Patenschaften und Spenden machen es bedürftigen Lüneburgern möglich, sich an der VHS zu qualifizieren.

Lüneburg. Zu ihrem 90-jährigen Bestehen am heutigen Tage startet die Volkshochschule Lüneburg (VHS) ein ganz spezielles Förderprojekt. VHS-Leiter Gerhard Cassens erklärt: "Mit dem Bildungsfond wollen wir signalisieren: Mittellosigkeit bedeutet keinen Verzicht auf Bildung. Wir finden für jeden eine Lösung."

Mittels Patenschaften und Spenden sollen Fortbildungen, Schulabschlüsse und Seminare auch Lüneburgern mit knappen finanziellen Ressourcen zur Verfügung stehen. "Ein formloser, mündlicher Antrag reicht aus", so Cassens weiter. Das Kuratorium, bestehend aus Dr. Christoph Wiesenfeldt, Superintendent i.R. und Winfried Harendza, dem ehemaligen Geschäftsführer der Jugendhilfe, entscheide dann über die Mittelvergabe.

Für Menschen wie Martina Meyer (47) und Heike Oswald (46) wäre eine Teilnahme am VHS-Programm ohne diesen Fond undenkbar. Meyer ist arbeitsunfähig, lebt von der Grundsicherung. Heike Oswald bestreitet ihren Lebensunterhalt mit zwei Minijobs als Reinigungskraft. Beide haben "Probleme mit dem Lesen und Schreiben", wie Meyer es ausdrückt.

"Ich fühlte mich ausgegrenzt von der Gesellschaft. Und ich war wissbegierig, wollte auch mal ein Buch oder eine Zeitung lesen", begründet die Frau mit dem schüchternen Lächeln ihren Entschluss, einen Alphabetisierungskursus der VHS zu besuchen. Ähnlich ist es bei Heike Oswald. "Eigentlich habe ich kaum Kontakt zu anderen Menschen", erklärt sie. Nur ihre Kinder und ihren Mann sehe sie regelmäßig.

Einmal pro Woche fährt Oswald nun aus Volksdorf nach Lüneburg. Und mit dem Lesen klappt es schon ganz gut: "Hier läuft immer alles super. Nur wenn ich anderen etwas vorlesen soll, habe ich oft noch Schwierigkeiten." Ohne finanzielle Unterstützung einer Patin wäre Oswald nicht so weit gekommen. "Ich muss mit 172 Euro im Monat über die Runden kommen, der Kursus wäre einfach zu teuer."

Und genau hier setzt der neue Bildungsfond an. "Stifter haben die Möglichkeit einen Teilnehmer ihrer Wahl direkt mit einer Patenschaft zu fördern oder auf ein spezielles Konto zu spenden und den Bildungsfond allgemein zu unterstützen", erklärt der VHS-Chef das Prinzip. Alles funktioniere ähnlich einer Nachbarschaftshilfe. Denn Begünstigte wie Stifter kämen aus dem regionalen Umfeld. Auch bestehe die Möglichkeit, dass Geldgeber über regelmäßige Berichte den Werdegang "ihres" Schützlings verfolgen.

Nötig geworden sei der Bildungsfond durch zwei Entwicklungen. Cassens: "Seit Anfang der 90er Jahre haben wir zunehmende Teilnehmerzahlen. Gleichzeitig sinken die Zuschüsse." Und so würden die Teilnehmer immer stärker in die finanzielle Pflicht genommen.