Bremervörde/Rotenburg. Der Junge ist autistisch, leicht bekleidet und auf Socken in Waldnähe unterwegs. Polizei: „Die ganze Geschichte ist dramatisch.“

Ist er im Wald? Hat er Schutz gesucht? Lebt er noch? Es müssen schlimme Stunden für die Eltern sein: Mehrere Hundert Einsatzkräfte, Hilfsorganisationen und zahllose Freiwillige suchen seit Montagabend nach einem vermissten sechs Jahre alten Jungen in Bremervörde im Landkreis Rotenburg.

Wie die Polizei am Dienstag mitteilte, ist der Junge, sein Name ist Arian, Autist und reagiert nicht auf Ansprache. Er kann nicht um Hilfe rufen. „Die ganze Geschichte ist dramatisch“, sagte ein Polizeisprecher mit Verweis auf Temperaturen teils unter 0 Grad Celsius in der Nacht auf Dienstag. Der Junge sei aus seinem Zuhause verschwunden – auf Socken und eher leicht bekleidet.

Auf der Suche nach Arian soll das Einsatzgebiet ausgeweitet werden, wie ein Feuerwehrsprecher am Abend sagte. Die betroffene Umgebung werde nach Norden vergrößert. Außerdem hat die Bundeswehr das Gebiet noch am Abend mit einem Tornado-Flugzeug überflogen, um Luftaufnahmen mit einer Wärmebildkamera zu erstellen.

Sechsjähriger Arian aus Bremervörde vermisst

Arian Arnold wurde zuletzt gegen 19.30 Uhr bei sich zu Hause in der Straße Ohfeldring in Elm gesehen. Wie er von dort verschwinden konnte, ist bislang unklar. Arian hat dunkelblonde Haare. Zuletzt war er bekleidet mit einem orangefarbenen, längeren Pullover, einer schwarzen Jogginghose mit Drachenmuster und Socken.

In der Nacht haben Hunderte Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr, DRK nach dem verschwundenen Arian gesucht – bislang ohne Erfolg. Die Polizei setzte Suchhunde und eine Drohne ein, die Feuerwehr suchte mit einem Boot auf der Oste. Die Suche nach Arian wird unvermindert fortgesetzt. Immer mehr Freiwillige beteiligen sich.

Einsatzkräfte laufen über einen Feldweg auf den Wald zu.
Einsatzkräfte laufen über einen Feldweg auf den Wald zu. © dpa | Sina Schuldt

Arian kann sich nicht artikulieren, reagiert nicht, wenn man ihn anspricht. „Das macht die Situation und die Suche nach ihm besonders schwer“, sagte ein Polizeisprecher. „Wir müssen sehr engmaschig suchen, weil wir davon ausgehen müssen, dass er sich von sich aus nicht melden wird.“

Suche mit Hubschrauber, Hunden, Drohnen und einem Sonarboot

Neben Hunderten Kräften von Feuerwehr und Polizei beteiligten sich das Deutsche Rote Kreuz, die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft und zahlreiche Privatpersonen an der Suche. Im Einsatz waren zudem ein Hubschrauber, Flächensuchhunde, Personenspürhunde, Drohnen und ein Sonarboot.

Mehr als dreihundert Einsatzkräfte suchen seit Montagabend im niedersächsischen Bremervörde.
Mehr als dreihundert Einsatzkräfte suchen seit Montagabend im niedersächsischen Bremervörde. © dpa | Sina Schuldt

Minusgrade könnten für einen kleinen Jungen mit leichter Bekleidung vielleicht sogar lebensgefährlich sein, sagt ein Polizei-Sprecher. „Der Junge hat erst vor Kurzem gelernt, wie man verschlossene Türen öffnet“, berichtete der Polizeisprecher weiter. „Das mag der Hintergrund sein.“ Der Vater habe den Ernst der Lage sofort erkannt und die Polizei informiert. Diese leitete direkt Suchmaßnahmen ein. Hunderte Einsatzkräfte durchkämmten das Gebiet rund um das Zuhause des Jungen. In der Nähe liegt ein größeres Waldstück.

Große Anteilnahme und Hilfsbereitschaft in der Nachbarschaft in Bremervörde-Elm

Die Einsatzleitung legte mit Blick auf eine große Lagekarte fest, welche Gebiete in welcher Reihenfolge abgesucht wurden, wie der Sprecher der Stadtfeuerwehr Bremervörde, Bastian Kynast, berichtete. „Um sicherzustellen, damit wirklich jeder Fleck durchsucht wird“, erklärte er. Der Fall gehe ihm nahe. „Natürlich muss man professionell bleiben, aber das ist schon gewaltig“, sagte Kynast, der in der Nacht auf Dienstag Teil der kommunalen Einsatzleitung war.

Wie die Polizei am Dienstag mitteilte, ist der Junge Autist und reagiert nicht auf Ansprache.
Wie die Polizei am Dienstag mitteilte, ist der Junge Autist und reagiert nicht auf Ansprache. © dpa | Sina Schuldt

Ein so junges autistisches Kind sei wahrscheinlich verängstigt und schwer auffindbar. Möglicherweise habe sich der Junge versteckt. Dass so viele Menschen aus dem Ort mitsuchten, nannte er überwältigend. „Das halbe Dorf sucht mit“, sagte auch der Polizeisprecher. „Es sind viele Leute auf den Beinen.“ Ihm zufolge waren am Dienstag zeitweise rund 500 Einsatzkräfte und zahlreiche Menschen aus dem Ort unterwegs, um das Kind zu suchen.

Bitte der Polizei: Anwohner sollen Überwachungskameras prüfen

Doch bis zum späten Nachmittag gab es keine Spur von dem Jungen. Die Polizei forderte daher die Anwohner und Anwohnerinnen auf, private Kameraaufnahmen zu prüfen. Die Menschen in dem Ortsteil sollten schauen, ob der Junge auf Überwachungskameras zu sehen sei, teilte ein Polizeisprecher mit. „Obwohl die Ortschaft Elm von Einsatzkräften durchsucht worden ist, könnte sich der vermisste Junge auch in einem Schuppen oder einem ähnlichen Versteck aufhalten“, hieß es. Die Polizei bat die Menschen auch, entsprechende Möglichkeiten auf dem eigenen Grundstück abzusuchen.

Dramatische Suche: Der Junge läuft auf Socken und ist leicht bekleidet, bei Temperaturen teils unter 0 Grad Celsius in der Nacht.
Dramatische Suche: Der Junge läuft auf Socken und ist leicht bekleidet, bei Temperaturen teils unter 0 Grad Celsius in der Nacht. © dpa | Sina Schuldt

Die Motivation der Einsatzkräfte und der freiwilligen Helferinnen und Helfer sei hoch, sagte der Polizeisprecher. Das Ziel sei, solange zu suchen, bis man den Jungen gefunden habe. In der Nähe des Wohnhauses standen am Dienstag zahlreiche Einsatzwagen von Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienst. Vom Wohnviertel aus führt eine kleine unbefestigte Straße an einem Rapsfeld vorbei zu einem Waldgebiet. Ob das Kind diesen Weg genommen hat, war unklar.

Dem Feuerwehrsprecher zufolge zeigten Polizeihunde an einigen Stellen etwas an, doch das Kind wurde zunächst nicht gefunden. Die Polizei richtete ein Hinweistelefon ein und bat die Bevölkerung um Mithilfe. Sie veröffentlichte auch ein Bild des Jungen.