Wenn Wohnungen schlecht belüftet oder geheizt sind, verbreitet sich Schimmel - Nährboden für Allergien.

Jede fünfte Wohnung in Deutschland hat nach einer Untersuchung der Uni Jena Feuchteschäden und damit über kurz oder lang ein Schimmelproblem. Eine Studie des Umweltbundesamts (UBA) zeigte, dass 8,3 Prozent der Kinder im Alter zwischen drei und 14 Jahren gegenüber Schimmelpilzen sensibilisiert sind, die typischerweise in Räumen vorkommen. Angesichts steigender Öl- und Gaspreise warnt Dr. Birger Heinzow, Fachmann für umweltbezogenen Gesundheitsschutz im Kieler Landesamt für soziale Dienste: "Die Menschen werden in Zukunft weniger Energie in die Wohnung investieren. Und damit wird die Schimmelpilz-Problematik zunehmen."

Wenn die Luftfeuchte an der Oberfläche von Decken, Wänden, Fußböden oder Inneneinrichtung über 80 Prozent ansteigt, finden Schimmelpilze ideale Lebensbedingungen. Hinzu kommt meist ein reichhaltiges Nahrungsangebot: Holz, Pappe, Teppichböden, Tapeten, Leder, Kunststoffe, Gummi, Farben und Kleister. Oft wachsen die Pilzkolonien zunächst im Verborgenen: Hinter Schränken, Bettkästen, Gardinen, unter Tapeten und Teppichböden. Spätestens wenn ein muffiger Geruch im Raum steht, ist Alarm angesagt. Schimmelpilze sind ein Gesundheitsrisiko.

"Sie steigern die Infektanfälligkeit, fördern chronische Bronchitis und andere Atemwegserkrankungen", sagt Umweltmediziner Heinzow. "Und sie können Allergien auslösen." Hier gibt es verschiedene Typen: Die akute Allergie entspricht dem Heuschnupfen: Das Immunsystem des Körpers reagiert über, Schnupfen und brennende Augen sind häufige Folgen. Ein weiterer Allergie-Typ ist die verzögerte Reaktion durch Bildung von Antikörpern, die zu chronischen Entzündungen führen kann. Schlimmstenfalls entsteht eine Unverträglichkeit gegenüber Schimmelpilzen, bei der schon kleinste Sporenmengen alle möglichen Beschwerden (etwa Kopfschmerzen, Mattigkeit, Gelenkprobleme) auslösen können.

Beim Untersuchungsprogramm KUS, das im Auftrag des UBA die Umwelteinflüsse auf 1800 Kinder im Alter zwischen drei und 14 Jahren erfasst hat, reagierten in den beiden höchsten Altersgruppen (neun bis elf und zwölf bis 14 Jahre) jeweils mehr als zehn Prozent der Kinderkörper auf Innenraum-Schimmelpilze. "Viele Kinder sind nur gegen eine der sieben erfassten Arten sensibilisiert. Wenn also nur auf drei oder vier Arten untersucht wird, fallen viele Kinder durchs Raster", warnt Dr. Regine Szewzyk vom UBA.

Schimmelige Wohnungswände fanden die Experten eher in städtischer als in ländlicher Umgebung und überdurchschnittlich häufig in Mehrfamilienhäusern. Zudem schnitten die schlechter gedämmten Altbauten (vor 1980 errichtet) schlechter ab als neuere Gebäude. Offensichtlich lösen kalte Bauteile, Wärmelecks und andere Undichtigkeiten eher Schimmelbefall aus als mangelhafte Belüftung bei gut gedämmten Gebäuden. Szewzyk: "Gerade im sozialen Wohnungsbau müsste viel mehr gedämmt werden. Hier fehlt die staatliche Unterstützung." Die Räume haben weniger ein Schimmel- als vielmehr ein Feuchteproblem, betont Birger Heinzow. Schimmelpilze gehören zum Alltag, sie sind überall. In Innenräumen sprießen die mikroskopisch kleinen Pilze aber nur, wenn es für sie feucht genug ist. Die effektivsten Luftbefeuchter sind die Bewohner: Jeder Mensch gibt über Haut und Atem täglich etwa einen Liter Wasser an die Luft ab. Bis zu vier Liter können beim Kochen, Duschen oder Wäschetrocknen hinzukommen. Der Wasserdampf muss möglichst effektiv ins Freie gelangen - durch Querlüftung (drei bis fünf Minuten Durchzug), Stoßlüftung (geöffnetes Fenster für fünf bis zehn Minuten) oder durch eine automatische Lüftungsanlage, die die Zimmerluft austauscht und Raumwärme zurückhält, indem die ausströmende verbrauchte Luft die einströmende Frischluft erwärmt.

Je kühler die Luft, desto weniger Wasser kann sie aufnehmen. An kühleren Ecken kann daher die Luftfeuchte zur Schimmelbildung führen, selbst wenn in der Raummitte alles in Ordnung ist: Liegt die Raumtemperatur bei 20 Grad und das Hygrometer zeigt 60 Prozent relative Luftfeuchte an, so kann in Ecken von schlecht gedämmten Außenwänden die Temperatur etwa drei Grad niedriger liegen und die Luftfeuchte etwa 74 Prozent erreichen. Steht gar ein Schrank in der Ecke und schirmt die wärmere Raumluft ab, sinkt die Temperatur auf 14 Grad, die Luftfeuchte steigt auf 88 Prozent - ein Paradies für Schimmelpilze.

Umweltmediziner empfehlen deshalb, Möbel an Außenwänden mit Abstand aufzustellen. Die beste Abhilfe schafft jedoch eine gute Dämmung. Allerdings betont Regine Szewzyk: "Lüftung muss bei Dämmmaßnahmen mitbedacht werden. Vor allem Fenstersanierungen reduzieren den Luftaustausch. Als Folge sind der Einbau eines automatischen Lüftungssystems oder Verhaltensänderungen nötig."


Weitere Informationen: www.umweltberatung-nord.de