Gesundheits-Forum: NDR 90,3 und Abendblatt waren zu Gast im Bundeswehrkrankenhaus. Erkrankungen der Prostata und Möglichkeiten, Impotenz zu behandeln, waren die wichtigsten Themen der Veranstaltung mit 200 Gästen.

Was gehört alles zur Früherkennung des Prostatakrebses?

Der Prostatakrebs ist die häufigste Krebserkrankung des Mannes, deshalb sollte vom 45. Lebensjahr an jedes Jahr eine Früherkennungsuntersuchung durchgeführt werden. Dazu gehören eine Tastuntersuchung der Prostata durch den After und eine Stuhluntersuchung. Sinnvoll ist eine Ergänzung durch die Bestimmung des PSA-Wertes im Blut. Diese Leistung muß aber selbst bezahlt werden.

Dr. Walter Wagner, Chefarzt der Abteilung Urologie am Bundeswehrkrankenhaus

Was ist der PSA-Wert, und wann erhöht er sich?

PSA ist die Abkürzung für das prostataspezifische Antigen. Es kann ein Marker für den Prostatakrebs sein. Eine Verlaufsbestimmung dieses Wertes führt früher zur Prostatakrebserkennung als der tastende Finger. Aber auch die gutartige Prostatavergrößerung oder eine Entzündung der Prostata, ob chronisch oder akut, können mit einem erhöhten PSA-Wert einhergehen.

Dr. Wagner

Was gehört noch zum allgemeinen Krebsvorsorgeprogramm?

Nach dem 45. Lebensjahr sollte alle zwei Jahre eine Krebsvorsorge durchgeführt werden, bei Erkrankungen in der Familie schon früher. Ein wichtiger Bestandteil ist eine sorgfältige körperliche Untersuchung. Eine Darmspiegelung sollte spätestens mit dem 50. Lebensjahr erfolgen. Ausreichend ist eine Kontrollspiegelung im Abstand von zehn Jahren. Ab dem 40. Lebensjahr steigt das Risiko einer koronaren Herzerkrankung, deshalb sollte in diesem Alter ein Belastungs-EKG durchgeführt werden, um die Leistung des Herzens zu beurteilen. Weitere Bestandteile der Vorsorge richten sich nach dem individuellen Risiko.

Dr. Knut Reuter, Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin am Bundeswehrkrankenhaus

Wie wird Prostatakrebs behandelt?

Um einen Prostatakrebs richtig behandeln zu können, müssen viele Einzelheiten bekannt sein: Der PSA-Verlauf und eine Gewebeprobe aus der Prostata. Bei manchen Patienten kann man abwarten, bei anderen muß behandelt werden. Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Radikaloperation oder Strahlentherapie. Eine neuere Form der Bestrahlung ist die Einbringung von radioaktiv markierten Metallstücken direkt in die Prostata, die sogenannte Brachytherapie oder Seed-Implantation. Was für den einzelnen in Frage kommt, muß individuell entschieden werden.

Dr. Wagner

Wann wendet man die Hormonblockade an?

Eine Hormontherapie wird durchgeführt, wenn der Tumor nicht mehr lokal begrenzt und keine Heilung mehr möglich ist. Wenn der Tumor bereits Tochtergeschwülste in Lymphknoten oder Knochen gebildet hat, ist die Hormontherapie angezeigt.

Dr. Wagner

Was sind geeignete Untersuchungsverfahren für die Prostata?

Sehr gute Aussagekraft hat die Untersuchung der Prostata durch den tastenden Finger und die Ultraschalluntersuchung durch den Darm. Computertomographie und Magnetresonanztomographie können als bildgebende Verfahren bei speziellen Fragestellungen eingesetzt werden. Dr. Stefan Schmidt, Oberarzt der Abteilung für Urologie am Bundeswehrkrankenhaus Wenn ein Verdacht auf Veränderungen in der Prostata besteht, dann werden sechs biszehn Gewebestücke aus der Drüse entnommen und feingeweblich untersucht.

Dr. Wagner

Spielt es eine Rolle, wie groß die Prostata ist?

Die Harnröhre verläuft durch die Prostata wie ein Bleistift, der in einer Apfelsine steckt. Wenn die Drüse wächst, ist es maßgeblich, ob sie nach innen wächst, also auf die Harnröhre drückt, oder aber nach außen, dann wird sie zwar größer, engt aber die Harnröhre nicht ein.

Dr. Tobias Pottek, Stellvertretender Leitender Arzt der Abteilung für Urologie am Bundeswehrkrankenhaus

Welche Zeichen deuten auf eine Prostatavergrößerung?

Häufiges Wasserlassen, vor allem auch nachts, und eine Abschwächung des Harnstrahls beim Wasserlassen sind die typischen Zeichen. Bestimmte Medikamente, sogenannte Alphablocker, können die Muskelzellen entspannen und die Symptome lindern. Wenn diese Therapie nicht ausreicht, kann man diese mit weiteren Medikamenten kombinieren. Wenn das Wasserlassen fast unmöglich ist, Infektionen und Schmerzen beim Wasserlassen auftreten, sollte man eine Operation in Erwägung ziehen.

Dr. Schmidt

Wie wird die gutartige Prostatavergrößerung (BPH) operiert?

