Gefäßchirurgie: Verschlüsse in den Arterien können dazu führen, daß die Beine nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden. Ein Bypass kann die Durchblutung wiederherstellen.

Wenn Schmerzen in den Beinen dazu zwingen, beim Einkaufsbummel immer wieder eine Pause einzulegen, spricht der Volksmund von der "Schaufensterkrankheit". Mediziner nennen dieses Leiden periphere arterielle Verschlußkrankheit, kurz pavK, eine der häufigsten Erkrankungen des höheren Lebensalters. "Bereits jeder fünfte Mann über 55 Jahre leidet an diesen Durchblutungsstörungen in den Beinen, die dazu führen, daß die Patienten zwar eine gewisse Strecke laufen können, aber dann wegen zunehmender Schmerzen stehen bleiben müssen", erklärt Prof. Helmut Kortmann, Chefarzt der Thorax- und Gefäßchirurgie im AK Altona. Ursache sind Rauchen, Diabetes, Fettstoffwechselstörungen, Übergewicht, falsche Ernährung, zu wenig Bewegung.

Diese Durchblutungsstörungen können zu Geschwüren an den Beinen führen, schlimmstenfalls sogar dazu, daß ein Teil des Beines amputiert werden muß. "Diese Durchblutungsstörungen sind heutzutage die häufigste Ursache für eine Beinamputation. 2001 wurden bundesweit 44 251 Amputationen auf Grund einer pavK durchgeführt", betont Kortmann.

Damit es gar nicht erst dazu kommt, können Gefäßchirurgen mit unterschiedlichen Operationsverfahren die Durchblutung des Beines wieder verbessern. Eine Methode ist das Legen eines Bypasses, wenn Arterien im Bein über eine längere Strecke verschlossen sind. Dabei wird mit Hilfe eines körpereigenen Blutgefäßes oder einer künstlichen Gefäßprothese eine Umleitung gelegt, durch die das Bein wieder ausreichend mit sauerstoffreichem Blut versorgt wird.

"Am besten eignet sich für den Bypass eine körpereigene Vene, die an der Innenseite des Beines von der Leiste bis zum Knöchel verläuft. Da diese mit Klappen versehen ist, die das Blut nur in eine Richtung lenken, muß man sie entweder ganz herausnehmen, umdrehen und an die Arterie in der Leiste anschließen, oder man muß die Klappen mit einem Katheter zerstören", erklärt Dr. Jens Alm, Oberarzt in der Abteilung, und schildert auch das Problem, das dabei auftreten kann: "Je ausgedehnter der Verschluß ist, um so längerstreckiger muß der Bypass ein. Das hieß unter Umständen bisher, daß für die Entnahme dieser Vene, die im Unterhautfettgewebe liegt, ein Hautschnitt von der Leiste bis zum Knöchel notwendig wurde. Nach einer solchen Venenentnahme treten in bis zu 45 Prozent der Fälle Wundheilungsstörungen auf. Das hat zur Folge, daß die Patienten länger unter Schmerzen leiden, oft nachoperiert werden und länger im Krankenhaus bleiben müssen."

Um solche Komplikationen zu vermeiden, benutzen die Altonaer Gefäßchirurgen eine Methode, die bislang in Deutschland nur bei Bypass-Operationen in der Herzchirurgie angewandt wurde. "Dabei wird über einen kleinen Schnitt am Knie die Vene aufgesucht und dann unter der Haut mit Hilfe einer Kamera und Instrumenten in ihrem gesamten Verlauf bis zur Leiste von umliegendem Gewebe befreit, so daß sie herausgezogen werden kann", erklärt Alm. Reicht diese Strecke für den Bypass nicht aus, kann vom Knie abwärts auch der untere Abschnitt der Vene freigelegt werden. Das heißt, nach der Entnahme sind statt des langen Hautschnittes nur noch zwei kleine Schnitte an Knie und Leiste und eventuell noch ein weiterer um Unterschenkel zu sehen. "Ist die Vene entnommen, wird sie gedreht, in der Leiste an die Arterie angeschlossen und neben dieser hergeführt", erklärt Alm.

Seit 2001 sind in Altona über 1200 Bypässe in den Beinen wegen Durchblutungsstörungen angelegt worden. 157 Patienten erhielten sogenannte videosassistierte endoskopische Venenbypässe.

Doch nicht bei allen Patienten ist die Methode anwendbar. "Wenn man diese Vene auf Grund von Krampfadern nicht benutzen kann oder sie so dünn ist, daß sie dafür unbrauchbar ist, muß man auf künstliche Gefäßprothesen zurückgreifen. Diese haben aber den Nachteil, daß es schneller wieder zu Verschlüssen kommt. Nach fünf Jahren sind 60 Prozent der Prothesen verschlossen, aber nur 25-30 Prozent der Venenbypässe", so Kortmann.

Damit der Bypass möglichst lange offen bleibt, müssen auch Grunderkrankungen wie Bluthochdruck und Diabetes konsequent behandelt, Risikofaktoren vermieden werden. "Die Patienten können selbst etwas dafür tun - aufhören zu rauchen, sich gesund ernähren, viel bewegen, normales Gewicht anstreben", so Kortmann. "Und sie müssen die Medikamente zur Blutverdünnung, damit der Bypass offen bleibt, regelmäßig einnehmen."