Opposition scheitert mit Anträgen zur Entlassung der Bildungsministerin. Hitzige Debatte im Landtag

Kiel. Die Oppositionsparteien CDU und FDP sind bei einer Sondersitzung des Kieler Landtags mit ihrer Forderung gescheitert, Bildungsministerin Waltraud Wende (parteilos) zu entlassen. Gegen ihren Antrag, mit dem auch das Verhalten des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Torsten Albig (SPD) missbilligt werden sollten, stimmten am Donnerstag alle Abgeordneten der Regierungsfraktionen SPD, Grüne und SSW sowie die Piraten-Fraktion. Ministerpräsident Albig überraschte den Landtag mit einer Entschuldigung.

In einer teilweise hitzigen Debatte hatten sich zuvor Vertreter von Oppositions- und Regierungsparteien wechselseitig vorgeworfen, mit ihrem Verhalten im Fall Wende dem Land zu schaden. Die Rückkehrvereinbarung, die die Universität Flensburg im Mai 2012 für ihre damalige Präsidentin Wende beschlossen hatte, beschäftigt die Landespolitik seit Monaten. Für den Fall eines Scheiterns als Ministerin sollte sie als Professorin an die Uni zurückkehren können, obendrauf sollte es eine monatliche Leistungszulage von 2150Euro und ein Sabbatjahr geben.

Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Bestechung, der Bestechlichkeit und des Betrugs gegen die Ministerin, die auf die Rückkehroption verzichtet hat. Johannes Callsen, der CDU-Fraktionschef, attackierte Wende im Landtag scharf. „Es ist doch völlig unvorstellbar, dass eine Bildungsministerin morgens Schulen besucht und über Bildungsziele wie Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit spricht und nachmittags selbst auf der Anklagebank Platz nehmen muss“, sagte er. „Anstatt Schleswig-Holstein ein solches Trauerspiel zu ersparen, stärkt der Ministerpräsident Frau Wende öffentlich den Rücken. Es geht um den Ruf und das Wohl des Landes Schleswig-Holstein!“

Wolfgang Kubicki, der Fraktionschef der FDP, kritisierte insbesondere Albigs Äußerungen zu dem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren. Der hatte behauptet, an den Vorwürfen sei nichts dran. „Was sollen Staatsanwälte davon halten, wenn ihnen am Beginn ihrer Ermittlungen vom obersten Dienstherren des Landes Schleswig-Holstein öffentlich erklärt wird, was das Ergebnis ihrer Ermittlungen sein wird – und was nicht?“, sagte Kubicki. Er selbst, von Haus aus Rechtsanwalt, geizte allerdings auch nicht mit einer Prognose zum Ausgang des Ermittlungsverfahrens. Die Staatsanwaltschaft, so der FDP-Fraktionschef, könne angesichts der Aktenlage und der Zeugenaussagen nicht zu dem Ergebnis kommen, ein Tatverdacht bestünde nicht mehr.

Dem Ministerpräsidenten warf Kubicki auch vor, im Fall Wende andere Maßstäbe anzulegen als bei Politikern anderer Parteien. Zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen den damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff (CDU) hatte Albig im Februar 2012 der „Bild“ gesagt: „Der Schaden, den Christian Wulff der Demokratie und der gesamten politischen Klasse zufügt, ist enorm. Das Amt des Bundespräsidenten wird nie wieder das sein, was es mal war.“

Das sind Sätze, die Torsten Albig mittlerweile offenbar leidtun. „Es ärgert mich, das gesagt zu haben“, so der Ministerpräsident. „Die Äußerungen zu Wulff waren falsch.“ Zugleich entschuldigte er sich für sein Verhalten gegenüber Demonstranten. Im Juni hatte er Studenten, die vor dem Landeshaus gegen die Bildungspolitik protestierten, als „respektlos, dumm und töricht“ bezeichnet.

In der Sache blieb Torsten Albig hart. Für Politiker dürften keine anderen Regeln gelten als für alle anderen. „Sonst reicht es aus, etwas zu behaupten, um einen Politiker zu erledigen“, sagte er. Das würde die demokratische Kultur „dramatisch“ verändern. Albig ist nach wie vor der Ansicht, dass die Bildungsministerin unschuldig ist. „Und ich bin überzeugt, dass die Staatsanwaltschaft meine Einschätzung teilen wird“, schob der Ministerpräsident nach. CDU und FDP werteten dies als neuerlichen Versuch, auf die Ermittlungen gegen Wende Einfluss zu nehmen. Callsen war „fassungslos“, Kubicki fand es „ungeheuerlich“.

Die Regierungsfraktionen stützten Ministerpräsident Albig. Der SSW-Fraktionschef Lars Harms sprach von einem „Sammelsurium von Vorwürfen einer unproduktiven Opposition“. Der SPD-Fraktionschef Ralf Stegner sagte, allein die Einleitung eines staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens sei kein Rücktrittsgrund, andernfalls käme man in einen „Teufelskreis von Denunziationen“. Eka von Kalben, die Fraktionsvorsitzende der Grünen, befand, die Sondersitzung des Landtags sei sinnlos gewesen. „Es gibt keine neuen Erkenntnisse.“ Auch von Waltraud Wende kam an diesem Donnerstag nichts Neues. Die Bildungsministerin mied das Rednerpult.