Tierische Dekorationen aus Holz, Porzellan und Leder erobern unsere Wohnwelt. Experten werten dies auch als Sehnsucht nach der Kindheit.

Enten, Füchse, Hasen und Schweine: Die Designer sind offenbar Tierfreunde geworden. Immer mehr animalische Objekte zieren den Wohnraum. Was steckt hinter diesem Trend?

Wohnen mit lauter Tieren - das klingt erst mal anstrengend. Aber diese Vierbeiner verschmutzen nichts, fressen nichts, lärmen nicht und stellen keine Ansprüche. Denn sie sind aus Holz, Porzellan, PVC oder Leder. Ob auf Tellern, als Buchstütze, Badewannenstöpsel oder Lampe: Dekorationen in Tierform sind reihenweise derzeit bei den Ausstattern im Programm. Und auf den Einrichtungsmessen waren sie der Hit.

Allenfalls der Platzbedarf ist mitunter beträchtlich: So entwarfen etwa die Designerinnen des schwedischen Trios Front für das holländische Avantgarde-Label Moooi ein lebensgroßes Pferd aus schwarzem Kunststoff, das als Lampe dient. Und ihr Plastik-Schwein, das sich mit einem runden Tablett über den Schulterblättern als Beistelltisch nützlich macht, ist ebenfalls so groß wie ein Original.

"Tiere im Design sind eine Form der Infantilisierung, denn die Motive bedrohen uns nicht und fordern uns nicht heraus", beantwortet die Trendforscherin Oona Strathern aus Wien die Frage, warum Erwachsene sich in ihren vier Wänden mit Spielzeug umgeben. "Stattdessen bieten sie uns eine Art Komfortzone, die sich aus der Unschuld in der Kindheit speist."

Bereits in den 50er-Jahren waren Tiere schon einmal ein großes Thema im Design - vielleicht weil die Menschen auch in jenen Tagen, dem Jahrzehnt nach dem Zweiten Weltkrieg, Sicherheit suchten. Damals entwickelte Kay Bojesen liebenswerte und doch puristisch gestaltete Tiere aus Holz für die Firma Rosendahl. Die Idee, Holzspielzeug nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene zu kreieren, lag dem Dänen am Herzen. Für ihn sollten die Objekte beim Betrachter das Gefühl hervorrufen, sie wegen ihrer lebendigen und einnehmenden Erscheinung berühren zu wollen. Allen voran seine Äffchen sind längst mehr als ein hochwertiges Dekorationselement. Sie sind mittlerweile zu begehrten Sammlerstücken avanciert.

Ebenfalls schon in den 50er-Jahren gestaltete Kristian Vedel seine "Birds" für Architectmade. Bis heute werden die kleinen Vögel aus naturbelassenem oder geräuchertem Eichenholz von Drechslern in Dänemark handgefertigt. Ihre Köpfe lassen sich bewegen und können durch veränderte Stellungen immer wieder einen neuen Ausdruck annehmen - und so etwa die Stimmung des Halters anzeigen.

Ein anderer Vogel hat es sogar zum Status einer Design-Ikone gebracht, obwohl der Urheber unbekannt ist: Der "Eames House Bird" steht seit Jahrzehnten im Haus von Charles und Ray Eames in Los Angeles. Das Designerpaar hat dort zahlreiche Objekte gesammelt, die es von seinen Reisen mitbrachte. Der Vogel aus Holz steht im Zentrum des Wohnraums und wurde häufig von den Kreativen als Accessoire auf Fotos eingesetzt. Ein Modell aus schwarz lackiertem Erlenholz und Eisendraht gibt es heute bei Vitra.

Ein ungewöhnliches Objekt haben die beiden Karlsruher Designerinnen Yvonne Fehling und Jennie Peiz mit "Still lives" entworfen: ein lebensgroßes Schwein, das mit Rindsleder bezogen ist. Dieses ist rautenförmig geheftet und mit Knöpfen versehen - was das Schwein zu einem typisch englischen Chesterfield-Polstermöbel macht.

Die Objekte versetzen die Menschen in den Zustand der Unbekümmertheit

Das Objekt ist Hocker, Spielzeug, Skulptur, Kuscheltier und Turngerät zugleich. "Vielleicht ist es die Aufforderung zum spielerischen Umgang mit dem Schwein, das uns in einen kurzweiligen, kindlichen Zustand der Unbekümmertheit und der Unwissenheit zurückversetzt - und so die Menschen beim Anblick dieses Objektes in eine heitere Stimmung versetzt", erklärt die Designerin Jennie Peiz den Entwurf.

Manche tierischen Objekte lassen einen schmunzeln - wie die von Donkey Products. Zum Beispiel, wenn man in der Badewanne liegt und ein Gummikrokodil Gesellschaft leistet, das an der Kette des Wannenstöpsels hängt. Oder wenn jemand aus einem Becher trinkt, Mund und Nase in der Tasse versenkt und - das Gegenüber plötzlich auf eine Tierschnauze wie einen Schweinerüssel oder eine Hasenscharte blickt, die auf der Unterseite des Trinkgefäßes auftaucht. Edler, aber nicht weniger lustig und liebenswert sind die Entwürfe des New Yorkers Jonathan Adler. Der kultige Keramikdesigner sieht kunsthandwerklichen Krimskrams als Bereicherung des Lebens an. Er formt aus Porzellan Eichhörnchen für den Kaminsims, die Streichhölzer halten. Oder lässt Wale als Buchstützen fungieren. Einen Dackel hat er gestreckt, sodass dieser neun Kerzen auf seinem Porzellanrücken halten kann.

Die holländische Designerin Hella Jongerius setzt ebenfalls auf Luxus aus Porzellan: Für das Münchner Unternehmen Nymphenburg entwarf sie schlichte Teller, in denen sie Tierfiguren platzierte. Etwas ausgefallener sind die Teller von Kristine Meyer und Sabine Lavigne: Sie verzierten für ihre Serie "Yippie Yi Yay" Vintage-Stücke mit Geschichten aus der Cowboywelt. "Wir lieben ungewöhnliche, etwas schräge Sachen", sagt Kristine Meyer. Dazu gehören auch Tiere - etwa eine Katze im Cowboygewand und mit gezückter Pistole.

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