Chirurgie: Ein Hamburger Arzt hilft Brandverletzten in Afrika. Er beschreibt seine Erlebnisse.

Tesfamariam schreit vor Schmerzen. Mit lebensgefährlichen Verbrennungen an Händen und Armen kommt das fünf Monate alte Baby in die Brandverletztenstation des Halibet-Krankenhauses in Asmara, der Landeshauptstadt von Eritrea. Schuld ist ein umgestürztes Kerosin-Kochgerät, das die Hütte sofort in Flammen setzte. Schnelle Hilfe leistet der Düsseldorfer Chirurg Karl-Adolf Brandt. Er operiert Tesfamariam rechtzeitig und kann sein Leben retten.

Brandts jahrelangem Engagement ist es zu verdanken, daß es in Asmara seit 2001 die erste Brandverletzten-Station von Eritrea gibt. Die in einem weißen Backsteinhaus untergebrachte Station liegt auf dem Gelände des Halibet-Krankenhauses. Hier finden bis zu 21 Patienten in den einfachen Zimmern Platz, die von einem Chirurgen und zehn Krankenschwestern versorgt werden. Auch die Operationen finden im Halibet statt.

Zweimal im Jahr fliegt Brandt mit einem Team für mehrere Wochen hierher, um das einheimische Personal zu unterstützen. In Deutschland hat der Mediziner das Hammer Forum mobilisiert, einen gemeinnützigen Verein, der sich für Kinder aus Kriegs- und Krisengebieten engagiert.

Bei der letzten Reise des siebenköpfigen Ärzte- und Pflegerteams war auch ich erstmals dabei. Auf der Station war ich eingebunden in die Operationen und dabei zuständig für die Behandlung von handchirurgischen Fällen. Eine besondere Herausforderung für mich war es, mich auf die einfachen Verhältnisse vor Ort einzustellen. Als ich ankam, war gerade ein Waschbecken abgebrochen. "Bis es repariert wird, können Wochen, oft Monate vergehen", klärte mich Saba, die Oberschwester der Station, auf. Auch mit den sanitären Anlagen gab es mehrmals Probleme, die nicht sofort behoben wurden.

Ansprechpartner für solche Angelegenheiten ist das einheimische Gesundheitsministerium, mit dem die Zusammenarbeit allerdings schleppend verläuft. Verhandlungen über notwendige Baumaßnahmen, Reparaturen oder die Bezahlung des Pflegepersonals ziehen sich häufig in die Länge, ohne daß ein Fortschritt sichtbar wird.

Durch den jahrzehntelang andauernden Krieg mit dem Nachbarstaat Äthiopien ist das Land wirtschaftlich und sozial ausgeblutet. Die Männer sind beim Militär, 40 Prozent der Familien bestehen nur noch aus alleinerziehenden Müttern und ihren Kindern. Schon früh werden die Kinder als Arbeitskräfte eingespannt, um die fehlenden Väter zu ersetzen. Brandverletzungen gerade von Kindern und jungen Frauen sind in dem zu den ärmsten Ländern der Welt zählenden Eritrea an der Tagesordnung. Auf der Station liegt auch die 16jährige Loam. Sie hat schwere Verbrennungen an Armen, Hals und Kopf - Folgen eines Suizidversuchs. Bei Frauen sind Suizid-Verletzungen die häufigste Ursache für eine Einlieferung auf die Brandverletzten-Station. Aus Verzweiflung über die katastrophalen Zustände versuchen sie, sich das Leben zu nehmen. Allein während meines 18tägigen Aufenthaltes wurden zwölf Frauen und Mädchen mit Brand-Suizid-Verletzungen eingeliefert und notoperiert, eine erschreckende Bilanz.

Unsere Aufgabe in dem krisengeschüttelten Land sehen wir darin, den einheimischen Ärzten und Pflegern möglichst viele praktische Anweisungen mit auf den Weg zu geben. Wichtig ist, daß die Menschen vor Ort neben notwendigen Instrumenten und Medikamenten auch die Fähigkeit erlernen, zukünftig Operationen erfolgreich durchzuführen.

Wenn ich heute auf die Wochen in Asmara zurückblicke, kann ich ein positives Fazit ziehen. Für mich war die Arbeit mehr als nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Wir haben wichtige Grundlagenarbeit zur Verbesserung der medizinischen Infrastruktur geleistet. Auf diesem Wege gehen wir weiter.

Meine zweite Reise nach Eritrea steht bereits fest. Anfang 2006 geht es erneut nach Asmara. Dann werde ich, zusammen mit Brandt, Tesfamariam wiedersehen und eine Prothesenversorgung für seine verlorene Hand in die Wege leiten.

Als nächstes ist geplant, die Station in das zentral gelegene Krankenhaus von Asmara zu verlegen. Hier könnte die medizinische Versorgung verbessert werden, da die Station räumlich in ein Krankenhaus mit guter Infrastruktur integriert wird. Ein eigener OP-Raum und ein Zimmer für ambulante Behandlungen sind bereits zugesichert. Meine Kollegen und ich würden uns über Spenden für die Brandverletzten-Station sehr freuen.

  • Der Hamburger Handchirurg Dr. Ulf Bauer arbeitet als Belegarzt und im Vorstand des Michaelis Krankenhauses in Eimsbüttel.
  • Spendenkonto: Hammer Forum e. V. Kennwort: " Hilfe für die Brandver-letztenstation in Eritrea", Sparkasse Hamm, Kontonummer: 4070181, BLZ 41050095.