3500 Patienten, die an einer psychischen Störung leiden, werden jährlich im Psychiatrischen Zentrum Rickling behandelt, 875 wegen Depression. 3000 Patienten werden zudem ambulant betreut.

Ich konnte nichts mehr fühlen, weder Freude noch Trauer, und wollte nicht mehr leben" - mit diesen Worten beschreibt die dunkelhaarige Patientin die erste Phase ihrer Depression, die sie im vergangenen Jahr in das Psychiatrische Zentrum Rickling brachte. Jetzt ist sie zum zweiten Mal hier: "Aber es ist längst nicht so schlimm wie beim letzten Mal." Die Behandlung einer Depression ist einer der Schwerpunkte der 274-Betten-Klinik im Herzen Schleswig-Holsteins. Das Krankenhaus wird getragen vom Landesverein für Innere Mission in Schleswig-Holstein und ist zuständig für die psychiatrisch-psychotherapeutische Regionalversorgung des Landkreises Segeberg. Auf dem weitläufigen grünen Gelände sind insgesamt 14 Stationen untergebracht, die nach einem Spezialisierungsprinzip organisiert sind. "Wir haben für die großen psychischen Störungen wie Schizophrenie, Depression, Sucht, Persönlichkeitsstörungen und Gerontopsychiatrie eigene Stationen", erklärt Dr. Hans-Joachim Schwarz, Leitender Chefarzt des Psychiatrischen Zentrums, in dem pro Jahr 3500 Patienten stationär und etwa 3000 ambulant behandelt werden.

Wegen einer Depression werden pro Jahr rund 875 Patienten stationär aufgenommen, wenn die Erkrankung so schwer ist, dass die Patienten zu Hause nicht mehr zurechtkommen oder akute Suizidgefahr besteht.

Aber nicht immer ist das Krankheitsbild so eindeutig, dass die Diagnose schnell gestellt werden kann: "Ich wäre nie darauf gekommen, dass ich eine Depression habe. Ich hatte ständig Kopf- und Bauchschmerzen. Und als eine Ehekrise hinzukam, fingen die Albträume an. Mein Hausarzt hat mich dann in die Klinik eingewiesen. Erst hier habe ich eingesehen, dass ich eine Depression habe", berichtet eine 27 Jahre alte Patientin.

Erster Anlaufpunkt für Patienten ist die zentrale Aufnahme. Dort werden ihre Daten erfasst, die Erstuntersuchung durchgeführt und die Diagnose gestellt. Dann folgt die Verlegung auf die Depressionsstation, auf der es 34 Betten gibt. "Dort leben die Patienten in Gruppen zusammen, nach dem Prinzip der therapeutischen Gemeinschaft. Wir versuchen, ein Ambiente zu schaffen, das möglichst wenig an eine Klinik erinnert und ein Zuhausegefühl bieten kann", sagt Schwarz. Die Patienten wohnen in Ein- und Zweibettzimmern, haben einen Speiseraum und ein Wohnzimmer, in dem sie auch gemeinsam fernsehen. "Die Patienten sollen sich mit ihren Erfahrungen gegenseitig stützen, sowohl was die Krankheit anbelangt als auch die verschiedenen individuellen Wege, die aus dieser Krankheit wieder herausführen können", erklärt Schwarz.

Das Therapieprogramm enthält viele Bausteine, aus denen nach den Bedürfnissen des Patienten sein individueller Therapieplan zusammengesetzt wird. Schwerpunkte sind die Psychotherapie, einzeln und in Gruppen, und die Behandlung mit Medikamenten. In der Psychoedukation werden die Patienten über ihre Krankheit, Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten informiert. Andere Elemente sind Ergo- und Kunsttherapie, soziales Kompetenztraining, Entspannungsübungen, Bewegungstherapie, Sportangebote, wie Nordic Walking oder Schwimmen.

"Wenn jemand zu gar nichts Lust hat, kann das auch an seiner schweren Depression liegen. Dann muss man die Interessen langsam wieder aufbauen. Es kann durchaus sein, dass ein Patient in den ersten zwei Wochen seines Aufenthaltes hauptsächlich psychosomatisch behandelt wird, mit Medikamenten und pflegerischer Betreuung rund um die Uhr", sagt Dr. Volker Obrikat, Oberarzt auf der Depressionsstation. Erst danach beginnt dann die eigentliche Therapie, um Schritt für Schritt ins normale Leben zurückzufinden. "Im Durchschnitt bleiben die Patienten rund zwei bis drei Monate in der Klinik", sagt Obrikat.

Um den Kontakt zum wirklichen Leben aufrechtzuerhalten, gehen sie so bald wie möglich über das Wochenende nach Hause. "Das ist für sie eine Chance zu überprüfen, wie weit sie dem Alltag in ihrer normalen Umgebung schon wieder gewachsen sind oder an welchen Punkten sie noch Unterstützung durch die Therapeuten brauchen", sagt Schwarz. So schildert ein 51 Jahre alter Patient, dass er an den Wochenenden zu Hause versucht, mit seiner Ehefrau, von der er vor dem Klinikaufenthalt getrennt gelebt hat, "wieder einen gemeinsamen Weg zu finden". Wann immer es möglich sei, würden die Angehörigen in die Therapie mit einbezogen, durch Angehörigengruppen oder Einzelarbeit, betont Sabine Beckmann, psychologische Psychotherapeutin.

Damit die Patienten nach der Entlassung zurechtkommen, wird schon in der Klinik mit dem Therapeuten überlegt, was an ambulanter Betreuung nötig ist. "Manche Patienten kommen mit gelegentlichen Hausarztbesuchen aus, andere gehen regelmäßig zum Psychiater oder brauchen noch eine ambulante Psychotherapie. Einige Patienten wechseln auch für einige Zeit in die Tagesklinik", sagt Obrikat.

Da die Depression immer wiederkommen kann, müssen die Patienten zur Vorbeugung möglicherweise Medikamente einnehmen und Signale kennen, die auf einen Rückfall hinweisen. So weiß eine 42 Jahre alte Patientin: Immer wenn sich ihre Froschphobie deutlicher bemerkbar macht als sonst, ist eine Depression im Anmarsch. Und wenn sie beschreibt, wie es zu dieser depressiven Phase kam, spielt auch Stress eine Rolle.

"Wenn die Patienten lernen, Symptome ihrer Erkrankung frühzeitig wahrzunehmen, und dann zu uns kommen, ist oft die Aussicht besser, dass sie früher wieder gesund werden. Voraussetzung dafür ist aber, dass sie ihre Krankheit akzeptieren, was besonders am Anfang sehr schwierig sein kann", sagt Schwarz. "Die meisten wissen aber, dass sie eine Erkrankung haben, die bestimmte Formen der Lebensführung erforderlich macht. Vor allen Dingen müssen sie lernen, Belastungsfaktoren zu erkennen und damit umzugehen. Sie sollten regelmäßig Kontakt zu ihrem Psychiater oder Psychotherapeuten halten, die verordneten Medikamente regelmäßig einnehmen und belastende Lebens- und Arbeitsbedingungen überprüfen und verändern."