Nicht überall werden so wie in Hamburg neue Sparpakete aufgelegt - Schleswig-Holstein wartet bis zum nächsten Jahr.

Kiel/Hannover. Mindereinnahmen in Milliardenhöhe und steigende Sozialausgaben - mit diesem Problem haben alle norddeutschen Bundesländer zu kämpfen. Während Hamburg darauf mit einem Kürzungspaket in Milliardenhöhe reagiert hat, geht man in Kiel, Hannover, Schwerin und Bremen zum Teil andere Wege. Ein Überblick:

Niedersachsen

Erklärte Devise der niedersächsischen CDU-FDP-Landesregierung: In der Krise wird nicht gespart, weil dies die wirtschaftliche Negativentwicklung nur verstärken würde. Also macht das Land in den Jahren 2009 und 2010 je 2,3 Milliarden Euro Schulden. Die im Mai verhängte Haushaltssperre ist aufgehoben, es werden also auch wieder Beamte und Angestellte auch außerhalb der Bereiche Schule und Polizei eingestellt. 2010 sollte das Land eigentlich ohne neue Schulden auskommen, dieses Ziel ist jetzt verschoben auf die Mitte des nächsten Jahrzehnts. Absehbar aber ist, dass die Landesregierung nicht alle Versprechen einlösen kann. Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) hat bereits die Beitragsfreiheit der beiden ersten Kindergartenjahre infrage gestellt.

Niedersächsische Besonderheit: Die tatsächlichen Einnahmen liegen derzeit deutlich über den Prognosen der Steuerschätzer, Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) führt dies auf die gute Lage bei Volkswagen und die starke Norddeutsche Landesbank zurück. Niedersachsen wird zumindest kurzfristig erstmals zum Geberland im Finanzausgleich.

Schleswig-Holstein

Die schwarz-gelbe Regierung in Kiel will trotz des Rekordeinbruchs bei den Steuereinnahmen frühestens Mitte 2010 ein Sparprogramm vorlegen. Kernpunkt soll der Personalabbau sein. Bis 2020 soll jede zehnte der 56 000 Stellen im Landesdienst wegfallen. Die Regierung will zudem bei Vereinen und Verbänden sparen und nicht mehr alle Hilfsprogramme des Bundes und der EU mitfinanzieren.

Die absehbar größte Sparaktion in der Geschichte Schleswig-Holsteins ist nötig, weil das Land bis 2013 rund vier Milliarden Euro Steuern weniger einnehmen wird als ursprünglich erwartet - und die Nettokreditaufnahme bis 2020 schrittweise auf null reduziert werden muss. Der erste Schritt soll mit dem Doppelhaushalt 2011/12 erfolgen. Im laufenden Jahr muss sich die Regierung bei einem Gesamtetat von gut neun Milliarden Euro mehr als 1,1 Milliarden bei den Banken pumpen, im nächsten Jahr sogar knapp 1,6 Milliarden. Folge: Die Schulden des Landes (2,8 Millionen Einwohner) steigen auf 24,6 Milliarden Euro.

Mecklenburg-Vorpommern

Als einziges Küstenland schreibt Mecklenburg-Vorpommern schwarze Zahlen. Der Doppelhaushalt für 2010/11, den die Große Koalition in Schwerin vorgelegt hat, kommt ohne Kredite aus. Die Steuerausfälle werden aus einer Rücklage (400 Millionen Euro) ausgeglichen, die das Land in den Boomjahren angelegt hat. Neue Sparmaßnahmen sind nicht geplant. Der Personalabbau soll allerdings forciert werden. Seit 2004 wurden bereits 8500 der einst gut 40 000 Landesjobs abgebaut. Bis 2020 sollen weitere 3000 Stellen wegfallen. Das Land sparte zudem bei seinen Leistungen. So wurde das Blindengeld gekürzt.

Die gute Haushaltslage in Schwerin erklärt sich auch aus dem Solidarpakt. Das Land (rund sieben Milliarden Euro Gesamtetat) erhält etwa eine Milliarde Euro "Soli". Hinzu kommen wie in Westländern Bundesergänzungszuweisungen und Einnahmen aus dem Länderfinanzausgleich. Dank dieser Unterstützung konnte Mecklenburg-Vorpommern (1,6 Millionen Einwohner) in den vergangenen Jahren sogar Kredite (340 Millionen Euro) zurückzahlen und seine Schulden auf 10,6 Milliarden Euro senken.

Bremen

Die grüne Finanzsenatorin Karoline Linnert läuft derzeit Sturm gegen alle Steuersenkungspläne der Bundesregierung, Bremen wird das mit über 38 Millionen Euro Mindereinnahmen treffen. Im laufenden Jahr bleiben die Einnahmen laut Steuerschätzung um rund 150 Millionen Euro hinter den Erwartungen zurück, im kommenden Jahr sogar um 342 Millionen Euro. Damit wird Bremen 2010 rund 940 Millionen Euro Schulden machen - das ist Negativrekord in der Geschichte des ohnehin pro Einwohner höchstverschuldeten Bundeslandes. Bei Gesamtausgaben von etwas über vier Milliarden Euro muss beinahe jeder vierte Euro geliehen werden. Gespart wird nach Auskunft einer Sprecherin der Finanzsenatorin bei konsumtiven Ausgaben, aber auch Bremen macht bei den Konjunkturprogrammen mit. Der einzige Hoffnungsschimmer für Bremen sind die Konsolidierungshilfen von Bund und Ländern, die von 2011 bis 2019 jährlich 300 Millionen Euro in die Kassen spülen. Gezahlt wird, weil auch Bremen ab 2020 das Neuverschuldungsgebot einhalten muss. Für den Steuerzahlerbund sind diese Gelder "Bremens letzte Chance, um der Schuldenfalle noch zu entgehen".