Auf St. Pauli entstehen mit dem Pestalozzi-Quartier 100 Wohnungen, einige davon durch den Umbau einer Schule. 2014 soll es fertig sein.

St.Pauli. "Seit 2007 arbeiten wir am Pestalozzi-Quartier", sagt Stefan Wirth, Partner bei Renner Hainke Wirth Architekten. Das Büro hat den städtebaulichen Entwurf erstellt und für den Investor Gerhard Clausen unter anderem 51 frei finanzierte Wohnungen entworfen. Die Einheiten sollen vermietet werden.

Zwei Jahre Arbeit liegen noch vor den Architekten. Bis 2014 soll auf dem Gelände der ehemaligen Pestalozzi-Schule auf St. Pauli, zwischen Großer und Kleiner Freiheit gelegen, ein Wohn- und Gewerbequartier mit insgesamt 100 Einheiten entstehen. Die drei alten Schulgebäude, zwei kleinere aus dem Jahre 1907 und ein imposanter Backsteinbau aus dem Jahre 1928, entworfen vom damaligen Altonaer Bausenator Gustav Oelsner, werden zu Wohnhäusern umgebaut, in denen auch Büronutzung vorgesehen ist. Der Oelsner-Bau wird von Heyden und Hidde Architekten für die Baugemeinschaft "Wohnschule" umgebaut.

Aida Entertainment will hier Künstler ausbilden und Werkstätten unterhalten

Für die Baugemeinschaft "Kleine Freiheit" baut das Büro drei öffentlich geförderte Neubauten mit 30 Wohnungen. Das sechsstöckige Entertainmenthaus soll das Wohnquartier vor dem Lärm der viel befahrenen Simon-von-Utrecht-Straße schützen. Hier wird die Aida Entertainment GmbH als Ankermieter künftig junge Künstler ausbilden und Werkstätten unterhalten. "Eine Nutzung, die perfekt in den Stadtteil passt", sagte Architektin Karin Renner bei der Grundsteinlegung im Juni.

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Auch die Wohnbebauung des Pestalozzi-Quartiers soll sich gut in den bunten Stadtteil einfügen. "Hier wird sich die Vielfalt St. Paulis widerspiegeln", sagt Stefan Wirth. Lebensraum für Familien, Singles und Senioren ist vorgesehen. Geplant ist ein bunter Mix aus Gebäudetypen, darunter neun Stadt- und vier Mehrfamilienhäuser, ein Haus mit Seniorenwohnungen und die drei besagten Bestandsbauten.

Da die Grundstücke den Investoren im Rahmen der Wohnungsbauoffensive II überlassen wurden, sind die Mieten der bis zu 120 Quadratmeter großen Wohnungen in den ersten Jahren gedeckelt und liegen bei 9,50 Euro kalt/m². "Auf St. Pauli leben viele Familien, die sich diese Mieten leisten können und auf keinen Fall wegziehen wollen", sagt Stefan Wirth. Architekt Sven Hidde, der für die beiden Baugemeinschaften plant, hat die schwierige Aufgabe, in Absprache mit dem Denkmalschutzamt die Oelsner-Schule umzubauen. "Es soll so viel wie möglich erhalten werden. Die Treppenhäuser und die Gänge werden nicht angerührt. Allerdings dürfen wir im Haupttreppenhaus einen Fahrstuhl einbauen." Balkone werde es nicht geben. Dafür soll auf dem Flachdach eine Gemeinschaftsfläche entstehen. Die hat es schon früher gegeben. "Die Schule war 1928 eine der modernsten in Deutschland. Zum Konzept gehörten Freiluftklassen mit Unterricht auf dem Dach", sagt Sven Hidde.

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Die Aula soll zu einer Gewerbefläche mit Galerie umgebaut und vermietet werden. Die Turnhalle darf von bisherigen Nutzern, darunter die Tischtennisabteilung des FC St. Pauli, weiter kostenlos genutzt werden. "Das gehörte zur Auflage", sagt Gurli Thermann von der Baugemeinschaft. Noch steht nicht fest, wie der Vorraum genutzt wird. "Wäre nicht schon im Neubau der 'Kleinen Freiheit' ein Café geplant, hätte es hier gut hingepasst", sagt Hidde.

Die 3,80 Meter hohen Klassenräume sind um die 50 Quadratmeter groß. Einige Räume sollen zu größeren Wohnungen zusammengefasst werden. Gurli Thermann wünscht sich, dass die Korridore dabei frei bleiben und nicht als Abstellfläche für Fahrräder oder als Stauraum genutzt werden. "Wir wollen die innere Großzügigkeit des Gebäudes genießen." Das Gebäude selbst befindet sich in einem guten Zustand und wurde erst vor ein paar Jahren saniert. "Wir untersuchen derzeit das Haus und suchen nach punktuellen Lösungen für die Probleme, auf die wir stoßen", sagt Architekt Hidde. Dabei gehe es in erster Linie um die Frage, wie energetisch das Haus sein wird. Eine Innendämmung komme für ihn nicht infrage.

Der städtebauliche Entwurf sieht vor, dass der alte Baumbestand weitgehend erhalten bleibt und das Quartier nur über Fußwege erschlossen wird. In die beiden Tiefgaragen fährt man über die Große und die Kleine Freiheit. Je weiter man ins Quartier eindringt, desto ruhiger wird es werden. "Dieser Teil der Großen Freiheit gehört nicht zur Vergnügungsmeile Große Freiheit, sieht man einmal vom Grünspan ab", sagt Stefan Wirth. Hier stehen noch alte Wohnhäuser aus der Zeit, in der die Straße ihren Namen erhielt. "Die Große Freiheit heißt so, weil hier früher viele religiöse Minderheiten Kirchen bauen durften. Der größere der beiden alten Schulbauten von 1907 wurde auf dem Fundament einer alten Kirche errichtet", erklärt Stefan Wirth. Um die Fundamente einer anderen Kirche auf dem Gelände zu untersuchen, wurde eine Ausgrabungsgenehmigung beantragt. Keine Frage, das Pestalozzi-Quartier ist nicht nur ein interessanter neuer Standort, es ist auch ein historisch bedeutsamer Ort.