Krank an Körper und Seele? Für die stationäre Versorgung dieser Patienten wurde gestern im Schön-Klinikum Eilbek eine Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in Betrieb genommen. "Auf dieser Station behandeln wir Patienten, die zusätzlich zu einer körperlichen Erkrankung unter seelischen Störungen leiden und für die eine ambulante Therapie nicht ausreicht", sagt Prof. Bernd Löwe, Chefarzt der Abteilung. Als Beispiel nennt er Diabetiker, die gleichzeitig unter Ängsten oder Depressionen leiden. "Außerdem", so Löwe, "behandeln wir dort Patienten mit psychischen Problemen, die körperliche Auswirkungen haben. Das ist zum Beispiel bei Patienten mit Essstörungen der Fall, die teilweise so stark abgemagert sind, dass ihr Zustand lebensbedrohlich wird."

Dabei arbeitet das Klinikum Eilbek eng mit dem Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) zusammen. So hat Löwe, der vorher Leitender Oberarzt der Klinik für Psychosomatische und Allgemeine Klinische Medizin an der Uniklinik Heidelberg war, über eine Stiftungsprofessur von den Schön-Kliniken den Lehrstuhl für Psychosomatik am UKE erhalten, wo er Forschung und Lehre betreibt. Sowohl im UKE als auch im Klinikum Eilbek sind Ambulanzen als erste Anlaufstellen eingerichtet.

"Dort können sich Patienten mit Überweisung ihres Hausarztes vorstellen. In einem Beratungsgespräch stellen wir fest, welche Erkrankung vorliegt und welche Form der Behandlung die Patienten benötigen. Das kann weitere Diagnostik, eine ambulante Psychotherapie, eine psychiatrische Behandlung oder schlicht eine Beratung sein. Wer eine stationäre psychosomatische Behandlung braucht, wird im Klinikum Eilbek aufgenommen."

Schwerpunkt ist die Behandlung von Patienten mit körperlichen und seelischen Erkrankungen, aber auch von Patienten, die in akuten Lebenskrisen stecken und deshalb unter starken Ängsten, Verzweiflung oder körperlichen Belastungsreaktionen wie Herzrasen leiden. Nicht aufgenommen werden können Patienten mit Psychosen oder Suchterkrankungen.

In der Klinik erwartet die Patienten ein spezielles, auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenes Therapieprogramm. Am Anfang steht eine gründliche ärztliche Untersuchung und die Abklärung von unklaren Beschwerden. Dann folgt eine ausführliche psychosomatische Diagnostik der seelischen Probleme. Je nach dem Ergebnis der Untersuchungsbefunde erhalten die Patienten eine Therapie ihrer körperlichen Erkrankung, zum Beispiel durch Medikamente. Gleichzeitig wird für sie ein spezielles psychotherapeutisches Therapieprogramm zusammengestellt. "Dazu gehören Einzelgespräche mit Psychotherapeuten, Gruppensitzungen, Bewegungstherapie, Kunsttherapie, Sozialtherapie. Zudem gibt es spezielle Gruppen für Schmerzpatienten und Patienten mit Essstörungen. Jeder Patient bekommt drei bis fünf unterschiedliche Therapieverfahren pro Tag", erklärt Löwe, der für diese Arbeit gleich drei Qualifikationen mitbringt: Der 41-Jährige ist Internist, Facharzt für psychotherapeutische Medizin und psychologischer Psychotherapeut.

Dabei ist die Psychotherapie nicht an einer einzigen Therapierichtung orientiert, sondern ausschließlich an den Bedürfnissen des Patienten. "In einigen Bereichen arbeiten wir sehr verhaltenstherapeutisch, zum Beispiel bei Essstörungen mit Essverträgen und strukturierter Gewichtszunahme. Auf der anderen Seite ist auch das tiefenpsychologische Verständnis für die Probleme des Patienten wichtig. Die Zeit der strikten Therapieschulen ist vorbei. Wir arbeiten nach einem wissenschaftlichen Modell, das die Stärken der verschiedenen Therapieschulen integriert", betont Löwe.

Auch in der Sichtweise der Psychosomatik hat sich viel geändert. "Früher hat man nach der Theorie von Sigmund Freud immer gedacht, dass sich bei psychosomatischen Symptomen ein unbewusster Konflikt im Körperlichen ausdrückt. Nach dieser Sicht ist der psychische Konflikt die Ursache der Körpersymptome. Das sehen wir heute nicht mehr so ausschließlich; heute wissen wir, dass es in beide Richtungen gehen kann: Es gibt zum Beispiel auch Patienten, die körperlich erkranken und darauf mit psychischen Problemen reagieren. Oder wir haben Patienten, die gleichzeitig unter körperlichen und seelischen Erkrankungen leiden", so der Psychosomatik-Spezialist.

Ein typisches Beispiel sind Patienten mit unklaren Körperbeschwerden, die oft schon eine lange Odyssee mit etlichen Krankenhausaufenthalten hinter sich haben, ohne dass für ihre Symptome eine körperliche Ursache gefunden wurde. Das können zum Beispiel Kopfschmerzen oder Schmerzen in der Brust sein. "Die Patienten denken über Jahre, dass sie eine körperliche Erkrankung haben. Dann kann es sehr schwierig sein, sie davon zu überzeugen, dass ihre Beschwerden möglicherweise psychische Ursachen haben. Schon die Motivation zu einer Therapie ist dann bereits Teil unserer therapeutischen Arbeit", sagt Löwe.

Je nach Art und Schwere der Erkrankung bleiben die Patienten zwei bis acht Wochen in der stationären Behandlung. "In der zweiten Hälfte des Aufenthaltes bereiten wir sie auf ihre Entlassung vor, leiten eine ambulante Therapie in die Wege, beziehen Partner und Familie mit ein, sodass die Patienten für ihren Alltag und ihre Arbeit gewappnet sind."

Weitere Informationen:

Informationen zum Behandlungsangebot der Psychosomatik gibt es unter den Telefonnummern 20 92-72 01 (Eilbek) und 428 03-39 93 (UKE), im Internet unter www.schoen-kliniken.de oder www.uke.uni-hamburg.de/kliniken/psychosomatik, per E-Mail: psychosomatik@uke.uni-hamburg.de