Erschreckendes Ergebnis: Bei mehr als 1000 Testkäufen bekam jeder zweite Minderjährige Schnaps und Bier.

Massiv wie kein anderes Bundesland kontrolliert Niedersachsen seit dem vergangenen Jahr mit jugendlichen Testkäufern, ob Kioske, Tankstellen und Supermärkte Kindern und Jugendlichen Alkohol verkaufen. Und weil bei über 1000 Kontrollen in beinahe jedem zweiten Fall Bier und auch Schnaps an die Testkäufer abgegeben wurden, will Innenminister Uwe Schünemann (CDU) jetzt eine härtere Gangart einschlagen: "Die Phase der Nachsicht ist vorbei."

Anders als in der Vergangenheit soll es jetzt in jedem Fall ein Bußgeld und keine Ermahnungen mehr geben. Bei hartnäckigen Wiederholungstätern empfiehlt der Minister den zuständigen Kommunen sogar, einen Entzug der Gewerbeerlaubnis zu prüfen - das liefe dann auf eine Schließung des jeweiligen Geschäfts hinaus. Die Kommunen forderte Schünemann auf, den Kontrolldruck noch zu erhöhen: "Wir müssen den unverminderten Trend zum exzessiven Alkoholkonsum stoppen."

Niedersachsen hatte im vergangenen Jahr als erstes Bundesland auf den Vorschlag von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) reagiert und flächendeckende Testkäufe eingeführt. Die Polizei tut dies mit jugendlichen Polizeianwärtern, aber inzwischen haben auch Kommunen und Kreise ähnliche Verfahrensweisen entwickelt. "Erschreckend" aus der Sicht von Minister Schünemann ist vor allem, dass trotz der öffentlichen Ankündigung solcher Kontrollen immer noch fast die Hälfte der kontrollierten Läden, Kioske und Tankstellen Alkohol ohne Rückfragen nach dem Personalausweis und dem Alter abgibt, sogar bei Wiederholungskäufen die Quote kaum sank. Ärgerlich aus der Sicht des Ministers: Es gab auch Fälle, bei denen jugendliche Käufer abgewiesen wurden, aber sich anschließend Erwachsene fanden, die für sie Schnaps kauften. Auch das sei, so warnt Schünemann, eine Ordnungswidrigkeit und möglicherweise auch eine Straftat.

Die Testkäufe werden ergänzt durch landesweite verschärfte Polizeikontrollen. Binnen Jahresfrist wurden über 41 000 Minderjährige überprüft, rund 15 000 von ihnen standen unter Alkoholeinfluss, darunter allein über 500 Kinder bis zum Alter von 13 Jahren. Rund 2300 Minderjährige wurden von der Polizei nach Hause gebracht, auf Anordnung des Ministeriums werden dafür immer häufiger die Kosten von pauschal 65 Euro in Rechnung gestellt. Weitere 2700 Minderjährige ließ die Polizei von den Erziehungsberechtigten auf der Wache abholen. In rund 2600 Fällen wurden zudem die Jugendämter informiert, und in über 600 Fällen Bußgeldverfahren eingeleitet gegen Wirte und Veranstalter sowie Erziehungsberechtigte, die nicht gegen den Alkoholkonsum einschritten.