Die genaue Ursache des tragischen Unglücks ist noch immer nicht geklärt. Möglicherweise gab es eine falsche Windvorhersage.

Hamburg/Westerland. Nach dem dramatischen Bahnunfall auf dem Hindenburgdamm zwischen Westerland (Sylt) und Niebüll, bei dem ein Lastwagen vom Autozug Sylt-Shuttle gefallen war und der 32 Jahre alte Fahrer ums Leben kam, hat die örtliche Feuerwehr scharfe Kritik an der Deutschen Bahn geübt. 22 Minuten hatten die Retter aus Klinxbüll zur sieben Kilometer entfernten Unfallstelle gebraucht, weil der schmale Notweg neben den Gleisen nur notdürftig ausgebaut ist. "Der Weg ist 30 Grad abschüssig, die blanken Basaltsteine bei Regen rutschig", kritisiert Wehrführer Michael Meyer (42). Seit 1999 fordere die Feuerwehr den Ausbau des Rettungsweges, dazu Wendehammer auf dem Damm und einen Hubschrauberlandeplatz.

Ein Sprecher der Bahn verwies am Freitag jedoch auf eine erst am 29. August erfolgreich absolvierte Rettungsübung am Damm und darauf, dass der Gefahrenabwehrplan des Landes Schleswig-Holstein keinen Ausbau vorsieht. Ob der 32-Jährige, der bei dem Unfall am Donnerstagnachmittag aus der Zugmaschine ins Wasser geschleudert wurde, hätte gerettet werden können, wären die Retter eher am Wagen gewesen, bleibt Vermutung. Mehrfach jedoch hatte der Bundespolizei-Hubschrauber ansetzen müssen, bis er einen Landeplatz auf dem Bahndamm gefunden hatte, beobachtete Helmut Kittlitz (68) aus Hamburg-Volksdorf, ein Augenzeuge des schweren Unfalls. "Wir waren sehr erschrocken, als wir den zertrümmerten Lastwagen sahen." Nur wenige Mitreisende seien bei dem schlechten Wetter aus ihren Wagen gestiegen, niemand hatte versucht zu helfen. "Die Informationen über Lautsprecher an den Waggons waren sehr spärlich, wir wussten lange nicht, was passiert war", sagt der 68-Jährige.

Warum der mit 14 Metern besonders lange 7,5-Tonner samt Anhänger von dem Flachwagen-Waggon fiel, ist noch nicht geklärt. Noch liegt das Wrack neben den Gleisen, kann wegen starker Winde nicht geborgen werden. In der Nacht zu Sonnabend soll die Ladung - für Sylter Baustellen bestimmte Styroporplatten - aus dem Wrack geholt werden. Der Lastwagen, der am Freitag aufgerichtet wurde, soll in der Nacht zu Sonntag mit einem Schienenkran gehoben werden.

Dass der Laster von starken Windböen von dem Bahnwaggon geschoben wurde, wollte die Bundespolizei nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft in Flensburg am Freitag nicht bestätigen. "Wir ermitteln in alle Richtungen", sagte ein Sprecher. Vor 16 Jahren gab es auf dem Hindenburgdamm ein ähnliches Unglück mit zwei Verletzten: Am 16. Juli 1993 wurde ein Kleintransporter samt Anhänger von einem Flachwagen geweht. Heute werden Lastwagen, die ohne Ladung fahren oder deren Ladung weniger als zwei Tonnen wiegt, ab Windstärke 8 bei der Überfahrt mit Spanngurten gesichert. Ob der mit Dämmmaterial beladene und entsprechend leichte Wagen ebenfalls gesichert war, müssen die Ermittlungen klären. Wie das Abendblatt erfuhr, könnte der Fehler bereits bei der Verladung in Niebüll passiert sein. So soll am frühen Nachmittag an der Verladestation Windstille geherrscht haben und nur Windstärke 6 am Damm prognostiziert worden sein, weshalb keiner der leeren Lkw verzurrt wurde, so ein Insider. Wenig später auf dem Hindenburgdamm herrschte Windstärke 9. Möglicherweise war aber auch die Plane des Lastwagens nicht richtig geschlossen, wie beim Unfall vor 13 Jahren.