Durch Aufstockungen konnte die Wohnfläche in der Anlage, gebaut 1959, verdoppelt werden. Anschließend zog auch der Architekt mit Familie ein.

Wenn der Architekt Volker Halbach auf seinem Dachgarten sitzt, ist er auf Augenhöhe mit den Kronen der mächtigen umliegenden Bäume. So hatten er und seine Partner vom Architekturbüro Blauraum es sich vorgestellt, als sie die "Treehouses Bebelallee" konzipierten.

Ausgangspunkt war ein Auftrag des Immobilienunternehmens Robert Vogel, eine aus den 50er-Jahren stammende Wohnanlage energetisch zu optimieren und aufzustocken. Nach zweijähriger Bauzeit war die Anlage nicht wiederzuerkennen. Die alten gelben Klinkerfassaden waren hinter einem neuen hellgrauen Klinker verschwunden, und anstelle des alten Satteldaches krönt ein zweistöckiger Holzaufbau die Häuser. "Anfangs war das Holz gelb - es handelt sich um Zeder aus Alaska -, und viele Anwohner waren irritiert", erinnert sich Architekt Halbach. "Gelbes Holz auf grauem Stein? Das passt doch nicht." Doch inzwischen haben die unbehandelten Holzschindeln auch eine graue Farbe angenommen, und die verschiedenen Baumaterialien harmonieren auch farblich.

Zu den neuen Mietern der Wohnanlage gehört auch Volker Halbach selbst, der mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern eine der Maisonettewohnungen bezogen hat. "Wenn der Architekt selbst einzieht, muss das Haus doch gut sein", sagt er augenzwinkernd. Da die Mehrheit der neuen Wohnungen sich über zwei Geschosse erstreckt, wurde zwar die Wohnfläche der Anlage verdoppelt, nicht aber die Anzahl der Wohnungen. "Mit uns sind jüngere Leute, auch Familien mit Kindern, in die Anlage gezogen", sagt Halbach. Viele der alten Mieter würden es begrüßen, dass neues Leben in die Häuser gekommen sei. Sie hatten, wie Halbach weiß, in der zweijährigen Bauphase viel auf sich nehmen müssen. "Beim Bauen im Bestand sind natürlich die Bewohner in außergewöhnlicher Weise betroffen."

Anders als bei Neubauten sind die Architekten bei Aufstockungen in der Grundrissgestaltung eingeschränkt. Die Außenmauern des Bestandsgebäudes bestimmen die Wohnungsgröße, und das Treppenhaus gibt den Eingangsbereich vor. "Wir haben zwischen dem Bestandsgebäude und der Aufstockung einen Hohlraum, in dem Versorgungsleitungen wie Steigrohre neu verlegt werden können, sodass die Küche woanders als in den darunter liegenden Wohnungen liegen kann", sagt Halbach.

Wer ihn in seiner 120 Quadratmeter großen Maisonettewohnung besuchen will, muss bis ins vierte Stockwerk steigen. Dort befinden sich Wohn- und Esszimmer, die Küche und der Dachgarten. Über eine Treppe in der Wohnung gelangt man ins darunter liegende Stockwerk, wo sich der private Bereich befindet. Hier haben auch die beiden Töchter ihr Reich. Zudem gibt es einen großen Abstellraum, da die Kellerräume den Mietern des Bestandsgebäudes vorbehalten bleiben.

Außer den großen Maisonettewohnungen wurden auch einige 60 Quadratmeter große eingeschossige Dachwohnungen gebaut. "Der Vermieter kann durch eine solche Aufstockung nicht nur die Anzahl seiner Wohnungen vergrößern, er kann auch eine neue Vielfalt an Wohnungsgrößen und -typen anbieten", sagt Halbach. Aufstockungen hätten darüber hinaus den Vorteil, dass sich durch sie Randlagen städtebaulich neu positionieren ließen. "Alte niedrige Gebäude, die nicht mehr so recht in die neue Landschaft passen, erhalten durch sie eine urbane Note. Eine Aufstockung ist jedoch nur vertretbar", so Halbach, "wenn sowohl der städtebauliche Kontext als auch die statischen Verhältnisse des Gebäudes es zulassen." Dann seien sogar Aufstockungen von drei- und viergeschossigen Gebäuden sinnvoll. "Holz, so sehr ich es auch schätze, muss dabei nicht immer verwendet werden", sagt der Architekt. "Aufstockungen können auch in Massivbauweise oder mit einer Stahlträgerkonstruktion erfolgen."

Eine große Chance für Hamburg, durch Aufstockungen neuen Wohnraum zu schaffen, ohne Grünflächen durch Nachverdichtungen anzugreifen, sieht auch der Grundeigentümer-Verband Hamburg. "Wenn ich durch Altbauquartiere gehe, schaue ich immer nach oben und sehe viel Potenzial für Dachausbau und Aufstockungen", sagt Geschäftsführer Torsten Flomm. Interessant sei das Thema insbesondere für Besitzer einzelner Immobilien, die auf diese Weise einen Beitrag zum Hamburger Wohnungsbauprogramm leisten könnten, 6000 neue Wohnungen pro Jahr zu bauen.

Politik und Bauämter stehen geplanten Aufstockungen prinzipiell wohlwollend gegenüber, weiß Norbert Riedel von Riedel Architekten. Er hatte für ein gründerzeitliches Gebäude am Großneumarkt eine Dachaufstockung geplant, die aber nicht realisiert wurde. "Wenn es eine Zeit gibt, in der solche Projekte positiv bewertet werden, dann jetzt." Das letzte Wort hätten bei den Planungen in der Regel die Rechtsabteilungen der Bauämter. "Eine Aufstockung ist meist nur durch eine Befreiung vom bestehenden Planungsrecht möglich", sagt Riedel. Um Klagen von benachbarten Grundeigentümern auszuschließen, muss die Befreiung durch die politischen und behördlichen Gremien erfolgen. Kein Klagerecht haben dagegen Mieter in den benachbarten Häusern, deren Wohnungen durch die Aufstockung verschattet werden. Dazu Siegmund Chychla, stellvertretender Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg: "Wenn man die locker bebauten Nachkriegsbestände hier und da behutsam aufstockt, wird das Beschattungsproblem kein Thema sein. Eine moderate Optimierung von Grundstücken ist aus unserer Sicht ein guter Weg, neuen Wohnraum in Hamburg zu schaffen."