Der Klimawandel begünstigt den Anbau der Pflanze auf deutschen Äckern. Gert Lindemann (CDU) informierte sich auf einem Biolandbetrieb.

Mahlerten. Der Klimawandel als wirtschaftliche Chance: In Niedersachsen planen weitsichtige Landwirte, aber auch das zuständige Agrarministerium angesichts steigender Durchschnittstemperaturen mit Soja als Ackerpflanze. Bislang ist Mitteleuropa noch ein fast weißer Fleck auf der Sojalandkarte, in den USA aber, in Südamerika und China ist diese Hülsenfrucht neben dem Mais längst die wichtigste Pflanze auf den Feldern.

Der niedersächsische Landwirtschaftsminister Gert Lindemann (CDU) informierte sich gestern auf einem Biolandbetrieb in Mahlerten im Landkreis Hildesheim über die in den vergangenen Jahren angeschobene Forschungsarbeit. "Die heute präsentierten wissenschaftlichen Ergebnisse und die Erfahrungen der mutigen Landwirte mit Sojaanbau bilden eine wichtige Grundlage für die weitere Entwicklung dieser Eiweißpflanze in Niedersachsen", sagte Lindemann. Die Experten des Kompetenzzentrums Ökolandbau Niedersachsen, der Landwirtschaftskammer und des Forschungsinstituts für Biologischen Landbau versuchen, der Sojapflanze das Leben in Mitteleuropa erträglich zu gestalten. In dem dreijährigen Forschungsvorhaben geht es darum, durch Züchtung und verbesserte Anbauverfahren einen qualitativ hochwertigen Sojaanbau zu ermöglichen, der auch für die Landwirte wirtschaftliche Perspektiven bietet.

Viele Experten gehen ohnehin davon aus, dass Mitteleuropa bei weltweit steigenden Durchschnittstemperaturen wegen seiner vergleichsweise zuverlässigen Niederschläge in Zukunft eine noch wichtigere Rolle für die Ernährung spielen wird. Aktuell spüren die Bauern dies bereits in ihrer Kasse. Für eine mittelmäßige Ernte werden sie in diesem Jahr Rekorderlöse erzielen, weil die Getreidepreise an den Börsen weltweit wegen extremer Trockenheit im Mittleren Westen der Vereinigten Staaten und Teilen Russlands regelrecht explodieren.

+++ Wird Soja bald in Niedersachsen angebaut? +++

Wenn es jetzt auch noch gelänge, die Eiweißerzeugung für die Massentierhaltung stärker mit Soja aus heimischer Produktion zu sichern, wäre das ganz nach dem Herzen von Agrarminister Lindemann. Er stand gestern am Rande eines Feldes mit sattgrünen Sojapflanzen und lobte den Biolandwirt Jan Wittenberg: "Wichtig ist, dass es Menschen wie ihn gibt, die gucken, ob es nicht möglich ist, Soja unter guten Rahmenbedingungen auch hier anzubauen." Derzeit importiert die Europäische Union noch jährlich rund 15 Millionen Tonnen Soja und 25 Millionen Tonnen Sojaschrot, die meist in die Futtertröge wandern. Weltweit wird Soja auf über 90 Millionen Hektar Ackerland angebaut, gerade 5000 Hektar Versuchsflächen gibt es in Deutschland.

Die Ökobauern haben hier die Vorreiterrolle. Sie müssen ihren Kunden garantieren, dass ihr Tierfutter ohne Gentechnik auskommt, die in den USA und auf anderen Erdteilen längst alltäglich ist. Wenn sich die Sojaproduktion in Deutschland etablieren lässt, hat das noch einen Vorteil: Wie bei anderen Futterpflanzen steigen auch hier die Preise an den Agrarbörsen.

Aber es gibt auch eine Kehrseite der Medaille. Wenn sich der Sojaanbau durchsetzt, wächst noch einmal die Flächenkonkurrenz im deutschen Agrarland Nummer eins. Bereits jetzt steigen in Niedersachsen die Preise für Ackerland stark an, weil immer mehr Mais angebaut wird - nicht nur als Futterpflanze, sondern auch als Rohstoff für immer mehr Biogasanlagen. Die Folge: Kaum mehr als 20 Jahre nach dem Beginn des Maisanbaus ist dies bereits die wichtigste Ackerpflanze vor Getreide. Naturschützer beklagen immer größere Monokulturen.

Minister Lindemann sicherte zu, das Land wolle Forschung und Versuche mit Soja auch in Zukunft unterstützen: "Da gibt es noch einiges zu tun." Dabei geht es dann auch um Aufarbeitungsanlagen für die Verarbeitung.

Aber die niedersächsische Landwirtschaftskammer hat auch noch ein anderes Eisen im Feuer: Sie fördert den Versuch, in der Region Uelzen Hirse anzubauen, ein altes äthiopisches Kulturgetreide. Uelzen wurde nicht zufällig gewählt, denn in keinem anderen niedersächsischen Naturraum ist bereits heute Wasser in der Landwirtschaft so knapp und die Zahl der Beregnungsanlagen für die Felder so groß. Die äthiopische Zwerghirse aber ist lange Trockenperioden gewöhnt und langfristig eine Alternative zum weiteren Ausbau der Beregnungssysteme, die sonst irgendwann zur Gefahr für die Trinkwasserversorgung werden könnten.