Erstmalig beobachten Wissenschaftler, dass Krähen auch im Freiland Werkzeuge wie Stöckchen und Grashalme benutzen. Die Untersuchungen leitete Christian Rutz, der am Zoologischen Institut der Uni Hamburg Biologie studierte.

Neukaledonische Krähen sind offenbar so schlau wie Schimpansen. Im Labor angeln sie sich mit Drähten, die sie entsprechend biegen, gezielt Futter aus Verstecken. Im Freiland setzen die scheuen Tiere Stöckchen ein, reißen von speziellen Blättern Stücke ab, um damit Larven aus morschem Holz zu ziehen. Bereits 1996 hatten Forscher aus Neuseeland dieses außergewöhnliche Verhalten im britischen Wissenschaftsjournal "Nature" beschrieben und damit das Interesse der Vogelforscher an diesen schönen schwarzen Tieren geweckt. Erstmalig ist es jetzt einem britischen Forscherteam gelungen, die Vögel im Freiland per Video-Kamera zu beobachten.

Mit Tesa-Film befestigten sie Mini-Kameras an Schwanzfedern von 18 Vögeln, 451 Minuten Film entstanden so. "Wir haben in diesen siebeneinhalb Stunden viel mehr gelernt als in vielen 100 Stunden, die wir die Krähen im Feld beobachtet haben", sagt Dr. Christian Rutz. Der Hamburger, der sein Abitur am Gymnasium in Meiendorf und sein Diplom am Zoologischen Institut der Uni Hamburg in Biologie machte, leitete das Experiment, über das das US-Magazin "Science" (Bd. 318) berichtet.

Zwei Jahre hat der Biologe mit seinem Team an den Mini-Kameras gearbeitet, die ihm nun einen Durchbruch bei der Beobachtung dieser einzigartigen Vögel bescherte.

Gleich drei Überraschungen erlebten die Wissenschaftler, als sie die Videos aus den 13 Gramm leichten Kameras auswerteten. Ein Vogel benutzte sein Werkzeug 18 Minuten lang. "Der Knüller war, dass die Krähe danach mit dem Werkzeug 100 Meter weiter flog und dann das Werkzeug erneut benutzte. Sie bewahren also offenbar gutes Werkzeug auf", schwärmt Rutz.

Erstmalig konnten die Forscher zudem beobachten, dass die Krähen auch am Waldboden Werkzeuge zur Nahrungssuche verwenden. Bislang galt, dass sie nur in Bäumen sich dieser bedienen. "Außerdem konnten wir einen neuen Werkzeug-Typ ausmachen. Die Krähen benutzen, wie die Schimpansen, trockene Grashalme. Mit diesen fischen sie offenbar nach Ameisen, die sich in Bodennestern verstecken", sagt Rutz.

Noch gibt es viele Fragen, die den Nachwuchswissenschaftler intensiv beschäftigen. Warum kennen nur die Krähen auf dieser Insel mitten im Südpazifik Werkzeuge? Was unterscheidet sie von anderen Arten? Studien an gefangenen Neukaledonischen Krähen (Corvus moneduloides), die die Forscher in Oxford vor zwei Jahren in "Nature" veröffentlichten, zeigten, dass das Verhalten der Tiere auf einem genetischen Anteil basieren muss. Gleichwohl ist damit nicht geklärt, wie die Vögel auf die "Idee" kamen, Werkzeuge zu benutzen.

Ob Rutz diese Fragen in Deutschland erforschen würde? Das hänge davon ab, so Rutz, ob er so gute Bedingungen wie in Oxford erhielte.