Bislang gibt es nur eine grobe Schätzung von 350 Millionen Euro. Gemeinsame Sitzung der Regierungen von Hamburg und Schleswig-Holstein.

Kiel/Hamburg. Die neue S-Bahn-Linie 4 wird vermutlich erheblich mehr Geld kosten als angenommen. Bislang gibt es nur eine Kostenschätzung der Bahn von 350 Millionen Euro. „Ich gehe davon aus, dass es teurer wird“, sagte der schleswig-holsteinische Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD) dem Hamburger Abendblatt – allerdings ohne konkrete Zahlen zu nennen. Die Trasse führt durch dicht bebautes Gebiet, zusätzlicher Lärmschutz könnte die Kosten steigen lassen. Die Schätzung der Bahn reicht den Behörden nicht aus. „Wir sind jetzt dabei, die Kosten zu ermitteln“, sagte Meyer.

Dies geschieht im Rahmen einer sogenannten Vorentwurfsplanung (VEP). Die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein hatten im Februar 2012 ein Ingenieurbüro mit dieser Aufgabe betraut. Das Ergebnis hätte eigentlich schon längst vorliegen sollen. Ziel war damals, das Projekt innerhalb von zwölf Monaten entscheidungsreif zu machen. Dieser Zeitraum ist im Februar 2013 abgelaufen. Im Februar hieß es dann, die VEP werde im Mai vorgelegt. Später wurde eine vagere Zeitangabe nachgeschoben, die den Planern mehr Luft ließ: erstes Halbjahr 2013. Auch dieser Termin war nicht zu halten. Die Hamburger Verkehrsbehörde nennt nun den Oktober als Veröffentlichungsdatum. „Die Vorplanung ist weitgehend abgeschlossen“, sagte die Pressesprecherin Helma Krstanoski. Die Unterlagen würden derzeit von den Behörden in Hamburg und Schleswig-Holstein geprüft.

Die Geldfrage ist von entscheidender Bedeutung für das Projekt. „Die S4 darf wohl maximal 550 Millionen Euro kosten“, schätzt Ole Thorben Buschhüter (SPD), der Vorsitzende des Verkehrsausschusses in der Hamburger Bürgerschaft. Nur dann sei die Nutzen-Kosten-Relation erreichbar, die mindestens erfüllt sein muss, um die S-Bahn-Strecke bauen zu können. Buschhüter ist optimistisch, dass dieser Wert erreicht wird. „Ich glaube, die Bahn hat in ihre Kostenschätzung einiges eingerechnet, was da nicht hineingehört“, sagt er.

An die Vorentwurfsplanung wird sich die „Standardisierte Bewertung“ anschließen. Sie ist Pflicht für alle vom Bund finanzierten Verkehrsprojekte ab einem Investitionsvolumen von 50 Millionen. In dieser Bewertung wird das Nutzen-Kosten-Verhältnis ermittelt. Ein Beispiel: Ein Wert von 1,4 bedeutet, dass der Nutzen um das 1,4-fache größer ist als die Kosten. Fällt der Wert unter 1,0, sind die Kosten höher als der Nutzen.

Mit der 35,8 Kilometer langen Strecke, die von Bad Oldesloe über Ahrensburg zum Hauptbahnhof führen soll, wird der Osten Hamburgs (Wandsbek und Rahlstedt) sowie der Süden des Kreises Stormarn besser an den öffentlichen Personennahverkehr angebunden. Außerdem trägt der Streckenneubau dazu bei, den Hamburger Hauptbahnhof zu entlasten. Er befindet sich am Rand seiner Leistungsfähigkeit. Wesentlicher Teil des Projekts sind zwei neue Gleise zwischen Hamburg-Hasselbrook und Ahrensburg. Zwischen Ahrensburg und Bargteheide entsteht ein neues Gleis. Auf diese Weise kann der Regionalverkehr in Zukunft auf eigenen Gleisen verkehren.

Derzeit sind Fernzüge und Regionalzüge auf denselben Gleisen unterwegs und behindern sich dabei gegenseitig. Mit der Fertigstellung des Fehmarnbelt-Tunnels (voraussichtlich im Jahr 2022) wird sich diese Situation noch verstärken, denn die Verkehrsplaner rechnen mit zusätzlichen Zügen auf der Vogelfluglinie.

Für die Menschen entlang der Strecke bedeutet die neue S-Bahn, dass sie erheblich einfacher zum Hauptbahnhof kommen können. Zwischen Ahrensburg und dem Hauptbahnhof könnte in den Hauptverkehrszeiten ein Zehn-Minuten-Takt eingehalten werden können. Die S4 soll über den Citytunnel und den Bahnhof Jungfernstieg bis zum Bahnhof Altona durchfahren. Denkbar ist eine spätere Fortführung bis ins schleswig-holsteinische Itzehoe.

Landesregierungen tagen am 10. September gemeinsam in Hamburg

In mehreren Veranstaltungen haben die Planer vor Ort mögliche Trassenführungen vorgestellt und Änderungswünsche aufgenommen. Möglicherweise hat Letzteres zu der Zeitverzögerung geführt. Besonders im dicht bebauten Hamburger Streckenabschnitt kann ein Gleisbau naturgemäß nicht folgenlos bleiben. Außerdem sollen vier neue Bahnhöfe gebaut werden: an den Straßen Holstenhofweg, Am Pulverhof, Claudiusstraße und Bovestraße.

Die S4 gilt als wichtigstes gemeinsames ÖPNV-Projekt von Hamburg und Schleswig-Holstein. Am Freitag, 30. August, wollten deshalb der Hamburger Verkehrsausschuss und der schleswig-holsteinische Wirtschaftsausschuss auf einer gemeinsamen Sitzung über die S-Bahn-Linie debattieren. Doch der Termin ist geplatzt. Die komplette Kieler CDU-Landtagsfraktion befindet sich an jenem Tag auf einer Polen-Reise.

Im Gespräch bleibt die S4 dennoch. Die beiden Landesregierungen wollen sich am 10. September zu einer gemeinsamen Kabinettssitzung in Hamburg treffen. Auf der Tagesordnung steht auch die S-Bahn. Vielleicht ist dann schon zu erfahren, wie teuer sie wirklich wird.