Auf der Nordseeinsel wird mächtig investiert. Ein neues Helgolandschiff soll die ganzjährige Anbindung der Insel ans Festland künftig sichern.

Helgoland. Jörg Singer könnte tatsächlich schaffen, was keinem seiner Vorgänger als Bürgermeister von Helgoland gelungen ist. Die Hochseeinsel soll endlich eine ganzjährige, möglichst tägliche Schiffsverbindung nach Cuxhaven bekommen. "Wir sind in den Endverhandlungen. Die Entscheidung soll innerhalb der nächsten vier Wochen fallen", sagt Bürgermeister Singer. "Wir haben eine europäische Ausschreibung gemacht und wollten die Reeder motivieren, ein neues Helgolandschiff zu bauen." Die Insel wolle den etwa 20 Millionen Euro teuren Schiffsneubau mit bis zu vier Millionen Euro bezuschussen. "Es wird die Kreuzung eines norwegischen Postschiffes mit einem kleinen Kreuzfahrtschiff sein", sagt Singer. "Wir Helgoländer sprechen von einem sehr hochseetüchtigen Kombischiffs-Neubau für Menschen und Stückgut, komfortabel und modern, der voraussichtlich ab 2015 auf der Route Helgoland-Cuxhaven ganzjährig eingesetzt werden soll." Angetrieben werden soll das neue Schiff mit Flüssigerdgas.

Mit der verlässlichen Anbindung will die Insel in der Nordsee es schaffen, über das ganze Jahr hinweg mehr Gäste anzulocken. Dafür müssen die Hoteliers aber auch das Bettenangebot vergrößern, denn wegen des geplanten Baus von drei Offshore-Windparks vor Helgoland sind mehrere Hotelbetriebe dauerhaft an Windenergiefirmen vermietet, die diese Unterkünfte für ihre Mitarbeiter benötigen, die ihre Servicebasis auf der Hochseeinsel haben. Seit Beginn des Jahres ist beispielsweise das Design-Hotel Atoll mit seinen 50 Zimmern und Suiten für zehn Jahre komplett verpachtet. Auch der Hotelier Detlev Rickmers hält im laufenden Jahr 100 Zimmer in mehreren Objekten im Oberland für Monteure vor. "Das Hotel Insulaner und das Aparthotel Klassik Helgoland bleibt aber unseren Stammgästen und Touristen vorbehalten."

Derzeit verfügt die Insel mit ihren 1359 Einwohnern (Stand 31.Dezember 2012) nach Angaben vom Tourismusdirektor Klaus Furtmeier über 2837 Betten, davon 978 in Hotels und 1111 in Appartements. Etwa zehn Prozent davon sind nach Einschätzung von Furtmeier für Offshore-Mitarbeiter reserviert und stehen Urlaubern nicht mehr zur Verfügung.

Nicht nur etliche Inselbewohner hatten damit Probleme, als die Pläne bekannt wurden. Auch Bürgermeister Singer hatte sich besorgt geäußert. Inzwischen sagt er: Aus Marketinggesichtspunkten sei die dauerhafte Vermietung des Hotels Atoll problematisch, "vom realen Geschäft her nicht". Die Auslastung sei nie besonders gut gewesen, "und die Helgoländer haben das Atoll nie angenommen". Wenn jetzt ein fester Teil der Gästebetten über das ganze Jahr gebucht sei, sei das für die Gemeinde wirtschaftlich von Vorteil.

Um den Wegfall für die Urlaubsgäste zu kompensieren, gibt es mehrere Pläne. Hotelier Rickmers plant einen terrassenförmig angelegten Hotel-Neubau mit 46 Suiten und Zimmern am Hang hinter den Hummerbuden. "Die Idee ist, einen Teil der weggefallenen Gästebetten wieder auszugleichen", sagt Rickmers. Die Baugenehmigung erwarte er in den nächsten Wochen, im Herbst könnten die Arbeiten losgehen.

Ob die Touristen ganzjährig kämen, hänge an der Frage der Schiffsverbindung. "Das ist eine Riesenchance", sagt der Hotelier. "Wenn das Schiff aber nicht kommt, muss man sich über die Entwicklung als Ganzjahresinsel keine Gedanken mehr machen."

Um weitere Gästebetten zu schaffen, verhandeln Bürgermeister und Tourismusdirektor derzeit auch über ein Hotelschiff. "Wir überlegen, ein schwimmendes Hotel mit Vier-Sterne-Kategorie in der Art eines Binnenkreuzfahrtschiffs in den Hafen zu holen", sagt Bürgermeister Singer. Außerdem gebe es Überlegungen, mobile Hotelcontainer im Südhafen zu errichten. "Spätestens ab Saisonbeginn wollen wir mehr Kapazitäten haben." Auch das Dünendorf soll erweitert werden. Zu den 25 Ferienbungalows, die besonders bei Familien beliebt seien, sollen mindestens fünf weitere gebaut werden.

Bei den Gästezahlen ist jedenfalls noch Luft nach oben. "Die letzte Saison war ziemlich durchwachsen", sagt Tourismusdirektor Furtmeier. 2012 wurden insgesamt 316.241 Gäste gezählt, immerhin ein Plus von 2,78 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 68.777 Urlaubsgäste übernachteten auf Helgoland, dazu kamen 247.464 Tagesgäste.

Die Vorbuchungen für 2013 seien sehr vielversprechend, sagt Furtmeier. "Aber uns ist wichtig, dass wir klarstellen, dass man auf Helgoland ein Quartier findet." Die Promenade wird derzeit umgebaut und soll zum Saisonstart mehr Platz zum Flanieren bieten.

Die nächsten Wochen jedenfalls sind für Helgoland - ein Naturparadies, in dem Seehunde und Kegelrobben heimisch sind - richtungsweisend. Bürgermeister Jörg Singer könnte seiner Vision etwas näher kommen, die er zu Beginn seiner Amtszeit folgendermaßen formuliert hat: "Für mich ist die Inselwelt wieder in Ordnung, wenn wir bei Besuchern und Bewohnern so angesagt sind wie bei den Robben."