Viele Hausbewohner haben die bunten Bilder ins Herz geschlossen. Doch genehmigt sind sie nur für ein Jahr.

Lüneburg. Die Stadt hat ein neues Gesicht. Dutzende bunte Graffiti des Projekts "Artotale" der Leuphana Universität Lüneburg haben es ihr verliehen. Doch was mittel- und langfristig aus den Bildern wird, ist unklar: Die Genehmigungen der Stadt laufen allesamt im nächsten Herbst aus. Ein Graffito hat die Uni derweil bereits wieder entfernen lassen - wegen Unzufriedenheit der Hausverwalter.

Ginge es allein um die Qualität der Farbe, könnten die Bilder für weitaus längere Zeiträume an den Wänden bleiben, als sie genehmigt sind: "Diese sehr teure, hochwertige Farbe hält länger als ein normaler Anstrich", sagt Holm Keller, Vize-Präsident der Leuphana. Nach seinen Angaben sind "alle bis auf einen Hausbesitzer selig" mit ihren neu gestalteten Fassaden.

Norbert Roisch zum Beispiel schätzt "sein" Graffito so sehr, dass er es am liebsten für immer behalten würde: "Ich möchte das Bild so lange auf der Wand lassen, wie es irgendwie geht", sagt der Besitzer des Hauses an der Wandfärberstraße 3.

Als er angesprochen wurde, habe er spontan zugesagt, erinnert sich Roisch. "In meinem Beruf habe ich die Erfahrung gemacht, dass Fassaden nicht mehr besprüht werden, wenn man den Sprayern Flächen zur Verfügung stellt", nennt er eine damalige Motivation. Seine Frau und er finden das Bild auf der zuvor öden grauen Fassade "hervorragend", auch die Mieter würden es zum größten Teil begrüßen - auch wenn sie davon überrascht wurden: Roisch hatte sie vorher nicht informiert. "Ich konnte sie auch gar nicht mit einbeziehen, weil ich nicht wusste, welche Art von Kunstwerk kommen wird."

Jetzt will Roisch sein Bild am liebsten nie wieder hergeben. Nur wenn es eines Tages unansehnlich würde oder er Vorgaben von der Stadt bekäme, würde er "die Fassade mit einer Wärmedämmung verkleiden und sie anschließend in einer mit der Stadt abgesprochenen Farbe überstreichen", sagt der Hausbesitzer. Das Graffito würde unter der Wärmedämmung die Zeiten überdauern und vielleicht eines Tages von nachfolgenden Generationen entdeckt werden - eine Vorstellung, die Norbert Roisch gefällt.

Auch Marco Rothe, Inhaber des Hauses an der Salzstraße 13, würde seinen neuen Wandschmuck "gern hängen lassen". Er findet das Graffito "super" und hofft, dass andere Sprayer es verschonen werden. Bislang musste der Hauseigentümer jährlich bis zu 500 Euro für die Entfernung von Schmierereien bezahlen - eine Sache, die ihn "nervt".

Jürgen Grove wohnt im Nachbarhaus des Rotenbleicher Wegs 2a und guckt vom Küchenfenster aus auf einen überdimensionalen Hamburger. Der gefällt ihm so gut, dass er ihn fotografiert und auf seinem Computer zum Bildschirmhintergrund gemacht hat. Die Fassade sei "viel schöner als vorher", sagt Grove.

Anders denkt Viola Müller von der Bernd Müller GmbH über das Graffito, das auf dem leer stehenden Supermarkt-Gebäude nahe dem Uni-Campus entstanden ist. "Es sah aus, als wäre es nicht fertig geworden, der Regen hatte die Farbe die Wand hinunterlaufen lassen", beklagt sie. Viola Müller meldete ihre Kritik bei der Uni. Von dort habe sie erst tagelang keine Antwort bekommen, dann entfernte die Uni das Graffito aber wieder. Zu sehen ist es jetzt nur noch im Internet. http://www.leuphana.de/artotale/urbanart/kuenstler/liste/jay_one_ramier.html