In Mühlenrade wurde jetzt der Grundstein gelegt für das im Norden bisher einmalige Zehn-Millionen-Euro-Projekt

Mühlenrade. Es ist nicht immer nur die Größe, die zählt. Während sich bundesweit immer mehr Molkereien in große Unternehmen einkaufen, um ihr Überleben zu sichern, schwimmen im Norden 23 Biobauern gegen den Strom. Im August 2013 haben sich die Landwirte zu einer festen Gemeinschaft zusammengeschlossen. Jetzt bauen sie im lauenburgischen Mühlenrade, knapp 35 Kilometer östlich von Hamburg, ihre eigene, kleine Meierei.

Mit einer geplanten Verarbeitungsmenge von zehn Millionen Litern Rohmilch pro Jahr wird der Betrieb im Vergleich zu großen Molkerei-Konzernen nur einen Bruchteil von deren Produktion erzielen. „Das ist uns sehr wohl bewusst“, sagt Janosch Raymann, Geschäftsführer der Hamfelder Hof Bauernmeierei GmbH & Co. KG. „Uns geht es nicht um Masse, sondern darum, unter besten Bedingungen aus einem wertvollen Rohstoff ebenso hochwertige Produkte herzustellen.“

Angelika Raymann und Heinz Elfenkämper-Raymann, die Eltern des 28-jährigen Janosch, haben die Biomilch-Marke Hamfelder Hof ins Leben gerufen und vermarkten sie seit 1990 erfolgreich. Die Schließung der bisherigen Meierei in Trittau (Kreis Stormarn) im Jahr 2011 war der entscheidende Auslöser für den Familienbetrieb, das „Abenteuer eigene Meierei“ als Gemeinschaftsprojekt zu wagen. „Für uns ist es das größte Vorhaben unserer Firmengeschichte“, sagt Janosch Raymann, der mit fachkundigen Planern und unterstützt von Mitarbeitern, Förderern und Freunden seit gut drei Jahren an der Umsetzung des Neubaus arbeitet.

Die 23 Mitglieder der Bauerngemeinschaft sind nicht nur die ausschließlichen Zulieferer, sondern auch Anteilseigner an der zehn Millionen Euro teuren Meierei. Ihre Höfe sind Bioland-zertifiziert und liegen nicht weiter als 150 Kilometer von der neu entstehenden Produktionsstätte im schleswig-holsteinischen Mühlenrade entfernt. „Das erspart lange Wege.“

Janosch Raymann setzt damit weiterhin auf Regionalität. Auch bei der späteren Vermarktung gelte nicht, die Milchprodukte nun unbedingt bundes- oder gar weltweit in die Regale zu bringen. „Wir hatten schon Anfragen aus Ägypten und China“, so Raymann. „Das Exportieren in ferne Länder würde unserem Prinzip von ökologischem Bewusstsein aber völlig widersprechen. Wir sind eine regionale Marke.“

Ein Ziel sei außerdem, konventionell arbeitenden Landwirten mit diesem Projekt zu zeigen, dass sich mit den richtigen Partnern auch biologische und nachhaltige Bewirtschaftung lohnt. Das kann Christoph Möller nur bestätigen. Der Milchbauer hält auf seinem Hof Brömbsen-Mühle im Lübecker Süden 80 Kühe. Seit zwölf Jahren hat sein Betrieb das Bioland-Siegel, seit zehn Jahren beliefert er den Hamfelder Hof mit Milch. Jetzt ist auch er Miteigner der neuen Meierei. „Zu Beginn der Planungsphase war das schon ein Risiko“, so Möller. „Aber die Zusammenarbeit verlief immer einwandfrei. Und bei dieser Konstellation kann ich mich darauf verlassen, dass die Milch in meinem Sinne weiterverarbeitet wird.“ Im Durchschnitt habe er in den vergangenen Jahren nicht weniger verdient als seine konventionell arbeitenden Kollegen. „Zudem geht es den Tieren gut, der Boden ist gesund, und ich habe unheimlich viel Spaß an meiner Arbeit.“ Mehr geht nicht, meint Christoph Möller.

Dass die Bauernmeierei Hamfelder Hof nicht direkt in Hamfelde/Stormarn, sondern im Nachbardorf Mühlenrade entsteht, war so zunächst nicht geplant. Mit Blick auf den großen Findling, der als Grundstein gelegt und den späteren Eingangsbereich schmücken wird, sagt Janosch Raymann: „Uns wurden bei der Standortsuche einige Steine in den Weg gelegt.“ Erst nach einem Jahr fanden sie in Mühlenrade die passende, rund fünf Hektar große Fläche – und eine Gemeindeverwaltung, die sich mutig auf das Experiment einließ. Die Bauernmeierei wird kein reiner Zweckbau sein, sondern sich durch Verwendung traditioneller Baumaterialien harmonisch in das Landschafts- und Ortsbild einfügen. Das war für den Bürgermeister des 200-Seelen-Dorfes, Bernd Salomon, eines der ausschlaggebenden Argumente. Die Ansiedlung eines Industriegebietes wäre für ihn nicht attraktiv gewesen. „Wir versprechen uns – natürlich neben der reichhaltig sprudelnden Gewerbesteuer – dass Mühlenrade für Touristen und Ausflügler ein Anziehungspunkt wird.“ In einem zweiten Bauabschnitt sollen nämlich bis Ende 2015 noch ein Dorfladen mit Café entstehen. Außerdem wird Besuchern die Möglichkeit gegeben, den Mitarbeitern bei der Milchverarbeitung über die Schulter zu schauen.

Das Land Schleswig-Holstein hat den Bau als förderungswürdig eingestuft und bezuschusst das Projekt mit 1,8 Millionen Euro aus verschiedenen Töpfen des Landes, des Bundes und der Europäischen Union. Im Frühjahr 2015 soll die erste Bioland-Meierei in Produktion gehen. Janosch Raymann: „Gerade in einer Zeit, in der immer mehr bäuerliche Betriebe aufgeben und in der soziale und kulturelle Strukturen im ländlichen Raum zunehmend wegbrechen, sehen wir unser Vorhaben als ein wichtiges Zeichen.“