Morgen ist es so weit: Dann startet der Chemnitzer Experimental-Archäologe Dominique Görlitz (40) in New York mit seinem nachgebauten Steinzeit-Boot "Abora III" zu den Kanarischen Inseln. Nach monatelangen Vorbereitungen der Atlantiküberquerung mit dem Schilfboot fühle er sich wie ein "Pferd in der Startbox". "Angst habe ich keine", sagt der Wissenschaftler.

Die "Abora III" wirkt neben den Yachten im Hafen vor New York wie aus einer anderen Welt: Das zwölf Meter lange Schiff mit dem Doppelrumpf besteht aus 17 Tonnen Schilf und keinem Nagel. Seile halten alles zusammen. Selbst Kajüte und andere Aufbauten bestehen aus Holz und Schilf. "Eine Zeitmaschine", so Görlitz.

Auch wenn sich der Biologe für den Bau von prähistorischen Felsbildern aus Oberägypten inspirieren ließ - die Navigationssysteme an Bord sind Hightech, die Rettungssysteme dreifach abgesichert. Wetternachrichten sowie Radar-Kontakt mit Container- und Kreuzfahrtschiffen seien für die Sicherheit der Mannschaft aber wichtig.

Außerdem wolle er Strömungsrichtungen, Windgeschwindigkeiten und Wetterbewegungen aufzeichnen. Trotz erwarteter Stürme auf dem Nordatlantik ist er nach 16 Jahren Erfahrung mit Schilfschiffen überzeugt: "Wir können nicht kentern."

Neben dem Abenteuer geht es um wissenschaftliche Fragen: Görlitz will beweisen, dass es schon vor 14 000 Jahren regelmäßigen Handel zwischen Europa und Amerika gegeben hat. Funde von Tabak und Koka-Blättern in den Gräbern der ägyptischen Pharaonen seien Hinweise darauf.

Görlitz' Vorbild ist der norwegische Schiffsarchäologe Thor Heyerdahl, der zuletzt Ende der 70er-Jahre bewiesen hatte, dass Ozeanüberquerungen über Tausende von Kilometern in primitiven Booten möglich sind. Bisher hat jedoch niemand die Überfahrt zurück nach Europa gewagt. "Heyerdahl wurde kritisiert, weil seine Boote nur vor dem Wind und mit den Strömungen gesegelt sind", sagte Görlitz. Mit der "Abora III" will er zeigen, dass es auch schon vor Kolumbus möglich war, zum Ausgangsort einer Expedition zurückzukehren.

Dreieinhalb Monate hat er eingeplant. Proviant und Wasser sind zumindest bis zum 10. August genug an Bord. Dann soll ein Zwischenstopp auf den Azoren eingelegt werden, rund 1500 Kilometer vor dem europäischen Festland. Danach verlässt die "Abora III" den Golfstrom und muss gegen den Wind kreuzen. Kritiker halten das mit einem Steinzeit-Boot für unmöglich. Segelversuche mit einer neuen Bugschwertanlage seien vielversprechend, so Görlitz. Trotzdem wird sich die Fahrt ab den Kanaren verlangsamen. Ein weiterer Aufenthalt ist im südspanischen Cadiz geplant, bevor die Crew Teneriffa ansteuert. Die Route lässt sich nach dem Start auf der Webseite per Satelliten-Navigation live verfolgen.

Projekt und Route im Internet: www.abora3.de