Standardmäßig (Goldener Standard) wird eine Entfernung des Drüsenkörpers, die sogenannte Hobelung, durch die Harnröhre durchgeführt. Dabei wird elektrochirurgisch und endoskopisch die Prostata schrittweise verkleinert. Alternativ kann die Prostata auch mit einem Laser entfernt werden. Bei kleinen Vorsteherdrüsen kann man das Gewebe belassen und endoskopisch nur einen kleinen Schnitt in die Drüse machen. Bei sehr großen Vorsteherdrüsen sollte eine offene Entfernung der Wucherung durchgeführt werden. Eine Schnittoperation, wo man die Kapsel beläßt und nur den Drüsenkörper entfernt, ist vergleichbar mit dem Entfernen des Fruchtfleisches einer Orange.

Dr. Wagner

Welche Medikamente helfen bei Dranginkontinenz?

Wenn man Harndrang verspürt und das Wasser bis zur Toilette nicht halten kann, spricht man von Dranginkontinenz. Um welchen Typ einer Dranginkontinenz es sich handelt, läßt sich durch verschiedene Methoden feststellen, zum einen durch sogenannte Miktionsprotokolle, in denen der Patient genau aufschreibt, wann und wieviel Urin er gelassen hat, zum anderen durch die Messung des Drucks in der Blase bei einem Urologen. Zur Behandlung gibt es ungefähr 20 verschiedene Medikamentengruppen, die je nach Stärke der Beschwerden nacheinander und kombiniert eingesetzt werden können.

Dr. Pottek

Wie hängen Diabetes und Impotenz zusammen?

Stoffwechselerkrankungen, wie beispielsweise die Zuckerkrankheit, können durch Schädigung der Nervenfasern (diabetische Neuropathie) und die früh auftretenden zusätzlichen Durchblutungsstörungen eine Erektionsschwäche hervorrufen. Durch optimale Behandlung des Diabetes können die Beschwerden aber deutlich verbessert werden. Ungünstig ist es, wenn ein Diabetes über Jahrzehnte nicht entdeckt oder unbehandelt bleibt, dann ist der Erfolg natürlich geringer.

Dr. Reuter

Welche Alternativen gibt es zu Viagra bei der Therapie der Impotenz?

Außer Viagra gibt es noch viele verschiedene Medikamente, die bei Erektionsschwäche eingesetzt werden können und als Tabletten eingenommen werden können. Eine gute Lösung bei Impotenz ist auch die Schwellkörperinjektions-Therapie, kurz SKAT genannt. Bei diesem Verfahren wird ein Mittel zur Weitstellung der Gefäße direkt in den Schwellkörper des Penis gespritzt. Vor jedem geplanten Geschlechtsverkehr muß neu gespritzt werden. Dasselbe Medikament kann bei einem anderen Verfahren auch als Stäbchen in die Harnröhre eingebracht werden. Aber die Erfolgsraten sind deutlich geringer im Vergleich zu SKAT. Dr. Wagner Diese medikamentösen Therapieformen können nur dann wirken, wenn die Durchblutung funktioniert. Wenn die benötigte Blutzirkulation nicht mehr gegeben ist, dann kann man auf andere Verfahren zurückgreifen, beispielsweise die Vakuumpumpe. Dabei wird der Penis in einen Zylinder (Röhre) eingeführt und anschließend mit Hilfe einer Pumpe ein Vakuum aufgebaut. Sobald der Penis genug erigiert ist, wird ein Penisring aus Gummi vom Zylinder aus über die Peniswurzel gestreift. Er sorgt dafür, daß das Blut gestaut bleibt. Die Handhabung der Vakuumpumpe muß geübt werden. Eine letzte Möglichkeit ist die operative Implantation einer Schwellkörperprothese.

Dr. Pottek

Welche Ursache kann eine Unfruchtbarkeit des Mannes haben?

Die Zeugungsunfähigkeit kann viele Ursachen haben, beispielsweise Kinderkrankheiten wie Mumps, oder eine Krampfader am Hoden.

Dr. Ralf Hartmann, Chefarzt der Abteilung Dermatologie, Venerologie und Andrologie am Bundeswehrkrankenhaus

Was ist ein Androloge?

Andrologie ist eine Zusatzbezeichnung für Dermatologen, Urologen und andere Ärzte. Der Androloge ist zuständig für die Diagnostik und Therapie bei einer Zeugungsunfähigkeit des Mannes.

Dr. Wagner

Wie wirkt sich eine Prostata-OP auf die Zeugungsfähigkeit aus?

Die Prostata verhindert normalerweise, daß der Samen bei der Ejakulation in die Blase läuft. Nach einer Ausschabung der Prostata bei der Operation einer gutartigen Prostatavergrößerung kann dieser Schließmechanismus verloren gehen, so daß der Samenerguß in die Harnblase läuft. In solchen Fällen ist der Mann nicht mehr zeugungsfähig. Das Orgasmusgefühl bleibt weiter vorhanden. Bei einer Radikaloperation bei Prostatakrebs wird die Drüse mit den Samenbläschen entnommen, so daß der Patient damit zeugungsunfähig ist. Die Patienten können vor der Operation Samen einfrieren lassen. Oder sie haben die Möglichkeit, aus dem vorhanden Hodengewebe mittels Spezialtechnik Spermien zu gewinnen und diese dann für eine künstliche Befruchtung zu verwenden.

Dr. Wagner

Das Forum im Radio: Auf NDR 90,3 beantworten Experten am Dienstag, 4. Oktober, von 19-21 Uhr,, in der Sendung "Nach Sieben" unter Tel. 01802/90 39 03 alle Fragen zu Männerkrankheiten.