40 betroffene Schüler sollen ihre Schulen verlassen. Die Verhandlungen mit Kiel zum Gastschulabkommen laufen.

Hamburg/Kiel. Petra Peters hofft auf eine menschliche Lösung für ihren Sohn Jeremy. Der 16-Jährige, der die 10. Klasse des Gymnasiums Lohbrügge besucht, soll dieses im Sommer verlassen und in Schleswig-Holstein zur Schule gehen. So will es die Politik.

Mindestens 40 Schüler aus dem Nachbar-Bundesland, die in Hamburg zur Schule gehen, müssen ihr Gymnasium oder ihre Gesamtschule nach der 10. Klasse verlassen. So sieht es das Interimsabkommen zwischen den beiden Nordländern vor, nachdem Hamburg das Gastschulabkommen im vergangenen gekündigt hatte. Neue Schüler dürfen nur in Ausnahmefällen aufgenommen werden.

Nach dem Abkommen dürfen 200 Schüler aus Barsbüttel an Hamburger Gymnasien pauken, Förderzentren, Privatschulen und bestimmte Berufsschulen in Hamburg besuchen. Schüler aus Barsbüttel müssten sonst zu einem Gymnasium in Schleswig-Holstein deutlich weiter fahren. Für Förder-, Privat- und Berufsschüler gibt es im Norden keine entsprechenden Angebote.

"Die Hamburger Schulbehörde hat Jeremy damals als Härtefall anerkannt, weil ihn seine Oma in Bergedorf nach der Schule betreut hat", sagt Petra Peters. "Niemand hat uns damals gesagt, dass er dort nicht sein Abitur machen kann." Sie fordert, dass diese Abschulung nicht umgesetzt wird. Unterstützung kommt von der Hamburger SPD: "Wir haben einen Antrag gestellt, dass dieses Abschulen ausgesetzt wird", sagte der SPD-Schulexperte Ties Rabe.

Die Verhandlungen über das neue Gastschulabkommen, das zum Jahreswechsel in Kraft treten soll, haben in dieser Woche begonnen. Nach Angaben des Kieler Schulministeriums gab es in Kiel ein erstes Gespräch zwischen dem Hamburger Bildungsstaatsrat Ulrich Vieluf und seinem Kieler Kollegen Eckhard Zirkmann. In den nächsten zwei Wochen soll es eine weitere Runde geben. Mit einem schnellen Abschluss ist nicht zu rechnen.

Immerhin haben sich Zirkmann und Vieluf bereit erklärt, auf Einladung des Bergedorfer Bezirksamtsleiters Christoph Krupp sowie der Bürgermeister von Reinbek und Wentorf am 29. Juni an einer Podiumsdiskussion teilzunehmen. "Wir haben ein ernstes Problem in dieser Region", sagte Krupp, "wir sollten versuchen, dass die Landesgrenzen für die Bürger nicht spürbar sind. Die Bürger messen Politik und Verwaltung daran, dass diese in der Lage sind, für sie gute Lösungen zu finden", so der Bezirksamtsleiter.

Der Kern des Streits: Schleswig-Holstein und Hamburg hatten im Gastschulabkommen 2004 vereinbart, dass jedes Land seine eigenen Kinder beschult und Gastschüler nur in Härtefällen aufnimmt. Gleichwohl ist die Zahl der Gastschüler an den öffentlichen Schulen in Hamburg in den vergangenen Jahren um etwa 35 Prozent gestiegen. Hamburg habe sich nicht an die Vereinbarung aus 2004 gehalten und fordere nun von Schleswig-Holstein höhere Ausgleichszahlungen, sagte Schulminister Ekkehard Klug (FDP) im Landtag. "Wenn man dieser Logik folgt, würde ein vertragswidriger Zustand zur Grundlage erklärt."

Nach Angaben der Hamburger Schulbehörde gibt es 6226 Schüler aus Schleswig-Holstein, die eine Schule in der Hansestadt besuchen, aber nur 1001 Hamburger, die nördlich der Stadtgrenzen zur Schule gehen. Kiel zahlt dafür 8,5 Millionen Euro an Hamburg, das mehr als 30 Millionen Euro fordert.

Bei einem Wechsel entscheidet die Schulleitung, in welche Klasse oder Jahrgangsstufe der Schüler aus Hamburg kommt. "Es gibt keinen Automatismus", sagte Thomas Schunck, Sprecher des Kieler Bildungsministeriums. Das gelte auch für Schüler, die nach der zehnten Klasse von einem Hamburger G8-Gymnasium in ein schleswig-holsteinisches G9-Gymnasium wechseln. Sie können je Leistungsvermögen in Klasse elf oder zwölf weiterlernen.