Wo einst gearbeitet wurde, planen Investoren in Hamburg neue Quartiere. Wenn Behörden kein Veto einlegen

Zwar hat das Bezirksamt Mitte einem Projektentwickler gerade den Bau von 350 Häusern auf Gewerbeflächen am Hammer Deich in Rothenburgsort verwehrt. Investor Dieter Becken gibt sein Ziel jedoch nicht auf, dort auf benachbarten Industrieflächen bis zu 800 Wohnungen bauen zu wollen. "Ich werde versuchen, die beteiligten Behörden und die vor Ort angesiedelten Unternehmen in ein Boot zu holen und sie davon zu überzeugen, dass es sehr interessante Ausgleichsflächen im südlichen Raum Hamburgs gibt. Dort ist auch die Anbindung an die Autobahn besser", sagt der Geschäftsmann, der sich bislang eher durch Bürobauten wie das Deichtor-Center oder den Berliner Bogen am Anckelmannsplatz einen Namen gemacht hat.

Becken hält das Thema Wohnungsbau auf Industriebrachen für "zukunftsweisend": "In Hamburg fehlt es nicht an Wohnungen an der Alster, sondern an Wohnungen, die den Bedürfnissen von Menschen mit kleinerem Einkommen entsprechen", ist er überzeugt. Insofern sei es wichtig, dass in Hamburg das Wohnen in ehemaligen Büros erlaubt und Bebauungspläne schneller bearbeitet würden als bislang. Außerdem sollten Grundstücke der Stadt unter der Maßgabe, dass Mietobergrenzen eingehalten werden, preiswert an Investoren vergeben werden.

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Zurzeit hält Becken in Hamburg rund 500 öffentlich geförderte Wohnungen in seinem Portfolio. Darüber hinaus hat der Unternehmer ein Grundstück an der Borgfelder Allee an der Hand, auf dem Wohn- und Büroflächen entstehen können. Auch am Vorsetzen in der Neustadt plant er auf einem Teil des ehemaligen Hauptsitzes des Beratungs- und Prüfkonzerns Germanischer Lloyd einen Büro- und Wohnkomplex. Mehr als 30 Prozent der Fläche sollen auf Wohnraum entfallen.

Bedeutet dieser Umstand, dass sich Hamburg mit dem Bau von Wohnungen auf Gewerbeflächen anfreundet? Ole Klünder, Geschäftsführer der wph Wohnbau und Projektentwicklung Hamburg, wiegelt ab. Das Unternehmen hat bereits viele Wohnungsbauprojekte auf solchen Flächen realisiert. "Leider kommt es bei Vorbescheidsverfahren, in denen grundsätzlich geklärt wird, ob ein Projekt genehmigt werden kann oder nicht, noch zu häufig zu Verzögerungen", sagt Klünder. Anders als im Baugenehmigungsverfahren seien bisher keine Bearbeitungsfristen für diese Vorbescheide vorgesehen gewesen. "Dieses wurde nun Anfang des Jahres durch eine neue Vorgabe korrigiert." Nun sollten Vorbescheidsverfahren grundsätzlich innerhalb einer Frist von drei Monaten abgeschlossen sein. "Aber dies ist unserer Erfahrung nach noch nie gelungen."

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Grundsätzlich seien vom Hamburger Senat aber viele gute Maßnahmen angeschoben worden. So zum Beispiel das Einrichten eines Flächenmanagements, um die in der Stadt vorhandenen Flächenpotenziale zentral zu erfassen. "Das ist wichtig, um auch Konversionsflächen auszumachen, die für Wohnprojekte genutzt werden können", sagt Klünder. Auch ein Ideenträgerwettbewerb, um Flächen für den Wohnungsbau in Kooperation mit der Immobilienwirtschaft zu entwickeln, sei ein guter Ansatz. "Vieles scheitert dann aber an der Verwaltung in den Bezirken."

Dass Wohnungen auf sogenannten Konversionsflächen schnelle Abnahme finden, zeigt das jüngst vollendete Projekt der wph Wohnbau auf einem Teilgrundstück des ehemaligen Eilbek-Krankenhauses. "Dort waren die 28 Einheiten in den beiden Wohntürmen schnell vergeben", sagt Oliver Seitner, Geschäftsführer der Icon Immobilien GmbH. Das Unternehmen hat für die wph auch den Vertrieb der 46 Wohnungen übernommen, die derzeit im Rahmen der "Wandsbeker Höfe" auf einem vormals durch die Polizei genutzten Grundstück an der Schädlerstraße entstehen. Auch hier sind bereits 50 Prozent der Einheiten verkauft - zu Quadratmeterpreisen von circa 3500 Euro.

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"Zeitweilig wurde die Idee verfolgt, hier eine Suchtklinik zu errichten", sagt Klünder. Doch die Anlieger lehnten dies erfolgreich mit Hinweis auf die nahe gelegene Schule ab. "Das Baurecht wurde so umgewandelt, dass Wohnen auf dem Gelände möglich wurde."

Klünder hat das nächste Projekt bereits im Visier: "Zurzeit entwickeln wir auf einem Grundstück in Eimsbüttel ein Neubauvorhaben, auf dem noch ein Hochbunker steht. Er wird Anfang 2013 für Wohnungen abgerissen. Bis dahin planen wir Führungen im Bunker."

Derweil finden schon erste Informationsabende zum größten Neubauprojekt der Stadt Hamburg auf einer Konversionsfläche im Bezirk Wandsbek statt: dem Quartier "Jenfelder Au" mit 770 Wohnungen, das auf dem Gelände der ehemaligen Lettow-Vorbeck-Kaserne ab Ende 2013 entstehen soll.