Das Präventionsprojekt HaLt soll minderjährigen Jugendlichen in Lüneburg die Gefahren des Alkoholmissbrauchs verdeutlichen.

Lüneburg. Abschalten, Spaß haben und Party machen: So lautetet das Wochenend- und Freizeitprogramm vieler Jugendlicher. Alkohol gehört für die meisten dazu. Für einige endet die Party im Krankenhaus. Das Phänomen hat seit einigen Jahren einen Namen: Komasaufen. Und die Patienten werden immer jünger.

Eine Untersuchung der Techniker Krankenkasse hat ergeben, dass im vergangenen Jahr 800 Jugendliche in Niedersachsen zwischen 10 und 19 Jahren wegen Komatrinkens in einer Klinik behandelt wurden. In Lüneburg werden an den Wochenenden regelmäßig bis zu drei Minderjährige mit Alkoholvergiftung eingewiesen, sagt Professor Josef Sonntag, Chefarzt der Kinderklinik. "Meist kommen sie mit dem Rettungswagen bei uns an, den Freunde oder Bekannte gerufen haben, weil sie Angst bekommen haben. Aber es gibt auch Fälle, in denen Jugendliche nicht ansprechbar und hilflos im Park oder an Haltestellen gefunden werden."

Mittlerweile hat die Politik auf das Problem reagiert. Für Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren gibt es nun von Stadt und Landkreis Lüneburg, dem Diakonieverband und dem Klinikum ein Hilfsangebot. Mit dem Projekt HaLt (Hart am Limit), das vor drei Monaten in Lüneburg gestartet ist, soll die Zahl der jungen Rauschtrinker langfristig gesenkt werden. Los geht es direkt am Krankenbett.

Jugendliche, die mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus aufwachen, sollen auf freiwilliger Basis von ausgebildeten Sozialpädagogen gezielt auf die Gefahren von übermäßigem Alkoholkonsum hingewiesen werden. In einem zweiten Schritt werden die Mädchen und Jungen auf Freizeitangebote aufmerksam gemacht, in denen die Jugendlichen lernen sollen, ohne Alkohol Erfahrungen zu sammeln.

+++ Offensive gegen das Koma-Saufen +++

+++ Lasst bloß die Finger vom Alkohol +++

In Niedersachsen gibt es derzeit 23 zertifizierte Einrichtungen, die nach dem HaLt-Konzept arbeiten. Gabriel Siller, Geschäftsführer des Diakonieverbandes und der Drogenberatungsstelle drobs in Lüneburg ist von dem Projekt überzeugt. "Unser Angebot richtet sich an Minderjährige und deren Eltern. Denn sie müssen als Erziehungsberechtigte einverstanden sein mit unserer Arbeit. Außerdem ist es auch aus pädagogischer Sicht wichtig, sie mit ins Boot zu holen."

Für eine Bilanz ist es nach drei Monaten noch zu früh. Aber inzwischen habe sich die Abstimmung zwischen Klinikum und den Sozialarbeitern der drobs eingespielt. Außerdem sei die Resonanz bei den Jugendlichen positiv, sagt Professor Josef Sonntag. "Mehr als 90 Prozent der Jugendlichen stimmten dem Gespräch zu. Und drei Viertel erschienen dann auch zum Termin", sagt Sonntag. Er ist davon überzeugt, dass das Projekt wirkt. "Bei den meisten reicht so ein Warnschuss aus", sagt der 52-jährige Mediziner. Allerdings habe er in Einzelfällen Jugendliche mehrfach behandeln müssen.

Momentan ist die Finanzierung von HaLt bis Ende Juni 2012 gesichert. "Aber ich hoffe, dass es weiterläuft", sagt Gabriel Siller. Auch an anderer Stelle soll weiter gegen den Alkoholmissbrauch Jugendlicher gekämpft werden. Seit 2008 setzt das Land Niedersachsen auf sogenannte Alkoholtestkäufe. Minderjährige sollen in Supermärkten, Tankstellen und Kiosken Verstöße gegen das Jugendschutzgesetzt aufdecken.

Die ersten Ergebnisse waren erschreckend, die Hälfte erhielt harte Spirituosen. Bei insgesamt 68 Testkäufen in Stadt und Landkreis Lüneburg wurden im Dezember des Vorjahres 21 Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz ausgemacht. "In knapp 31 Prozent der Fälle wurden die gesetzlichen Vorgaben nicht erfüllt. Das ist viel zu häufig", sagen Landrat Manfred Nahrstedt (SPD) und Oberbürgermeister Ulrich Mädge (SPD). Diejenigen, die bei den Kontrollen Alkohol an Minderjährige verkauft haben, müssen mit Bußgeldbescheiden bis zu 150 Euro rechnen.

"Häufiger Schwachpunkt war die Ermittlung des Alters an den Kassen. In vielen Fällen wurde zwar an der Kasse ordnungsgemäß nach dem Ausweis gefragt, das Alter der jugendlichen Testkäufer aber schlichtweg falsch berechnet", sagt Wolfram Kallweit, Fachbereichsleiter Ordnung und Umwelt des Landkreises. "In erster Linie dienen solche Maßnahmen der Information der Betreiber. Aber inzwischen haben sich größere Supermärkte besser auf das Thema eingestellt. Denn es ist wichtig Jugendlichen den Zugang zu erschweren", sagt Siller.