Umweltverbände klagen vor Bundesverwaltungsgericht gegen die Ausbaggerung des Flusses. Die Wirtschaftsbehörde bleibt gelassen.

Hamburg. Der Inhalt war brisant, der Ort historisch, die Wortwahl pathetisch. Die drei großen Umweltschutzverbände BUND, Nabu und WWF haben gestern nichts dem Zufall überlassen, um ihrer Botschaft Nachdruck zu verleihen: "Die Elbvertiefung in der jetzt geplanten Form lehnen wir ab und wollen sie juristisch verhindern", sagte Eberhard Brandes, Vorstand beim WWF Deutschland, im Haus der Patriotischen Gesellschaft in Hamburg. Die Klage gegen die Ausbaggerung des Flusses werde Anfang Juli beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eingereicht. Folgt das Gericht der Argumentation, könnte sich die Elbvertiefung nach Schätzung der Klägeranwälte um weitere zwei bis vier Jahre verzögern.

Doch damit nicht genug: Die drei Organisationen haben sich zum Aktionsbündnis "Lebendige Tideelbe" zusammengeschlossen und greifen die Bundesregierung - die großen Flüsse sind offiziell Bundeswasserstraßen - auf breiter Front für ihre "generell verfehlte Gewässerpolitik" an, so Brandes. Die Ems sei bereits eine "ökologische Ruine", die Weser nicht weit davon entfernt, und nun nähere sich auch die Elbe dem "Point of no return", also dem Punkt, an dem der Fluss nicht mehr zu retten sei, malte der WWF-Vorstand ein düsteres Zukunftsszenario. BUND-Gewässerexperte Sebastian Schönauer sprach von "geschundenen Flüssen", die die Politik nur noch für wirtschaftliche Zwecke "missbrauche".

+++ Umweltverbände klagen gegen Elbvertiefung +++

Die Klage richtet sich offiziell gegen den Planfeststellungsbeschluss, den die Wasserschifffahrtsdirektion (WSD) Nord des Bundes und die Hamburger Wirtschaftsbehörde am 26. April erlassen haben. Zuvor hatte die EU in einer Stellungnahme keine Einwände gegen das Projekt vorgebracht. Außerdem hatten Schleswig-Holstein und nach langem Ringen schließlich auch Niedersachsen ihr Einvernehmen erteilt. Vorgesehen ist, dass die Elbe um etwa einen Meter vertieft wird, sodass Schiffe mit bis zu 13,50 Meter Tiefgang tideunabhängig (mit der Tide: 14,50 Meter) den Hafen erreichen und verlassen können. Aus Sicht der Stadt und des Bundes ist die Ausbaggerung notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens zu erhalten und so rund 150 000 Arbeitsplätze zu sichern.

Die Klage von BUND und Nabu, die der WWF aufgrund seines Status als Stiftung nur "unterstützen" darf, fußt auf fünf Argumenten. Erstens: Die Folgen seien viel größer als im Planfeststellungsbeschluss dargelegt. Der Tidenhub steige stark, der Fluss versalze zunehmend, Nebenflüsse könnten versanden und Flachwasserzonen verschwinden - das alles verstoße klar gegen das "Verschlechterungsverbot" der EU-Wasserrahmenrichtlinie. Zweitens: Der Lebensraum des nur in der Elbe vorkommenden Schierlingswasserfenchels, des Fisches Finte sowie die Tideauwälder würden leiden - das verstoße gegen europäisches Naturschutzrecht. Drittens habe es, obwohl vorgeschrieben, keine ernsthafte Alternativenprüfung gegeben, zum Beispiel eine norddeutsche Hafenkooperation. Viertens: Die geplanten 15 Kompensationsmaßnahmen, wie etwa die Renaturierung des Moorburger Hafens, reichten nicht aus. Fünftens seien die Möglichkeiten zur "Eingriffsminimierung" nicht ausgeschöpft worden, obwohl es Vorschläge gegeben habe.

+++ Die Elbvertiefung ist das große Reizthema +++

Bevor sich das Gericht der Hauptsache annimmt, wollen die Umweltverbände daher schon per Eilantrag den Baubeginn verhindern. Die Wirtschaftsbehörde ist optimistisch, dass diesem Antrag nicht stattgegeben wird - auch wegen der positiven Stellungnahme der EU. "Ich sehe das mit einiger Gelassenheit, denn ich bin von unserer Planfeststellung überzeugt", sagte Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos). "Die WSD Nord und die Behörde in Hamburg haben hervorragende Arbeit geleistet. Ich bin weiterhin optimistisch, dass die Bauarbeiten noch in diesem Jahr beginnen können."

Dagegen gibt es jedoch heftigen Widerstand an der Unterelbe in Niedersachsen. So wird die Klage von BUND und Nabu vom Regionalen Bündnis gegen Elbvertiefung unterstützt, in dem sich Anrainer und Experten zusammengefunden haben. "Die Zerstörung der Elbe wäre gigantisch, der Nutzen nur marginal", sagte Bündnis-Sprecher Walter Rademacher. Kerstin Hintz von der Altländer Gruppe im Bündnis hofft, "dass die Richter bei den geplanten Verstößen gegen die Wasserrahmenrichtlinien sehr genau hinschauen".

In der Samtgemeinde Lühe will die Politik in der kommenden Ratssitzung erörtern, ob geklagt wird. In Jork berät der Verwaltungsausschuss kommende Woche darüber, ob und mit welcher Argumentation geklagt werden könnte. "In jedem Fall stehen wir hinter den Klagevorhaben", sagten Lühes Samtgemeindebürgermeister Hans Jarck und Jorks Bürgermeister Gerd Hubert.