Wären Menschenbabys so klein wie Pandakinder, wögen sie anfangs nur 76 Gramm.

Sie sind so groß wie eine Tafel Schokolade und wiegen bei der Geburt etwa 100 Gramm: Die kleinen Panda-Babys bringen gerade einmal ein Neunhundertstel des Gewichts ihrer Mütter auf die Waage. Damit sind sie, wie ein Blick in das Buch "Biologie in Zahlen" zeigt, Spitzenreiter. Kein anderes Säugetier, das seine Ungeborenen durch einen Mutterkuchen versorgt, gebiert so kleine Kinder im Vergleich zu seiner Körpergröße. Wären menschliche Babys ähnlich winzig, wögen sie im Schnitt nur 76 Gramm. Doch sie bringen durchschnittlich 3,5 Kilogramm auf die Waage und das ist immerhin etwa ein Zwanzigstel des Gewichts ihrer Mutter.

Warum das relative Geburtsgewicht beim Nachwuchs der Säugetiere so unterschiedlich ist, darüber rätseln Biologen. So begnügen sich die Babys des Kamtschatkabären mit etwa einem Sechshundertstel des Gewichts ihrer Mütter, die Babys der Ratten und Flusspferde mit einem Einhundertstel. Der Nachwuchs der Schimpansen und Gorillas wiegt immerhin bei seiner Geburt schon ein Vierzigstel und der der Seehunde und der Etruskerspitzmäuse ein Zehntel des Gewichts ihrer Mütter.

"Es gibt einige grundsätzliche Überlegungen", sagt Privatdozent Thomas Kaiser vom Biozentrum Grindel in Hamburg-Eimsbüttel. Letztlich, so Kaiser, sei alles eine Frage, wie wahrscheinlich es sei, dass die Energie, die in den Nachwuchs investiert wird, auch gut angelegt ist, und das hängt sehr von der Lebensweise jeder einzelnen Art ab. Tiere wie Springböcke oder Elefanten, die in der Steppe oder offenen Savanne in Herden leben, müssen Nachwuchs zur Welt bringen, der kräftig genug ist, um schnell der Gruppe zu folgen. "Müssten die Tiere dort Nester bauen, um ihren Nachwuchs nach der Geburt fernab von der Herde großzuziehen, dann wären sie das ideale Futter für Raubtiere", kommentiert der Zoologe und ergänzt: "Größere Tiere können im Vergleich zu kleineren Säugetieren auch deshalb größere Babys zu Welt bringen, weil sie in ihrem Körper mehr Energie speichern können, um bei Nahrungsmangel ihre ungeborenen Jungen durchzubringen. Und wenn schon so viel in den Nachwuchs investiert wird - Elefanten gebären nach 660 Tagen, also fast zwei Jahren, gerade einmal ein Junges -, dann muss das auch gute Überlebenschancen haben, sonst ist das Überleben der Art gefährdet." Kleinere Tiere hingegen bringen mehr Babys zur Welt, so wirft die Feldmaus nach 21 Tagen Tragzeit vier Babys. Sie können somit eher Verluste verkraften, sofern ihr noch unreifer Nachwuchs nach der Geburt Räubern zum Opfer fällt.

Doch warum ist dann das Baby des großen Panda so klein und das vergleichsweise große Menschenbaby so hilflos? Der Panda könnte im Prinzip größere Kinder haben, doch wie teuer würde dies erkauft? Lohnt sich für ihn dieser Aufwand? "Eher wohl nicht. Der Panda ist kein Herdentier. Er kann also ruhig mit seinem Nachwuchs an einem Ort bleiben, bis dieser fit genug ist, um herumzuziehen. Zudem haben Pandas ein Energieproblem. Sie verwerten die pflanzliche Nahrung sehr schlecht, denn sie sind - wie alle Bären - eigentlich Raubtiere, die erst später zum Vegetarier umsattelten. Im Darm fehlen daher viele Anpassungen, die andere Pflanzenfresser besitzen, um aus Blättern, Gräsern und dergleichen optimal Energie zu gewinnen. Pandas müssen daher bis zu 20 Kilogramm täglich fressen und sind damit unentwegt beschäftigt", erläutert Kaiser. Der Energieeinsatz für die Nachkommenaufzucht muss daher gut kalkuliert werden. Sie können es sich einfach nicht leisten, mehr als ein Kind zur gleichen Zeit zu betreuen. Das geht so weit, dass die Mutter sich bei Mehrlingsgeburten für ein Kind entscheiden muss, und diese Entscheidung muss dann so früh wie möglich erfolgen. Das eine Junge wird allerdings mit großem Einsatz über neun Monate lang gestillt, auch wenn es bereits mit sechs Monaten beginnt, feste Nahrung zu sich zu nehmen.

"Sollten Menschenkinder, wie die Babys von Elefanten, als Nestflüchter zu Welt kommen, dann müssten die Frauen Becken wie eine Waschmaschine haben. Nur dann hätte das Kind Platz, nicht nur ein sehr großes Gehirn auszubilden, sondern auch noch einen Körper, wie ihn zwei- bis dreijährige Kinder haben. Aber dann könnten die Mütter wegen ihres breiten Beckens kaum laufen. Falls diese Strategie also je in der Frühzeit der Menschheit ausgetestet worden wäre, hätten diese Frauen keine Chancen zum Überleben gehabt, sie wären den Raubtieren zum Opfer gefallen", erläutert Kaiser. "Großes Gehirn und unreifer Körper ist also der Kompromiss, damit die menschliche Art überlebt, schließlich können wir als aufrecht gehende Wesen unsere kleinen Kinder mit den freien Armen zur Not auch tragen."

Der Gewichtsunterschied zwischen Mutter und Baby fällt übrigens nur beim Riesenkänguru noch krasser aus. Sie kommen nur mit einem relativen Geburtsgewicht von drei Zehntausendstel (0,0003 Prozent) zur Welt. "Das ist der sehr kurzen Phase in der Gebärmutter geschuldet, die keinen Mutterkuchen hat. Deshalb muss das Junge im Beutel nachreifen", so Kaiser. "Doch dort ist es natürlich nicht so sicher. Deshalb ist diese Strategie in der Evolution von den Säugetieren mit Plazenta sozusagen überholt worden."