Bei einem Wahlkampfauftritt des Hamburger AfD-Chefs und Euro-Kritikers Bernd Lucke in Bremen stürmten bis zu 25 Angreifer die Bühne und sprühten mit Reizgas. Drei Linksautonome wurden festgenommen.

Bremen. Als Bernd Lucke gerade über Schwarzgeld reicher russischer Oligarchen auf Zypern spricht, stürmen die Vermummten auf die Bühne. „Hey!“, ruft jemand laut und Lucke, sichtbar erschrocken, hebt noch kurz abwehrend die Hände, bevor er geschubst wird und vom Podium fällt. Auf einmal liegt Pfefferspray in der Luft. Es kommt zum Tumult. Die Gäste der Wahlkampfveranstaltung der Anti-Euro-Partei Alternative für Deutschland (AfD) springen von ihren Bänken auf. Bevor die Angreifer flüchten, haben sie für Lucke noch eine Botschaft parat: „Hau ab, du scheiß Nazi“, sagen sie.

„Es ging alles so schnell“, erinnert sich der 51-jährige Lucke einen Tag später im Gespräch mit dem Abendblatt. „Aus dem Augenwinkel habe ich gesehen, wie plötzlich die schwarz gekleideten Männer aus dem Wald auf die Bühne gesprungen sind. Dann wurde ich geschubst.“ Für den Vorstandssprecher der AfD und Hamburger Professor für Volkswirtschaftslehre war der Überfall auf der Bremer Waldbühne im Bürgerpark – einem idyllischen Ausflugslokal im Grünen – der erste körperliche Angriff in diesem Bundestagswahlkampf 2013. Er ist durch die Gründung seiner neuen Partei jedoch viel Kritik gewohnt und sieht sich auch mit Vorwürfen konfrontiert, die AfD sei möglicherweise ein Sammelbecken Angehöriger des rechten Spektrums. Der Vorfall an diesem Sonnabend hat für Lucke jedoch eine neue Qualität.

Laut Polizeibericht war er zudem deutlich umfangreicher, als Lucke wahrgenommen hatte – und auch als es auf dem verwackelten Video zu erkennen ist, das einer der Gäste der Waldbühne vom Überfall gedreht hatte und das seither im Internet kursiert. Laut den Bremer Beamten habe es sich um 20 bis 25 „vermummte Personen“ gehandelt, die an dem Überfall beteiligt waren. Acht von ihnen seien auf die Bühne gelangt. Durch das Pfefferspray der Angreifer wurden 16 Menschen verletzt, darunter auch ein sieben und ein elf Jahre altes Kind mit Augen- und Atemwegsreizungen. Ein Helfer der AfD, der die Täter verfolgt hatte, wurde mit einem Messer an der Hand verletzt. Drei junge Männer zwischen 22 und 27 Jahren aus der linksautonomen Szene wurden festgenommen. Gegen sie wird jetzt wegen schweren Landfriedensbruchs ermittelt.

Für Lucke war dies nicht nur ein Angriff auf Bernd Lucke oder die AfD, sondern auch ein Angriff auf die Meinungsfreiheit. „So ein Überfall mit dem erklärten Ziel, die freie Meinungsäußerung zu unterbinden, liegt jenseits aller demokratischen Verhaltensweisen“, sagt er. Dass friedliche Wahlkampfveranstaltungen mit „Schlägertrupps“ gestört würden, habe es seit der Weimarer Republik nicht mehr gegeben.

Nicht der erste Angriff auf die AfD

Es ist nicht der erste gewalttätige Überfall aus der linken Szene auf die Euro-kritische AfD, schon mehrmals wurden Wahlhelfer der Partei verbal wie körperlich angegriffen. Etwa in Mecklenburg-Vorpommern berichtete der Landesvorstand erst kürzlich von Plakatbeschädigungen und Beschimpfungen, in Schwerin und Wismar hat es in der vergangenen Woche zudem mehrere Angriffe auf Infostände der Partei gegeben. Eine Frau musste wegen einer Kopfverletzung behandelt werden.

Auch Grüne und FDP verurteilten den Angriff. „Das ist letztendlich ein Angriff auf die Demokratie und durch nichts zu rechtfertigen“, sagte FDP-Generalsekretär Patrick Döring dem „Handelsblatt“. Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, Volker Beck, sagte, Gewalt sei kein Mittel der politischen Auseinandersetzung und immer zu verurteilen. Das gelte auch „gegenüber den rechtspopulistischen Kandidaten der AfD, die Ressentiments bedienen“.

Beck wirft der AfD vor, wie „ein Staubsauger für alles“ zu sein, „was sich am rechten Rand der CDU und rechts davon tummelt“. Lucke hat bestätigt, dass einige AfD-Mitglieder früher Parteien aus dem rechten Spektrum angehörten. Den Vorwurf der „rechten Unterwanderung“ weist er jedoch zurück.

Der AfD-Chef hat die Veranstaltung in Bremen nach dem Angriff fortgesetzt und war an diesem Wochenende weiter im Norden für Wahlkampftermine unterwegs. „Wir müssen jetzt versuchen, unsere Wahlkampfveranstaltungen noch besser zu sichern“, sagt er.