Richter fordern den Landkreis auf, die Dienstleistung europaweit neu auszuschreiben.

Lüneburg. Die blaue Tonne für Altpapier droht für Stadt und Landkreis Lüneburg ein Millionengrab zu werden. Die Vergabekammer des Oberlandesgerichtes Celle (OLG) hat mit einem Urteil am Donnerstag die bisherige Abfuhrpraxis für Altpapier im Landkreis kassiert.

Seit Frühjahr 2008 holt die Gesellschaft für Abfallwirtschaft (GfA), an der Stadt und Kreis jeweils mit 50 Prozent beteiligt sind, den Großteil der blauen Tonnen im Kreisgebiet zur Entsorgung ab. Einen geringen Anteil der Gefäße fährt GfA-Konkurrent Remondis ab. Das private Unternehmen hatte gegen den Landkreis Lüneburg geklagt, der die Dienstleistung an die GfA vergeben hatte. Remondis bekam Recht. "Der Antragsgegner wird verpflichtet, die Entsorgungsdienstleistung der Sammlung von Altpapier aus privaten Haushalten in Form der blauen Tonne in seinem Gebiet nicht ohne ein rechtmäßiges europaweites Vergabeverfahren zu vergeben. Diesbezüglich bereits abgeschlossene Entsorgungsverträge sind nichtig", so die Kammer.

Der Landkreis hatte die Abfuhr an die GfA ohne öffentliche Ausschreibung der Leistung vergeben, weil er an der Abfallgesellschaft selbst beteiligt ist, sie somit als einen Eigenbetrieb ansieht. Landrat Manfred Nahrstedt (SPD) kommentiert den Richterspruch mit den Worten: "Es hat uns überrascht, zumal uns die Vergabekammer in erster Instanz Recht gegeben hatte. Wir halten den Beschluss für falsch. Die Bürger können aber sicher sein, dass das Altpapier weiter abgeholt wird. Wir werden den Beschluss umsetzen und kurzfristig eine rechtssichere Lösung finden."

Allerdings gibt es bis dahin keine Rechtssicherheit für die Abfuhr. Zudem stellt sich die Frage, welche finanziellen Folgen auf den Landkreis und damit die Bürger als Gebührenzahler zukommen, sollte bei einer europaweiten Ausschreibung die GfA nicht den Zuschlag erhalten.

Immerhin kostete es die GfA schon fast eine Million Euro, die blauen Tonnen zu beschaffen und sie flächendeckend in den Haushalten aufzustellen. Überdies wurde das GfA-Budget auch durch Werbung für die blaue Tonne und Anwaltskosten, die durch Gerichtsverfahren mit dem Konkurrenten Remondis angefallen waren, arg belastet. So stark, dass dies zur finanziellen Schieflage der GfA neben den einbrechenden Erlösen für den Verkauf des Altpapiers beigetragen hatte, die nun - wie berichtet - durch eine durchschnittlich 33-prozentige Erhöhung der Gebühren für die Müllabfuhr im Landkreis abgefangen werden soll.

Kritische Stimmen werden bereits laut. Während der Lüneburger Stadtratssitzung erkundigte sich Ratsherr Peter Luths bei Oberbürgermeister Ulrich Mädge (SPD), ob ihm das Urteil aus Celle bekannt sei. Mädge verneinte und wies darauf hin, dass das Thema des Kreises sei. Luths ärgert sich über Äußerungen Mädges, die GfA würde zur Gebührenerhöhung gezwungen, wenn die Bundesregierung kommunale Abfallentsorger künftig wie private Unternehmen besteuert. Luths: "Gebührenerhöhungen drohen ohnehin. Die Fakten sind falsch, die GfA ist eine GmbH und zahlt ohnehin schon Umsatzsteuer."