Rechnungshof bemängelt wachsenden Schuldenberg und massiven Investitionsstau. Land müsse Ausgaben kürzen

Kiel. Die Küstenkoalition in Schleswig-Holstein gibt unverändert mehr Geld aus als das Land einnimmt. Doch was aus Sicht des Landesrechnungshofes (LRH) noch schlimmer ist: Trotz der hohen Ausgaben wächst der Investitionsstau bei maroden Straßen und Gebäuden. Das, so sagte die LRH-Präsidentin Gaby Schäfer am Donnerstag in Kiel, sei ebenso wie der wachsende Schuldenberg eine Belastung für nachfolgende Generationen.

Jährlich einmal nimmt die Prüfbehörde den Haushalt unter die Lupe. Dabei berücksichtigt sie besonders die Tatsache, dass das Land Hilfe vom Bund und anderen Ländern erhält. Erklärtes Ziel ist es, 2020 die Schuldenbremse einzuhalten. Dies ist nur zu schaffen, wenn das strukturelle Defizit schrittweise abgebaut wird. Strukturelles Defizit wird die Lücke genannt, die zwischen Einnahmen und Ausgaben entsteht, unabhängig von Konjunkturschwankungen und den damit verbundenen, mal schneller und mal langsamer steigenden Einnahmen.

Zwar habe das Land diesen schrittweisen Abbau in den vergangenen Jahren geschafft, sogar „mit Leichtigkeit“, wie die LRH-Präsidentin feststellte. Dies sei jedoch allein den sprudelnden Steuerquellen und den rekordverdächtig niedrigen Zinsen zu verdanken. „Diese Umstände dürfen das Land nicht dazu verleiten, auf eigene Konsolidierungsmaßnahmen zu verzichten. Das Land muss dringend seine Ausgaben reduzieren.“

Gegenwärtig aber passiert laut LRH-Bericht das Gegenteil. Seit dem Jahr 2003 sind die Ausgaben des Landes um 22 Prozent gestiegen, den stärksten Anstieg gab es ab 2012 in drei Jahren mit jeweils mindestens dreiprozentiger Steigerung der Nettoausgaben durch die Koalition von SPD, Grünen und SSW. Zum Vergleich: Die Ausgaben aller Bundesländer stiegen im Durchschnitt um neun Prozent.

LRH-Präsidentin Schäfer hielt der Landesregierung unter Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) vor, dass in 2015 das strukturelle Defizit lediglich um 133 Millionen Euro sinke. Dies beruhe auf den niedrigeren Zinsen zur Bedienung des Schuldenberges von inzwischen 27 Milliarden Euro. Zudem trickse die Landesregierung, weil sie schlicht die Berechnungsgrundlage geändert habe für strukturelle und konjunkturelle Einnahmen in einem Umfang von 120Millionen Euro. Schäfer: „Wer so mit Einnahmen und Ausgaben umgeht, riskiert Schiffbruch zu erleiden.“

„Die mangelnde Ausgabendisziplin“ aber ist für Schäfer nur ein Teil des Problems. Das Land steht nach ihrer Einschätzung „vor einem gewaltigen Sanierungsstau“. Seit Jahrzehnten werde die Bauunterhaltung vernachlässigt. „Die Folgen sind zunehmende Grundinstandsetzungen, weiterer Verfall von Straßen und Gebäuden und damit zusätzliche Belastungen künftiger Generationen.“

Den Nachholbedarf bezifferte sie auf 4,85 Milliarden Euro bis zum Jahr 2024, das sind die offiziellen Zahlen aus dem neuen Infrastrukturbericht der Landesregierung. Tatsächlich eingeplant aber seien kaum mehr als zwei Milliarden Euro. Das angekündigte 100-Millionen-Programm der Landesregierung reiche nicht annähernd aus. „Zudem kommt es erst 2018 und damit angesichts des Nachholbedarfs zu spät.“ Ihre Forderung: Die Landesregierung müsse massiv Ausgaben kürzen, um nicht nur die Schuldenbremse einzuhalten, sondern auch Geld zur Verfügung zu haben, um den Nachholbedarf an Investitionen zu decken.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Kubicki sagte, Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) und Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) führten das Land „mit traumwandlerischer Sicherheit“ zurück in den rot-grünen Schuldenstaat. „Albig und Heinold praktizieren sehr kenntnisreich das Tsipras-Prinzip. Sie geben Geld aus, das wir nicht haben und fordern zugleich, dass andere dafür bezahlen.“ Die Regierung aus SPD, Grünen und SSW habe die Ausgaben mit „Wohlfühlprojekten“ in die Höhe getrieben, sodass jetzt das Geld sogar für die Erfüllung gesetzlicher Auflagen fehle. Dazu zähle zum Beispiel die 50 Millionen Euro teure Brandschutzsanierung der Christian-Albrechts-Universität in Kiel.

Ähnlich sieht es der finanzpolitische Sprecher der CDU, Tobias Koch: „Der LRH-Bericht ist ein vernichtendes Urteil über die Haushaltspolitik der rot-grün-blauen Landesregierung.“ Diese habe den gesamten finanziellen Spielraum des Landes für ihre Lieblingsprojekte vergeudet.