Es geht um die A20: Ex-Tchibo-Chef Günter Herz soll dem Staat zwei Hektar seines Lasbeker Gestüts überlassen. Das Land will auf dem Areal eine Ausgleichsfläche anlegen.

Lasbek. Der Bund will den Hamburger Milliardär Günter Herz enteignen. Es geht um ein rund zwei Hektar großes Grundstück in Lasbek (Kreis Stormarn). Dort besitzt der ehemalige Tchibo-Chef und Pferdenarr ein Gestüt. Das Land will auf dem Areal eine Ausgleichsfläche anlegen. Herz, 73, hat gemeinsam mit seinen Kindern Michaela und Christian beim Bundesverwaltungsgericht Leipzig Klage eingereicht. Das Urteil soll am 6.November verkündet werden. Der Oldesloer Rechtsanwalt Karl-Reinhold Wurch, der die Familie Herz vertritt, sagte am Donnerstag: „Herrn Herz geht es darum, dass sein arrondierter Betrieb nicht von einem Grundstück durchschnitten wird, dass ihm nicht gehört. Und es geht darum, dass er in seiner Jagd nicht behindert werden will.“

Der Staat ist auf das Grundstück offenbar angewiesen. Im Zusammenhang mit dem Weiterbau der Bundesautobahn 20 von Wittenborn bis Bad Segeberg müssen mehrere Ausgleichsflächen angelegt werden. Das ist gesetzlich vorgeschrieben. Mit den Flächen werden Eingriffe in die Natur kompensiert.

Der Bau des zehn Kilometer langen Autobahnteilstücks ist ein solcher Eingriff. Unter anderem auch deshalb, weil die Straßen durch das Travetal und dort durch ein Fledermausschutzgebiet führt. Außerdem gibt es dort auch sogenannte Kalktuff-Quellen: Kalkhaltiges Wasser sickert aus dem Untergrund, die Ablagerungen versteinern. Diese Quellen sind in Schleswig-Holstein sehr selten. Einige davon befinden sich im Tal des Flüsschens Süderbeste – auf dem Grundstück von Günter Herz. Angrenzende Areale hat der Bund bereits aufgekauft. Im Kieler Wirtschaftsministerium heißt es, dass die Kalktuff-Quellen unbedingt als Ausgleichsfläche benötigt würden. Bekäme man sie nicht, wäre ein Straßenbau im Travetal unmöglich.

Die Klage des Milliardärs richtet sich zwar gegen den Planfeststellungsbeschluss für die A20. Aber es ist nicht sein Ziel, den Autobahnbau zu verhindern. „In dem Planfeststellungsbeschluss steht, dass Herr Herz enteignet werden kann, falls er die Ausgleichsfläche nicht herausrückt. Deshalb klagen wir“, so Wurch. Die Verhandlung vorm Bundesverwaltungsgericht habe am vergangenen Dienstag aus seiner Sicht schon zu einem ersten Erfolg geführt. Denn der Vorsitzende Richter empfand das Vorgehen gegen Herz offenbar als herzlos und fragte, ob es nicht auch ein weniger folgenschweres Mittel als die Enteignung gebe, um zu der Ausgleichsfläche zu gelangen. „Da haben die Anwälte des Landesbetriebs für Straßenbau vorgeschlagen, dass Herr Herz das Grundstück behält, aber Nutzungseinschränkungen akzeptiert.“ Der Kieler Landesbetrieb plant im Auftrag des Bundes den Bau der A20.

Auf den Vorschlag des Gerichts hätte man sich vielleicht sogar einigen können, sagte Wurch. „Nur konnte mir am Dienstag niemand von den Anwälten sagen, welche Nutzungseinschränkungen das sein sollen.“ Seien sie erträglich, sei eine Einigung mit dem Landesbetrieb durchaus denkbar.

Unklar bleibt für Wurch, welcher ökologische Vorteil mit der Ausgleichsfläche verbunden wäre. Denn das Grundstück wird schon jetzt nicht wirtschaftlich genutzt. Es liegt im Landschaftsschutzgebiet. „Es ist einfach nur ein schönes Stück Natur“, sagte Wurch.

Günter Herz ist einer der Söhne des Tchibo-Gründers Max Herz. Der hatte nach dem Zweiten Weltkrieg mit einem Versandhandel für Röstkaffee angefangen. Später wurde daraus die Tchibo-Kette mit Filialen in ganz Deutschland. Bereits 1964 erwarb Max Herz, auch er ein Pferdefan, das Gestüt Lasbek. Ein Jahr später starb er. Sein Sohn Günter übernahm das rund 300 Hektar große Anwesen. Der 73-Jährige, der sehr zurückgezogen lebt, soll sich vornehmlich am Wochenende in Lasbek aufhalten. Unter der Woche bewohnt er eine Villa an der Außenalster in Hamburg.

Günter Herz ist immer noch als Kaufmann aktiv. 2003 war er im Streit aus dem Familienunternehmen Tchibo ausgestiegen. Er und seine Schwester Daniela bekamen 4,1 Milliarden Euro für ihre Anteile. Seitdem arbeitet Günter Herz daran, dieses Geld gewinnbringend anzulegen. Beim Sportartikelriesen Puma stieg er ein und zwei Jahre später wieder aus – um 500 Millionen Euro reicher. Im Jahr 2011 erwarb er 40 Prozent an der Bonner Restaurantkette Vapiano, die mit italienischem Essen Riesenumsätze macht. Herz weiß als gewiefter Kaufmann, wie man Dinge bekommt, die ein anderer nicht loslassen will. Doch jetzt muss er sich selbst gegen eine feindliche Übernahme wehren. Herz wird nicht nachgeben. Das Gestüt Lasbek ist ihm Herzenssache.