur Vorurteile nach dem Motto: So gut wie du möchte ich es auch mal haben."

Sabine Müller (55) macht den Job nicht erst seit gestern. Die Erzieherin aus der Krippengruppe der Kita Storchengang: "Der Job macht zwar Spaß. Aber wer will schon den ganzen Tag Spaß haben. Nach sechs Stunden bin ich durch." Aufhören kann sie aber erst nach acht. Weil sie sonst als alleinerziehende Mutter nicht über die Runden kommt. Müller: "Manchmal denke ich: Wie soll ich das bis zur Rente noch durchhalten." Das geht nicht ohne Luftholen zwischendurch, ohne die Unterstützung des Arbeitgebers, der Raum und Geld gibt für autogenes Training, für Ruhezonen. Muss es aber, denn Geld ist für kaum etwas davon da.

"Die Stadt reagiert immer erst, wenn der Kessel zu platzen droht", sagt Marion Junker, Jugendarbeiterin und Ver.di-Sprecherin. "Löbliche" Management-Schulungen für Kita-Leitungen gab es zum Beispiel erst, als Kolleginnen vor dem Nervenzusammenbruch waren und völlig überfordert aufgeben wollten, sagt Junker. "Es geht darum, für die seelische und nervliche Überlastung der Mitarbeiter vorzusorgen - unbürokratisch, ohne langwierige Antragsstellung."

Junker kritisiert die Praxis des Arbeitgebers, vermehrt Teilzeitkräfte einzustellen, weil ihn das auf lange Sicht günstiger käme. Erzieherin Behare Akifi (28) vom Hort an der Niendorfer Straße ist so eine Teilzeitkraft. "Du machst fünf Jahre Ausbildung, engagierst dich voll und bekommst weniger Geld als alle anderen. Motivierend ist das nicht."

Warum arbeitet - bei diesem Umfeld - überhaupt noch jemand in der Kita oder in der Jugendarbeit? "Weil es der schönst Job ist, den ich mir vorstellen kann", sagt Marcel van Cleef. "Ich kann eigene Stärken ausleben, mich jeden Tag durch die Kinder neu entdecken. Und es ist so schön, wenn sie morgens alle meinen Namen rufen."