Mitten in der Nacht wacht das drei Jahre alte Kind auf, greift sich ans Ohr, schreit und ist nicht zu beruhigen. Viele Eltern kennen diese Symptome schon und wissen: Das Kind hat wieder mal eine Mittelohrentzündung, und das Einzige, was hilft, ist der schnelle Besuch beim Hals-Nasen-Ohrenarzt. Denn die meist durch Bakterien verursachte Infektion geht mit starken Ohrenschmerzen einher.

Jedes Kind macht mindestens einmal im Leben eine Mittelohrentzündung durch. "Gehäuft treten solche Entzündungen bei Kindern auf, die vergrößerte Rachenmandeln haben, sogenannte Polypen. Eher betroffen sind auch Kinder, die schnell Atemwegsinfekte bekommen oder wegen Schwellungen der Nasenmuscheln infolge von Infekten oder Allergien schlecht durch die Nase atmen können", sagt Prof. Markus Hess, Direktor der Poliklinik für Hör-, Stimm- und Sprachheilkunde am Uniklinikum Eppendorf.

Dies alles kann dazu führen, dass die Ohrtrompete, eine Verbindung zwischen Rachen und Mittelohr, verschlossen wird. Sie sorgt normalerweise dafür, dass das Mittelohr ausreichend belüftet wird. "Bei einer akuten Mittelohrentzündung und fehlendem Druckausgleich bildet sich entzündliches Sekret. Dieses sammelt sich dort an und führt zu einem Überdruck, der sehr schmerzhaft ist", sagt Hess und vergleicht das in leichterer Form mit dem Druckgefühl auf den Ohren bei Flugreisen. "Wenn das Flugzeug startet und landet und der Kabinendruck sich rasant verändert, kann sich der Druckunterschied zwischen Mittelohr und Umgebung durch Ohrenschmerzen bemerkbar machen. Trinken oder Schlucken helfen beim Druckausgleich, und die Schmerzen verschwinden."

Bei einer akuten Mittelohrentzündung kann der Überdruck irgendwann dadurch entlastet werden, dass das Trommelfell platzt. "Dann sind die Schmerzen schlagartig verschwunden, die Entzündung klingt im Normalfall innerhalb von wenigen Tagen ab, und das Loch im Trommelfell heilt wieder zu", sagt Hess.

In der Behandlung geht es in erster Linie darum, dem Kind die Schmerzen zu nehmen. "Kommt das Kind mit einer solchen Erkrankung zum Hals-Nasen-Ohrenarzt, erhält es zunächst Schmerzmittel und abschwellende Nasentropfen, um die Ohrtrompete zügig wieder durchgängig zu bekommen", so Hess.

Die am meisten gefürchtete Komplikation, die hierzulande aber mittlerweile selten geworden ist, ist die Warzenfortsatzentzündung oder Mastoiditis. "Sie ist deshalb so gefährlich, weil sie auf das Gehirn übergreifen und dort Hirnhautentzündung und Gehirnentzündung verursachen kann. Zudem können Nerven geschädigt werden, wie der Hörnerv, der Gleichgewichtsnerv oder der Nerv, der die Gesichtsmuskulatur versorgt", sagt Hess. Deswegen empfiehlt der Hals-Nasen-Ohrenarzt, bei Kindern mit Mittelohrentzündung immer auch einen Blick hinter das Ohr zu werfen und am besten mit der gesunden Seite zu vergleichen. "Ist der Bereich über dem Knochen hinter dem Ohr auf einer Seite mehr gerötet oder geschwollen oder steht das kranke Ohr mehr vom Kopf ab als das gesunde, sollte man sofort mit dem Kind eine Hals-Nasen-Ohren-Klinik aufsuchen."