Bis zum Jahr 2050 wird sich die Zahl der Demenzkranken in Deutschland auf etwa zwei Millionen verdoppeln. Wie kann man ihnen helfen? Das ist eines der Themen beim Jahreskongress der Nervenärzte mit mehr als 4000 Medizinern im Hamburger CCH. Vom Kongress berichtet Cornelia Werner.

Demenz, Schlaganfall, Parkinson - in Deutschland gibt es immer mehr Patienten mit neurologischen Erkrankungen. Ein Grund dafür ist, dass die Menschen immer älter werden. "Wir haben in den kommenden 45 Jahren eine komplette Veränderung der Alterspyramide. Das bedeutet auch, dass Krankheiten in den Vordergrund treten", sagte Prof. Günther Deuschl zum Auftakt des Jahreskongresses der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, der gestern in Hamburg begann.

Das betrifft insbesondere auch neurologische Erkrankungen. Der Kongresspräsident nannte eindrucksvolle Zahlen. So wird sich nach aktuellen Prognosen die Zahl der Demenzkranken bis zum Jahre 2050 von heute einer Million auf zwei Millionen verdoppeln. Die Zahl der Schlaganfallpatienten soll bis dahin um 68 Prozent zunehmen. Gleichzeitig herrsche heute schon ein Mangel an Neurologen, sodass ein Engpass in der Patientenversorgung drohe. Die Sorge um den ärztlichen Nachwuchs ist ein Schwerpunkt des viertägigen Kongresses, zu dem mehr als 4000 Teilnehmer im Hamburger Congress Centrum erwartet werden.

Ein weiteres Thema dreht sich um neue Erkenntnisse zur Demenz, ihre Unterformen und deren Entstehungsmechanismus. Die häufigste Form ist die Alzheimer-Demenz, die etwa zwei Drittel der Fälle betrifft. Von solchen degenerativen Erkrankungen sind Demenzformen abzugrenzen, die durch Schäden an den Blutgefäßen bedingt sind. Diese sogenannte vaskuläre Demenz wird immer stärker differenziert, zum Beispiel in die Demenz nach einem oder mehreren Schlaganfällen und die Form, die durch langfristige Schädigung kleiner Blutgefäße entsteht. Der wichtigste Risikofaktor dafür ist der Bluthochdruck. "Aber hoher Blutdruck wird oft nicht erkannt und wenn, dann nicht konsequent behandelt", sagte Prof. Klaus Schmidtke aus Freiburg. Da es nach wie vor keine Medikamente gebe, um Demenzen zu heilen, liege der Schwerpunkt in der Prophylaxe.

Der Spezialist stellte auch neue Erkenntnisse zur sogenannten Pick-Krankheit vor, die vor allem das Stirnhirn betrifft. So wurde im vergangenen Jahr entdeckt, das bei einem Teil der Fälle eine Mutation des Proteins vorliegt, die wiederum zur Ablagerung eines anderen Proteins in den Nervenzellen führt. Jetzt nehmen Experten an, dass die Pick-Krankheit mit der Amyotrophischen Lateralsklerose verwandt ist, einer Erkrankung des motorischen Nervensystems, die möglicherweise auf den gleichen molekularbiologischen Veränderungen beruht.

Zur Behandlung der Demenz wird vor allem an Substanzen gearbeitet, die die Ablagerung des Eiweißes Amyloid in den Nervenzellen verhindern sollen. Einige Substanzen hätten sich zwar als Fehlschläge erwiesen, sagte Schmidtke. "Es gibt viele Methoden, aber wir sind noch nicht am Ziel." Die aktuelle Hoffnung ruhe auf der Entwicklung eines Impfstoffes, bei dem Antikörper gegen den schädlichen Teil des Amyloid-Eiweißes eingesetzt werden.